Milliardäre sind ja auch nur Menschen

Geschichte zum Thema Macht

von  Fridolin

Dieser Text ist Teil der Serie  Politisches
Mein  Freund versuchte, mir eine Geschichte zu erzählen.
  „Es war einmal, noch gar nicht so lange her, also da beschlich einen Milliardär, wir könnten ihn ruhig Dagobert nennen, auch wenn er keine Witzfigur war, das Gefühl, dass er nicht wirklich geliebt werde von seinen Mitmenschen. Bei seiner letzten Frau war er nicht ganz sicher, ob da nicht vielleicht doch echtes Gefühl im Spiel sei, aber die Kinder, das war doch schon ein wenig befremdlich … na ja, das lassen wir lieber.
"Ein Milliardär und echte Gefühle?" unterbrach ich ihn.
"Hör doch erstmal zu. Wenn er ein Ende damit machen wollte, dass das Geld zwischen ihm und den Menschen steht, was sollte er tun?
Einfach alles an alle verschenken wäre zwar naheliegend, konnte aber nicht die Lösung sein. Wie soll man denn alle Menschen beschenken? Das wären einige Milliarden Überweisungsformulare, und was wäre mit denen, die kein Konto haben? Und die würden es ja am dringendsten brauchen. Andere wieder würden es überhaupt nicht brauchen, wozu sie dann beschenken? Man würde auswählen müssen, aber nach welchen Kriterien?
Nur seine Verwandtschaft bedenken, das würde man ihm als Egoismus auslegen. Eine Stiftung gründen genauso, das sah man ja bei Bill Gates. Die Ärmsten der Armen haben kein Konto;  mit dem Geldsack hinfahren und verteilen wäre geschmacklos. Außerdem müsste man da erst mal entscheiden, wer überhaupt wirklich die Ärmsten waren, und eine Grenze ziehen, wen man da nicht mehr dazu zählen wollte. Was sicher Ärger gäbe. Außerdem können die ja wahrscheinlich mit Geld gar nicht umgehen.
Dagoberts Gedanken schweiften ab, dahin, wie hart er selbst an seiner Kunst gearbeitet hatte. Das hatte enormen Angstschweiß gekostet, wie oft hatte alles auf der Kippe gestanden! Konnte er sich davon überhaupt lösen? War es nicht das einzige, was er wirklich konnte, mit Geld umgehen? Bei Licht besehen stimmte das allerdings wohl gar nicht. Er wusste, wie Geld zu vermehren war, wie man es beschützt, verteidigt, aber wie man damit umgeht, war ja doch vielleicht noch mal etwas anderes. Dazu müsste man eine Philosophie haben. Gab es Bücher dazu? Überzeugende Bücher? Vorbilder? Überzeugende Lehrer?
Er bezweifelte das, denn  Milliardäre waren ganz sicher  eine eher kleine Minderheit, und solche, die an ihrem Status zweifelten, schon gar. Und Außenstehende hielt er nicht für ehrlich genug; und die konnten sicher klug schwätzen, aber wohl kaum wirklich etwas davon wissen, … das kennt man doch, die wollen doch nur Dein Geld.  Als Milliardär ein guter Mensch sein, wie macht man das? Echte Freunde finden, wie macht man das? Je reicher Du bist, um so kleiner wird die Auswahl.
Und überhaupt, was war denn eigentlich der Sinn des Lebens?“
An dieser Stelle platzte mir der Kragen.
  „Jetzt hör doch schon auf mit diesem Quatsch. So stellt sich klein Mäxchen den reichen Mann vor. Überhaupt; was du nur immer hast mit deinen Milliardären. Wenn einer so reich geworden ist, der wird doch wohl eine Ahnung haben, wozu das gut sein könnte. Fängst du jetzt auch noch an, sie zu bedauern?“
  „Kann das nicht sein, dass man da wirklich keinen Ausgang mehr findet aus so einem Labyrinth? Dann geht das doch ewig weiter so!“
  „Na irgendwann kommt doch der Punkt, wo es nichts mehr zu scheffeln gibt, was ist dann?“
  „Gute Frage. Vielleicht ist das so wie im Weltall. Da geht dann ein schwarzes Loch auf und der Letzte, wenn er alles gefressen hat, verschwindet darin.“
  „Mitsamt dem schönen Geld?“
  „Ja. Wenn er keinen Ausgang gefunden hat.“
Pause. Dann fing er wieder an:
  „Ich glaube, du hältst sie alle einfach nur für habgierig. Für Nimmersatt. Dass einer auch ein Gewissen haben könnte, glaubst du einfach nicht. Oder dass man sich mit seinem Vermögen einsam fühlen könnte. Vielleicht macht man da aus Verzweiflung dann irgendeinen Unsinn.“
Ich kam ins Grübeln.
  „Naja, Sinn macht das bei Milliarden wahrscheinlich schon lange nicht mehr. Ich glaube, Geld macht ab einer gewissen Menge einen qualitativen Sprung, da kaufst Du dann keine schönen Sachen mehr, statt dessen kaufst Du die Konkurrenz auf, was die Lage ja noch aussichtsloser macht. Irgendwo hab ich mal gelesen, bis zu einem Jahreseinkommen von 70.000 € macht Geld glücklicher, darüber nicht mehr.“
  „Einer von den Fuggerbrüdern soll eine Siedlung gegründet haben, wo Arme fast umsonst wohnen konnten.“
  „Ja, die Fuggerei; die gibt es heute noch in Augsburg. Jahreskaltmiete zur Zeit 0,88€, aber man muss täglich beten dafür. Der Urgroßvater von Mozart soll da gewohnt haben.  Welche Macht steckt hinter diesen Großvermögen, wenn das 500 Jahre überdauern kann..“
  „wie der Fugger sich da wohl gefühlt hat? Ist er da manchmal spazieren gegangen, vielleicht mit einem lässigen Winken ab und zu? Mir wäre das glaube ich zu peinlich gewesen.“
„Wenn heute einer auf die Idee käme, eine Fuggerei zu gründen? Amazon bringt seine Lieferwagenfahrer in einer solchen Siedlung unter? Grotesk. Aprilscherz. Zu Google würde das schon eher passen, aber uneigennützig machen die auch nix.“
"Mir macht das Angst: diese Mischung aus sozialschädlichem Verhalten und unendlicher Macht!"
Dann verebbte das Gespräch. Habe ich schon gesagt, mein Freund und ich sind absolute Laien auf diesem Gebiet …


Anmerkung von Fridolin:

Nach dem Motto: "Da stelle mer uns mal ganz doof"
Andererseits: Was weiß ich denn wirklich darüber, außer dass das ziemlich gefährlich ist?

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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (18.10.21)
Er kann doch den traditionellen Weg beschreiten und sein Geld unserer Heiligen Mutter, der Kirche vermachen; die läßt dann, sagen wir: 1000 Jahre lang täglich eine Messe für ihn lesen.

 Fridolin meinte dazu am 19.10.21:
Tja, wer weiß? Alles ist möglich. Es soll auch welche gegeben haben, die sich einen Hitler gekauft haben. Da wäre der Papst wahrscheinlich schon besser. Obwohl die Hexenverbrennungen ja auch ziemlich übel waren ... Vielleicht wär ja auch möglich, statt Hexen das Geld zu verbrennen.
Danke für die Idee.

Antwort geändert am 19.10.2021 um 03:51 Uhr
pat (36)
(19.10.21)
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 Fridolin antwortete darauf am 19.10.21:
Du wirst wohl leider keinen finden, der dagegen hält.
Aber die Idee ist durchaus reizvoll: Ich stelle mir gerade vor, was Marc Zuckerberg wohl für ein Gesicht machen würde bei der Lektüre.
Würde er verstehen, worum es geht? Sich bedroht fühlen? Wenn, dann sicher nur ganz kurz.
Gates würde beim Lesen vermutlich sehr intelligent aussehen, Warren Buffet würde sehr cool reagieren, mit keiner Wimper zucken.
Vielleicht wäre es übrigens nicht schlecht, einen Unterschied zu machen. Millionäre gibts heutzutage schon fast wie Sand am Meer. Ich wollte über die wenigen an der Spitze sprechen, die ganz oben, wo die Luft schon dünn ist.

Antwort geändert am 19.10.2021 um 04:18 Uhr
pat (36) schrieb daraufhin am 20.10.21:
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