Auftritt Michael.
Geschichte
von Willibald
Kommentare zu diesem Text
Mein erster Gedanke: ein Schatten seiner selbst.
:)
Dein Text ist anspruchsvoll. Man liest ihn nicht so einfach runter, man muss sich konzentrieren, dabeibleiben und ggf. mehrmals lesen.
Schöner Text!
Lotta
:)
Dein Text ist anspruchsvoll. Man liest ihn nicht so einfach runter, man muss sich konzentrieren, dabeibleiben und ggf. mehrmals lesen.
Schöner Text!
Lotta
Vielen Dank für die Rückmeldung, in einer Anmerkung zum Text der Versuch, mit den Rückmeldungen an den Michaeltext ranzugehen. Natürlich ohne Anspruch auf Durchblickerstatus.
greetse
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Eine ähnliche Spiegelszene las ich gerade in einem anderen Text, der heute auch veröffentlicht wurde. Wobei mir deine auf eine andere Art gefällt, besser gefällt - sie ist spannender, angsteinflößender. Der ganze Text macht mir Gänsehaut. So muss das sein.
Liebe Grüße
Llu ♥
Liebe Grüße
Llu ♥
Danke Dir, Llu,
die Michaelgeschichte ist von der gleichen Autorin angeregt wie die Spiegelgeschichte die dir schon aufgefallen ist: Steenfatt.
Vielen Dank für die Rückmeldung, in einer Anmerkung zum Text der Versuch, mit den Rückmeldungen an den Michaeltext ranzugehen. Natürlich ohne Anspruch auf Durchblickerstatus.
greetse
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die Michaelgeschichte ist von der gleichen Autorin angeregt wie die Spiegelgeschichte die dir schon aufgefallen ist: Steenfatt.
Vielen Dank für die Rückmeldung, in einer Anmerkung zum Text der Versuch, mit den Rückmeldungen an den Michaeltext ranzugehen. Natürlich ohne Anspruch auf Durchblickerstatus.
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Antwort geändert am 09.08.2019 um 18:40 Uhr
Aha (53)
(09.08.19)
(09.08.19)
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Vielen Dank für die Rückmeldung, in einer Anmerkung zum Text der Versuch, mit den Rückmeldungen an den Michaeltext ranzugehen. Natürlich ohne Anspruch auf Durchblickerstatus.
greetse
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Hallo Willibald,
ja, Lotta hat recht, es ist ein Text, den man nicht so einfach runterlesen kann, es ist einer, der Aufmerksamkeit verlangt, einer, bei dem man auf jede Kleinigkeit achten muss - oder zumindest dafür sensibilisiert wird, falls das nicht entsprechend intendiert war.
Zu Beginn wird der Name des Protagonisten nicht genannt, er ist nur ein „er“ in der Menge der kleingeschriebenen Worte. In Abschnitt 2 wird sein Name zwar genannt, aber ebenfalls noch kleingeschrieben. Schon allein die Kleinschreibung, die mit Ausnahme der Satzanfänge und der "Creme" in Abschnitt 6 durchgezogen wird, macht, dass der Leser auf ganz neue Weise eintaucht in die Welt des Protagonisten, dass auch dem Leser in dieser kleinmachenden Welt die "Creme" ins Auge fällt, dass er zusammen mit dem Protagonisten diese "Creme" berührt, die andere Welt berührt.
Wenn man mit den Symptomen von Schizophrenie vertraut ist, erkennt man in der Schilderung einen Beginn, einen Einstieg, einen Übertritt in die Krankheit:
Erst sind es nur Kleinigkeiten (Kleinschreibung trotz groß geschriebener Satzanfänge, ein erst namenloser, dann zunächst kleingeschriebener Protagonist inmitten all der Kleinschreibung, dann der großgeschriebene Name - eine Werdung!), dann sieht die Welt auf einmal ganz anders aus, alles sieht anders aus, alles ergibt ein neues Bild, andere Farben, andere Wahrnehmungen, Verfremdung bis hin zu Alleinstellungs-, zu Einzigartigkeitsgefühlen (Michael tritt auf, Michael betritt die Bühne, Michael steht am Satzanfang, Michael wird groß geschrieben, Michael taucht immer wieder großgeschrieben auf, Michael ist groß, ist der Anfang und das Ende, wird einem Gott ähnlich, ist gottgleich), bis hin zu Allmachtsgefühlen - oder dem Gegenteil, wenn das Ganze aus einer anderen Perspektive (von außen) betrachtet wird. Von außen betrachtet ist Michael krank. Aus seiner Warte ist es der Rest der Welt, der nicht so funktioniert, wie man es erwarten könnte.
Ein sehr spannender Text!
LG Isaban
ja, Lotta hat recht, es ist ein Text, den man nicht so einfach runterlesen kann, es ist einer, der Aufmerksamkeit verlangt, einer, bei dem man auf jede Kleinigkeit achten muss - oder zumindest dafür sensibilisiert wird, falls das nicht entsprechend intendiert war.
Zu Beginn wird der Name des Protagonisten nicht genannt, er ist nur ein „er“ in der Menge der kleingeschriebenen Worte. In Abschnitt 2 wird sein Name zwar genannt, aber ebenfalls noch kleingeschrieben. Schon allein die Kleinschreibung, die mit Ausnahme der Satzanfänge und der "Creme" in Abschnitt 6 durchgezogen wird, macht, dass der Leser auf ganz neue Weise eintaucht in die Welt des Protagonisten, dass auch dem Leser in dieser kleinmachenden Welt die "Creme" ins Auge fällt, dass er zusammen mit dem Protagonisten diese "Creme" berührt, die andere Welt berührt.
Wenn man mit den Symptomen von Schizophrenie vertraut ist, erkennt man in der Schilderung einen Beginn, einen Einstieg, einen Übertritt in die Krankheit:
Erst sind es nur Kleinigkeiten (Kleinschreibung trotz groß geschriebener Satzanfänge, ein erst namenloser, dann zunächst kleingeschriebener Protagonist inmitten all der Kleinschreibung, dann der großgeschriebene Name - eine Werdung!), dann sieht die Welt auf einmal ganz anders aus, alles sieht anders aus, alles ergibt ein neues Bild, andere Farben, andere Wahrnehmungen, Verfremdung bis hin zu Alleinstellungs-, zu Einzigartigkeitsgefühlen (Michael tritt auf, Michael betritt die Bühne, Michael steht am Satzanfang, Michael wird groß geschrieben, Michael taucht immer wieder großgeschrieben auf, Michael ist groß, ist der Anfang und das Ende, wird einem Gott ähnlich, ist gottgleich), bis hin zu Allmachtsgefühlen - oder dem Gegenteil, wenn das Ganze aus einer anderen Perspektive (von außen) betrachtet wird. Von außen betrachtet ist Michael krank. Aus seiner Warte ist es der Rest der Welt, der nicht so funktioniert, wie man es erwarten könnte.
Ein sehr spannender Text!
LG Isaban
Kommentar geändert am 09.08.2019 um 13:12 Uhr
Vielen Dank für die Rückmeldung, vor allem für die Hinweise zur sprachlichen Mikrostruktur und zum "paradoxen" Phänomen des Umschlagens von Gedrücktsein in die Allmachtsphantasie und die Nähe zur Psychose; in einer Anmerkung zum Text der Versuch, mit den Rückmeldungen an den Michaeltext ranzugehen. Natürlich ohne Anspruch auf Durchblickerstatus.
greetse
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Antwort geändert am 09.08.2019 um 18:50 Uhr
Cora (29)
(09.08.19)
(09.08.19)
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Vielen Dank für die Rückmeldung, in einer Anmerkung zum Text der Versuch, mit den Rückmeldungen an den Michaeltext ranzugehen. Natürlich ohne Anspruch auf Durchblickerstatus.
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Cora (29) meinte dazu am 11.08.19:
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Grüss dich, Cora.
Bin nicht ganz sicher, welcher Hintergrund von "nein, mein Kommentar war nicht als Durchblick gemeint" anzusetzen ist. Daher zur Sicherheit:
Ich meinte etwas, was sich immer wieder beobachten lässt. Der Texter eines kommentierten Textes irrt sich, wenn er glaubt die Deutungshoheit und den Durchblick hinsichtlich seines eigenen Textes zu besitzen.
Beste Grüße
ww
Bin nicht ganz sicher, welcher Hintergrund von "nein, mein Kommentar war nicht als Durchblick gemeint" anzusetzen ist. Daher zur Sicherheit:
Ich meinte etwas, was sich immer wieder beobachten lässt. Der Texter eines kommentierten Textes irrt sich, wenn er glaubt die Deutungshoheit und den Durchblick hinsichtlich seines eigenen Textes zu besitzen.
Beste Grüße
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Jack (36)
(09.08.19)
(09.08.19)
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Vielen Dank für die Rückmeldung (Motiv des Erzengelns) , denke auch an "The Preacher" (Dominic Cooper), "American Gods", "Good Omens" ....; in einer Anmerkung zum Text der Versuch, mit den Rückmeldungen an den Michaeltext ranzugehen. Natürlich ohne Anspruch auf Durchblickerstatus.
greetse
ww
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Antwort geändert am 09.08.2019 um 19:06 Uhr
aliceandthebutterfly (36)
(09.08.19)
(09.08.19)
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Vielen Dank für die Rückmeldung, in einer Anmerkung zum Text der Versuch, mit den Rückmeldungen an den Michaeltext ranzugehen. Natürlich ohne Anspruch auf Durchblickerstatus.
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Hallo Willibald,
hat mir gefallen, deine Interpretation der Steenfatt-Geschichte.
War wahrscheinlich Zufall, dass sie direkt nach meiner Interpretation "Wie mich mein Vater ..." gepostet wurde
Habe ich dich inspiriert, auch eine Version zu schreiben oder deine Version aus der Schublade zu ziehen?
So dein Anfang ...
... und so das Original von M. Steenfatt.
Da hätte ich mir ein wenig mehr "Eigenleistung" gewünscht.
Nein - geht natürlich in Ordnung.
Klasse!
Einzige Punkte:
Ich persönlich kann mit der permanenten Kleinschreibung nichts anfangen, finde dort keinen Sinn.
Und:
Für mich persönlich wirken zwei Doppelpunkte innerhalb eines Satzes eher befremdlich.
LG, Buchstabenkrieger
hat mir gefallen, deine Interpretation der Steenfatt-Geschichte.
War wahrscheinlich Zufall, dass sie direkt nach meiner Interpretation "Wie mich mein Vater ..." gepostet wurde
Habe ich dich inspiriert, auch eine Version zu schreiben oder deine Version aus der Schublade zu ziehen?
.. sie sagten, du kannst nichts, du bist nichts, du wirst nichts, ...
"Du kannst nichts", sagten sie, "du machst nichts", "aus dir wird nichts"
Da hätte ich mir ein wenig mehr "Eigenleistung" gewünscht.
Nein - geht natürlich in Ordnung.
Der fremde mund da, seiner.
Einzige Punkte:
Ich persönlich kann mit der permanenten Kleinschreibung nichts anfangen, finde dort keinen Sinn.
Und:
Noch zu erkennen: wasserhelle, müde, kluge augen, aquamarin, pulsierende helle und für einen kurzen, fast beschämenden augenblick: er mochte sich.
LG, Buchstabenkrieger
Vielen Dank für die Rückmeldung, in einer Anmerkung zum Text der Versuch, mit den Rückmeldungen an den Michaeltext ranzugehen. Natürlich ohne Anspruch auf Durchblickerstatus.
Bei der Kleinschreibung habe ich auch den Eindruck, das ist unnötig und eher täppisch. Vielleicht hat das was mit der Größenphantasie des Protagonisten zu tun. Im Alter verhebt er sich an poetisch-lyrischen Moden...
greetse
ww
Bei der Kleinschreibung habe ich auch den Eindruck, das ist unnötig und eher täppisch. Vielleicht hat das was mit der Größenphantasie des Protagonisten zu tun. Im Alter verhebt er sich an poetisch-lyrischen Moden...
greetse
ww
Hallo Willibald,
danke für die Anmerkung.
Mich hätte trotzdem noch brennend interessiert, ob du die Geschichte "frisch" geschrieben hast oder ob sie schon fertig war.
Nur mal so, um einen Eindruck zu bekommen, weil ich neugierig bin.
Danke dir.
LG, Buchstabenkrieger
danke für die Anmerkung.
Mich hätte trotzdem noch brennend interessiert, ob du die Geschichte "frisch" geschrieben hast oder ob sie schon fertig war.
Nur mal so, um einen Eindruck zu bekommen, weil ich neugierig bin.
Danke dir.
LG, Buchstabenkrieger
Jou, Tiefgründelndes ist dabei rausgekommen, siehe oben,
Beste Grüße an den Buchstabenkrieger
ww
Beste Grüße an den Buchstabenkrieger
ww
Der Erzengel gilt ja in der neutestamentarischen Offenbarung als Bezwinger Satans. In der jüdischen Tradition und auch im Koran wird er weniger pathetisch gesehen.
Welcher Auslegung folgt nun uns' Willi?
Zunächst einmal mag er sich selber nicht mehr sehen. Verständlich. Nach all der Verkünderei, den Kämpfen und der langweiligen Gewissheit, immer nur auf e i n e r Seite stehen zu dürfen, bedarf es einer längeren Wellnesskur. - Manch einer flöge dafür nach Davos ... Der politisch korrekte M. versucht es jedoch erstmal mit einer kostengünstigern Coldcream (auch weil er weiß, wie schwierig es ist, mit dem Herrgott Belege abzurechnen).
Aus der Chefetage hört er es schon poltern:
Dann lieber doch Weleda .
Obs was nütze' duut?
Welcher Auslegung folgt nun uns' Willi?
Zunächst einmal mag er sich selber nicht mehr sehen. Verständlich. Nach all der Verkünderei, den Kämpfen und der langweiligen Gewissheit, immer nur auf e i n e r Seite stehen zu dürfen, bedarf es einer längeren Wellnesskur. - Manch einer flöge dafür nach Davos ... Der politisch korrekte M. versucht es jedoch erstmal mit einer kostengünstigern Coldcream (auch weil er weiß, wie schwierig es ist, mit dem Herrgott Belege abzurechnen).
Aus der Chefetage hört er es schon poltern:
„Ihr könnt keinen Schritt tun, ohne dass ich es will. Und ich will nicht.“
Obs was nütze' duut?
Salute, Vergnügliches hören meine viel gehört habenden Ohren, sehr Vergnügliches sogar.
Pater Lorenzo spricht leicht luziferisch und drogenaffin:
Nunja der Glaube generell sich schickt -
ob nun an Gott, Gedichte oder Cremen -,
Ein solches Spiegelbild gewiss dann kickt.
mit solchen Sachen bis nach Behmen
am Meer.
greetse
ww
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Pater Lorenzo spricht leicht luziferisch und drogenaffin:
Nunja der Glaube generell sich schickt -
ob nun an Gott, Gedichte oder Cremen -,
Ein solches Spiegelbild gewiss dann kickt.
mit solchen Sachen bis nach Behmen
am Meer.
greetse
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greetse
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ein eindrucksvolles Abbild einer gar nicht seltenen, ziemlich unschönen Realität, das ein großes Kompliment verdient. Das zu lesen ist nicht einfach, um wie viel schwerer wird das Schreiben gewesen sein?
Dein Kommentar-Kommentar enthält einen Satz mit einem Wort, das mir ein wenig quer steht:
Ich glaube nicht an ein Selbstheilungspotential von Rachephantasien. Selbstheilung könnte einsetzen, wenn er über sein "ich will nicht.“ stolpert, wenn ihm klar wird, dass er hier das "du kannst nichts, du bist nichts, du wirst nichts" fortschreibt. Die Erkenntnis, dass damit niemandem geholfen ist, könnte Selbstheilungspotential haben.
Das schmälert natürlich in keiner Weise den Wert der Geschichte.
Dein Kommentar-Kommentar enthält einen Satz mit einem Wort, das mir ein wenig quer steht:
"Mir scheint, dass hier von Krankheit bis hin zum irgendwie wirkungsvollen Selbstheilungprozess in der Rachephantasie etwas liegt, was auch der "normale" Leser nachvollziehen kann, vielleicht selbst erlebt hat."
Das schmälert natürlich in keiner Weise den Wert der Geschichte.
Danke an Fridolin.
Non serviam
Das Potential der Geschichte, das ein wenig Rettung liefern kann, liegt wohl im Befassen mit dem Bilderstrom. Der kann in die Wut reißen wie ein Mahlstrom, der kann zur Erschöpfung führen, vielleicht zur Katharsis. Die Demütigung des Prager Golems und seine Raserei spuken durch die Zeilen.
James J. hat das Motiv des Engels, der nicht dienen will und daher von Michael niedergeworfen wird, in seinem "Portrait" und einer Exercitienpredigt verdichtet. Der Michael meiner Geschichte ist eben nicht der Mächtige, von Gott Bestallte und den Willen Gottes Bewahrende, sondern der Gedemütigte, der nicht Anerkannte.
– Adam und Eva, meine lieben Jungen, waren, wie ihr wisst, unsere ersten Eltern, und ihr werdet euch erinnern, dass sie von Gott geschaffen wurden, damit die Stühle im Himmel, welche durch den Fall Luzifers und seiner rebellischen Engel frei waren, wieder besetzt werden konnten. Luzifer, so wird uns berichtet, war ein Sohn des Morgens, ein strahlender und mächtiger Engel; und doch ist er gefallen: er fiel, und es fiel mit ihm ein dritter Teil der himmlischen Heerscharen: er fiel und wurde mit seinen rebellischen Engeln in die Hölle geschleudert. Was seine Sünde gewesen ist, vermögen wir nicht zu sagen. Theologen mutmaßen, es möchte die Sünde des Stolzes gewesen sein, des sündigen Gedankens, binnen eines einzigen Augenblicks hervorgebracht: non serviam: ich will nicht dienen. Dieser Augenblick war sein Ruin. Er verhöhnte die Majestät Gottes durch den sündigen Gedanken eines Augenblicks, und Gott stieß ihn aus dem Himmel in die Hölle auf immerdar.
Joyce, James: Ein Porträt des Künstlers als junger Mann: Roman . Manesse Verlag 2015, S.142-143.
Non serviam
Das Potential der Geschichte, das ein wenig Rettung liefern kann, liegt wohl im Befassen mit dem Bilderstrom. Der kann in die Wut reißen wie ein Mahlstrom, der kann zur Erschöpfung führen, vielleicht zur Katharsis. Die Demütigung des Prager Golems und seine Raserei spuken durch die Zeilen.
James J. hat das Motiv des Engels, der nicht dienen will und daher von Michael niedergeworfen wird, in seinem "Portrait" und einer Exercitienpredigt verdichtet. Der Michael meiner Geschichte ist eben nicht der Mächtige, von Gott Bestallte und den Willen Gottes Bewahrende, sondern der Gedemütigte, der nicht Anerkannte.
– Adam und Eva, meine lieben Jungen, waren, wie ihr wisst, unsere ersten Eltern, und ihr werdet euch erinnern, dass sie von Gott geschaffen wurden, damit die Stühle im Himmel, welche durch den Fall Luzifers und seiner rebellischen Engel frei waren, wieder besetzt werden konnten. Luzifer, so wird uns berichtet, war ein Sohn des Morgens, ein strahlender und mächtiger Engel; und doch ist er gefallen: er fiel, und es fiel mit ihm ein dritter Teil der himmlischen Heerscharen: er fiel und wurde mit seinen rebellischen Engeln in die Hölle geschleudert. Was seine Sünde gewesen ist, vermögen wir nicht zu sagen. Theologen mutmaßen, es möchte die Sünde des Stolzes gewesen sein, des sündigen Gedankens, binnen eines einzigen Augenblicks hervorgebracht: non serviam: ich will nicht dienen. Dieser Augenblick war sein Ruin. Er verhöhnte die Majestät Gottes durch den sündigen Gedanken eines Augenblicks, und Gott stieß ihn aus dem Himmel in die Hölle auf immerdar.
Joyce, James: Ein Porträt des Künstlers als junger Mann: Roman . Manesse Verlag 2015, S.142-143.
Antwort geändert am 01.11.2021 um 16:10 Uhr
<Mahlstrom> scheint mir ein sehr passendes Bild. Er wird in Deiner Geschichte ausgelöst von dieser unseligen Trias <kannst, bist, wirst nichts> und das führt mich zu der Frage, wie solche Äußerungen zustande kommen. In der Regel sind solche Aussagen Gipfelpunkte längerer und wenig erfolgreicher "pädagogischer" Bemühungen, somit auch Ausdruck von Verzweiflung.
Letzten Endes lande ich also bei der Vermutung, dass dieser Mahlstrom nicht auf den Michael beschränkt ist. Kann das eine Rolle spielen?
Und: ist es nicht Michael, der am Eingang des Paradieses schon Nein sagt zu den Ausgeschlossenen?
Letzten Endes lande ich also bei der Vermutung, dass dieser Mahlstrom nicht auf den Michael beschränkt ist. Kann das eine Rolle spielen?
Und: ist es nicht Michael, der am Eingang des Paradieses schon Nein sagt zu den Ausgeschlossenen?
Vielleicht ist der Mahlstrom - bei aller Gefahr der Grandezza und Selbstvernichtung und Fremdvernichtung - ein Träger, der zur Revolte und dann zu Besinnung führen kann, ohne Einknicken des Protagonisten.
Nochmal: Der Michael der Geschichte schwingt sich zu einer Luziferischen Flugechse auf. Das ist der Kontrast zur religiös fundierten Erzengelfigur im Dienste des Gehorsam verlangenden Gottes, der keine Konkurrenz duldet.
Der junge Joyce beschreibt so einen Wahrnehmungs- und Bewusstseinsstrom, ein Durchwandern der Straßen, immerhin ein Dädalus und kein abgestürzter Ikarus:
....den Blitzen der Intuition, Blitzen freilich von einer so klaren Pracht, dass die Welt in diesen Momenten zu seinen Füßen unterging, als sei sie einer Feuersbrunst erlegen: und sodann wurde ihm seine Zunge schwer und er begegnete den Augen anderer mit antwortlosen Augen, denn er spürte, dass der Geist der Schönheit sich wie ein Mantel um ihn gelegt hatte und dass er in seinen Tagträumereien zumindest mit wahrem Adel vertraut geworden war. Als aber dieser flüchtige Stolz des Schweigens ihn nicht länger trug, war er froh, sich nach wie vor mitten im gewöhnlichen Leben wiederzufinden, auf seinem Weg weiterschreiten zu können inmitten des Drecks und des Lärms und der Trägheit der Stadt, furchtlos und leichten Herzens.
Joyce, James: Ein Porträt des Künstlers als junger Mann (S.216-217).
p.s.
Noch Lust auf Crossroads?
Nochmal: Der Michael der Geschichte schwingt sich zu einer Luziferischen Flugechse auf. Das ist der Kontrast zur religiös fundierten Erzengelfigur im Dienste des Gehorsam verlangenden Gottes, der keine Konkurrenz duldet.
Der junge Joyce beschreibt so einen Wahrnehmungs- und Bewusstseinsstrom, ein Durchwandern der Straßen, immerhin ein Dädalus und kein abgestürzter Ikarus:
....den Blitzen der Intuition, Blitzen freilich von einer so klaren Pracht, dass die Welt in diesen Momenten zu seinen Füßen unterging, als sei sie einer Feuersbrunst erlegen: und sodann wurde ihm seine Zunge schwer und er begegnete den Augen anderer mit antwortlosen Augen, denn er spürte, dass der Geist der Schönheit sich wie ein Mantel um ihn gelegt hatte und dass er in seinen Tagträumereien zumindest mit wahrem Adel vertraut geworden war. Als aber dieser flüchtige Stolz des Schweigens ihn nicht länger trug, war er froh, sich nach wie vor mitten im gewöhnlichen Leben wiederzufinden, auf seinem Weg weiterschreiten zu können inmitten des Drecks und des Lärms und der Trägheit der Stadt, furchtlos und leichten Herzens.
Joyce, James: Ein Porträt des Künstlers als junger Mann (S.216-217).
p.s.
Noch Lust auf Crossroads?
Antwort geändert am 03.11.2021 um 10:55 Uhr
ein wunderschönes Zitat, das ich aber mit dem Michael, der vor meinem inneren Auge entstanden ist, schwerlich zusammenbringe. Dessen Gedanken müssen nachtschwarz und bleischwer sein. Wenn die "Welt in diesen Momenten zu seinen Füßen unterging, als sei sie einer Feuersbrunst erlegen" würde schon passen, aber eine Brücke zu den folgenden Sätzen fehlt für mich.
Einstweilen suche ich aber (für mich selbst) weiter nach dem beschriebenen Mantel; wir sind ja schließlich mitten im Herbst.
p.s.
Crossroads liegt auf meinem Nachttisch.
Einstweilen suche ich aber (für mich selbst) weiter nach dem beschriebenen Mantel; wir sind ja schließlich mitten im Herbst.
p.s.
Crossroads liegt auf meinem Nachttisch.
Antwort geändert am 04.11.2021 um 00:03 Uhr