Darwin hat das schon richtig erkannt. Das stärkere oder, wie wir es vielleicht besser formulieren würden, das besser anpassungsfähige Individuum oder die besser anpassungsfähige Art setzt sich durch.
Dazu hat es vielerlei Versuche seitens der Natur bedurft. Anderenfalls hätten wir vielleicht Zacken auf dem Rücken und würden kokosnussgroße Eier legen, was nicht nur eine Herausforderung für die Modeindustrie wäre – denken wir auch noch an Firmen wie Baby-Walz.
Kurz, wer sich anpasst, der kommt weiter. Allerdings hat das wenigstens einen Haken. Gesellschaftlich ist, wer sich anpasst nicht immer im Vorteil, das habe wir Deutschen ja schon mindesten zweimal erfahren müssen – und trotzdem nichts daraus gelernt.
Andrerseits beruht das Prinzip im Wesentlichen darauf, dass, wer sich nicht anpasst, einfach mal ausstirbt. Auch das hat eine gesellschaftliche Komponente, wie wir an Nordkorea, China, Russland oder artverwandten Regimen erkennen können, aber das ist nicht der Punkt, auf den ich hinauswill.
Also, wer sich nicht anpasst, der stirbt aus. Was bedeutet das aber. Anpassung ist ein Prozess, aus Fehlern zu lernen, indem man eine Vermeidungsstrategie oder, im Besten Falle, eine alternative Verhaltensweise adaptiert. Evolutionär muss dazu ein Individuum und in der Gänze eine Art oder Gattung weichen, damit diejenigen, die eine alternative Handlungsweise oder eine Fehlervermeidungsstrategie haben, gedeihen können.
Für die Neandertaler hatte das zur Folge, dass die Paarung mit den modernen Menschen zwar zum Aussterben reiner Neandertaler führte, jedoch wir mittlerweile eine ganze Fülle von Neandertaler-DNA in uns haben und dem Neandertaler – zumindest statistisch – so das Überleben gesichert haben, wenn auch in anderer Ausprägung.
Hier sehe ich nun einen fatalen Fehler der Evolution oder, wenn man so will, den Denkfehler, den Gott während der Pinkelpause beim Würfeln gemacht hat.
Wären wir nur in der Lage, unsere Fehler und Unvollkommenheiten selbstreflektorisch sofort zu erkennen und zu beheben bzw. zu umgehen, dann bräuchte es den langwierigen Prozess der Evolution nicht. Leider gibt es aber keinen der uns im Laufe unseres Lebens sagt, was schlussendlich die richtige und was die falsche Entscheidung war. Wurst oder veggy, Auto oder Fahrrad, Philosophie oder Kicker, Sahnetorte oder zuckerfrei, lowcarb oder Krustenbrot, Mann oder Frau, Gendern oder nachdenken. Oder, oder, oder.
Das Prinzip Evolution verrät uns im Besten Falle am Ende unseres Lebens, welche Entscheidungen die richtigen und welche die falschen waren. Wenn es günstig gelaufen ist, haben wir auf die eine oder andere Weise protokolliert, was wir so getrieben haben. Aufgeschrieben, Kindern erzählt, in Steine gemeißelt oder was sonst noch so geht. Aber immer sind es die Nachfolgenden, die davon profitieren.
Wäre nun Gott in der Pinkelpause nicht so verwirrt gewesen, hätte er das Prinzip Leben vielleicht so angelegt, dass die Optimierung immer in Echtzeit geschieht. Wir würden als Plasma geboren, dann zur Alge, zum Saurier, dem Menschen und irgendwann zu was anderem. Allerdings, und das möchte ich zu bedenken geben, wären das auch irgendwie scheiße.
Rechnet man mal die Lebenszeit heraus, die jedes Individuum hat, dann wäre die Sache mit dem Leben vom Plasma bis zu uns vielleicht in ein paar Jahren vorbei gewesen. Und weder Gott noch die Individuen hätten irgendwelchen Spaß daran gehabt. Gott nicht, weil das Spiel zu schnell vorbei gewesen wäre, die Individuen, weil sie die ganze Zeit mit sich selbst beschäftigt gewesen wären (was es ja durchaus gibt, jedoch ohne sofortige Korrekturmaßnahmen).
Vielleicht ist Gottes Pinkelpause beim Würfeln doch nicht so verkehrt gewesen, jedenfalls geh ich jetzt Wein trinken, auch wenn das evolutionär nur wenig vorteilhaft ist.