Harry und Emma

Groteske zum Thema Allzu Menschliches

von  youngShadow

Harry und Emma
Es ist schon erstaunlich, wie nahe doch manche Dinge beieinander liegen. Da wäre zum Beispiel Harald, genannt Harry, siebenunddreißig, Single und ein begnadeter Langweiler. Wie der Zufall es so will, wohnt im selben Haus, ja sogar im gleichen Stockwerk, Emma, fünfunddreißig, ebenfalls Single und nicht weniger langweilig in Auftreten, Aussehen und Freizeitgestaltung. Sie wären das perfekte Paar. Doch wie das Leben nun mal so spielt, sind sie es nicht. Mehr Konversation als ein flüchtiges, schüchtern gemurmeltes „Guten Morgen“, bei Zeiten ein „Guten Abend“, hat nie stattgefunden. Woher ich das weiß? Weil ich sie beobachte. Schon eine ganze Weile. Und ich werde sie umbringen. Heute noch. Einen nach dem anderen. Ich muss fast lachen. Ich stehe hinter dem Vorhang, meine schwarzen Lederschuhe ragen deutlich darunter hervor, aber Harry ist weiter gegangen. Hat mich einfach nicht gesehen. Ich höre wie er in die Küche geht. Ich brauche es nicht einmal zu sehen. Ich war schon so oft hier, und Harrys Wohnung ist nicht besonders groß, um zu Wissen in welchem Zimmer er sich gerade befindet. Sicher holt er sich seinen Cranbeerysaft aus dem Kühlschrank, wie jeden Abend. Er hat es an der Prostata. Soll bekanntlich gut dafür sein, oder dagegen. Wie sagt man? Er kommt zurück ins Wohnzimmer. Ich spüre seine Schritte, er geht ganz dicht am Vorhang vorbei. Der Fernseher geht an. Qvc. Teleshopping. Es gibt doch tatsächlich Menschen die sich diesen Mist anschauen. Harry ist erstaunlich. Es ist herrlich. Ich wage einen Blick. Gott, wie ich das vermissen werde. Wie er so da sitzt. Dunkle Cordhose, Unterhemd, Cranberryssaft in den Händen. In seiner dummen Ignoranz wunderschön. Ich glaube ich liebe ihn. Langsam, so leise wie ich nur sein kann, husche ich unter dem Vorhang hervor. Eine Diele knarzt. Jetzt muss er mich doch bemerken. Doch Harry hört mich nicht, starrt gebannt auf das TV Gerät das eine Keramikmesser Kollektion präsentiert. Lieber Gott, werde ich diesen komischen Kauz vermissen. Ich stehe direkt hinter ihm. Harry muss pupsen. Ein tiefer, langgezogener Ton. Es ist so schön. Es ist der richtige Moment. Genauso habe ich mir das immer vorgestellt. Blitzschnell packe ich ihn an den Haaren und ramme ihm das Messer in den Hals. Blut schießt wie aus Schläuchen aus ihm hervor, bis auf das Gesicht der TV Verkäuferin. Es ist warm, ich kann es durch meine Handschuhe spüren. Harry röchelt. Es klingt unglaublich lustig, wie er versucht ein letztes Mal zu Atmen. Ach Harry, du skurriler alter Kauz, selbst im Angesicht des Todes, belustigst du mich noch. Ein Zucken geht durch seinen Körper, dabei durchtrennt das Messer irgendetwas in seinem Hals und ein weiterer Schwall Blut spritzt aus ihm hervor. Dann sackt er zusammen. Harald, genannt Harry ist tot. Danke für alles Harry. Du warst mir ein guter Freund. Ein letztes Mal streichle ich ihm durch sein schütteres Haar. Dann gehe ich ins Badezimmer und wische mir sein süßes Blut von den Händen. Ich muss noch zu Emma, sie dürfte bald nach Hause kommen. Ach Emma. Diese süße stupsnasige kleine Frau. Ich freue mich richtig sie zu sehen.

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Kommentare zu diesem Text

Sätzer (77)
(11.11.15)
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 youngShadow meinte dazu am 12.11.15:
Danke für deinen Kommentar Uwe! yS

 idioma (12.11.15)
Grausam, wenn Babys weder Milupa noch Alete noch HiPP
mögen und stattdessen ausschließlich mit ClockwerkOrange aufwachsen, was nachweislich entsetzliche hochansteckende Schatten zur Folge hat !
idioma

 youngShadow antwortete darauf am 12.11.15:
So siehts aus! Danke für deinen Kommenta. yS
(Antwort korrigiert am 12.11.2015)
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