Blau

Kurzgeschichte

von  Pearl

Ich starb, als ich fünfzehn war. Das ist eine gute Zeit, zu sterben. Zwei, drei Jahre noch, dann beginnt man mit dem Erwachsensein.
Nun gehe ich durch raumlose – zeitlose Ebenen und gelange manchmal auf die Erde zurück.
Hier ist alles anders. Wenn ich aber meine Augen schließe und es mir wünsche, bin ich von schwarzer Farbe umgeben. Mein Bewusstsein fällt in ein tiefes Loch und ich bin einfach weg.
Einmal aber wachte ich auf und machte eine Entdeckung. Durch das All schweben weiße Flächen, die sich aufklappen lassen wie Pappkartons. Ich steige hinauf und schwups füllen sie sich mit Leben und eine fremde Welt tut sich vor mir auf.
Die erste Welt war blau. Blau ist meine Lieblingsfarbe. Diese Welt schwappte über vor Wasser. Und da ich ein Fisch bin, liebe ich das Wasser.
Als ich noch lebte, habe ich mir gewünscht, nach New York zu fliegen. New York war der Inbegriff der Großstadt in amerikanischen Fernsehserien und Filmen, in die ich mich hineinträumte. Die Helden spazierten alleine in der Nacht und durch diesen Dschungel aus Beton, es regnete. Sie gingen in eine Bar voller Fremder und tranken in einem Nebel aus Stimmengewirr und Zigarettenrauch Whiskey oder Cognac.
Vor dem Schlafengehen trank ich dann in der Küche prickelndes Mineralwasser, stellte mir vor, es sei Whiskey oder Cognac und ich eine verzweifelt schöne Alkoholikerin.
Die Menschen haben Angst vor dem Sterben. Die hatte ich auch, früher, als ich noch nicht wusste, wie der Tod sein kann.
Beispielsweise ist er blau, wenn man die richtige herumschwebende weiße Fläche erwischt. Durch diese Wasserwelt tauchen – ohne zu atmen – ist schön. Das Plankton leuchtet in der Dunkelheit wie Wolkenkratzer, Taxis und Theater im nächtlichen New York.
Und manchmal kann ich von der blauen Welt aus, auf die sich verirrenden Planeten der Himmelssterne und des Mondes sehen.



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