Verflucht

Gedankengedicht zum Thema Gefangen

von  Ophélia.Veriverbia

Seit Äonen umgeben vom pechschwarzen Kerker,

Welcher die Tore zur seligen Verbundenheit verschlossen hält.

Jedweder amnestische Versuch, selbigem zu entkommen,

Gleicht einem sedierenden Selbstbetrug -

Einer Hingabe zur illusorischen Veränderung.


Das ewig Gleiche vermag sich vielfältig zu tarnen,

Doch sein Kern ist stets derselbe.

Pandora, die Du uns die selbstverzehrende Hoffnung gabst,

Die uns im ewigen Hinauf und Hinab hienieden getrieben umherwandern lässt -

Verflucht seist Du!

So, wie unsereins.


Der allzu menschliche Erdenirrweg:

Ein stetiges Vermeiden des Unvermeidbaren.

Und doch:

Es ist jenes zeitlose Ahnen eines Getragenseins,

Welches den sich Ergebenden den beklemmenden Odem einhaucht.


Verdammt zum ew'gen Schattenspiel eines Wirkens,

Dessen Macht die unsere ist.


Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 Augustus (13.07.22, 13:15)
Eine Anmerkung möchte ich hinterlassen. 

Interessant finde ich, dass viel mehr in der Pandora die Hoffnung als Fluch angesehen wird, und die im Grunde zu den ganzen Irrungen und Illusionen führt; und das Sein im Kerker, viel weniger dem Überlebenstrieb als der Hoffnung geschuldet ist. 

Nicht minder interessant, dass genau in der Wahl der Hoffnung unsere Macht liegt, und viel weniger im Überlebenstrieb; denn während dieser sich automatisch einschaltet, sobald Gefahr droht - wie bei Tieren - so unterscheidet den Mensch und Tier diese Fähigkeit von einander nicht, aber gerade die Hoffnung haben zu können, unterscheidet erst den Menschen vom Tier.  

Daraus gefolgert, wenn der Mensch hoffen kann, und Hoffnung als Fluch gedacht werden kann, so sind alle Menschen verflucht. 

Selbst dem, der sich dem Fluch treuherzig und ehrerbietig unterwirft, wird nur ein „beklemmender“ Hauch eingeflößt, eine befristete Befreiung oder in der Manier einer Sträflings zu sprechen, ein Freigang gewährt, im Wissen befristet frei herum zu laufen, allerdings weiterhin als Sträfling. 

Vielleicht liegt genau da jene Macht, in der Befristung nicht den Kerker zu sehen, sich ganz und gar im Freigang vergessen zu können; 

Aber!
 Jedweder amnestische Versuch, selbigem zu entkommen,
Gleicht einem sedierenden Selbstbetrug -
Einer Hingabe zur illusorischen Veränderung.
 


Die verse aus der Strophe machen auch diese Hoffnung zunichte. 

So kann nur eines festgestellt werden,
Seit Äonen umgeben vom pechschwarzen Kerker,
der einen immer und auf ewig umgibt. 

Während  
 Tore (zur Welt) der seligen Verbundenheit…
als bloße Illusion erscheinen muss, als ein Gedaneknkonsteukt getragen von der (verfluchten) Hoffnung, dass da etwas ist, dass es in Wahrheit nicht gibt. 

Salve  

Kommentar geändert am 13.07.2022 um 13:20 Uhr

Kommentar geändert am 13.07.2022 um 13:22 Uhr

 Ophélia.Veriverbia meinte dazu am 13.07.22 um 18:07:
Vielen Dank für Deine Anmerkung, lieber Augustus.

Deine Ausführungen stimmen mit den Ansichten und Empfindungen des lyrischen Ichs weitgehend überein.

Selbiges empfindet sich - und seine Leidensgenossen - letztlich einem Zwang zum Sein innerhalb dieser Matrix unterworfen; die Fortführung seiner Existenz in ebendieser künstlichen Realität speist sich primär aus der Hoffnung, es könne eine Art paradiesischen Urzustandes erreichen, die nach Ansicht des lyrischen Ichs jedoch in seiner Reinform nur außerhalb dieses Gefängnisses zu finden sei. Es versteht die menschliche Fähigkeit, sich hoffnungsvoll - trotz widrigster Umstände - an diesem Dasein festzuklammern, als eine Art Selbstversklavungsmechanismus, welcher vom Demiurgen, dem Erschaffer dieser Matrix, in die Struktur des menschlichen Geschöpfs einprogrammiert wurde, um sicherzustellen, dass sich selbiges weiterhin (sehn-)süchtig am illusorischen Daseinsspektakel auf der Bühne der von ihm erschaffenen Realität festkrallt - und dies über die Requisite des scheinbar physischen Todes hinaus, da das lyrische Ich die jenseitige Welt als eine nicht minder artifizielle Projektion begreift, deren Fortbestehen auf der Hoffnung und anderweitigen Manipulationen des menschlichen Bewusstseins fußt.

Letztendlich hofft das lyrische Ich darauf, sich in dem Moment seines kommenden Ablebens dieser Illusionen gewahr zu sein, nicht auf die Verführungen und das Blendwerk des Erschaffers erneut hineinzufallen, sich seines freien Willens bewusst zu sein und einen finalen Ausweg aus dieser von Hoffnung und Schuldgefühlen angetriebenen Maschinerie finden zu können. Sprich: Die versklavende Hoffnung auf einen möglichen Ausweg zu projizieren, statt weiterhin auf Inhalte innerhalb dieses Kerkers. (Dies bloß als zusätzliche Anmerkung, obgleich es nicht aus dem Gedicht hervorzugehen vermag.)

Antwort geändert am 13.07.2022 um 18:15 Uhr
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram