In der Hölle des Barbaren [ Fragment ]

Kurzprosa

von  Hobbes

Glück führte mich Flussaufwärts, wo die Vögel sangen und der Schaufelraddampfer seltsame brummende Geräusche ausstieß, fast so als ob wir gerade sinken würden. Keiner der je die Donau befahren hat, weiß – Gott hasst Ausländer in der Tschechei.

Wieso bin ich hier schrien mir die Vögel ins Gesicht, du bist allein, niemand mag dich hier und keiner versteht dein ungarisch.

Hegel sagte ein mal – alle Menschen sind gleich, aber manche sind gleicher als die Anderen. Fand Orwell.

Was soll das – Nein! Alle sind verschieden und dumm.

Hier in Bohemien sind nur Genies, sagte einst Casanova und wer war ich – nur Ungar!

Der Schaufelraddampfer bewegte sich jetzt langsamer und langsamer, Menschen gingen an mir vorbei und klopften mir ab und zu mal auch auf die Schulter. Sagten etwas auf Tschechisch und glaubten einen von den Ihren vor sich zu haben.

Was war Europa? – stolz!

Niemand war allein! Dachte ich in meinem jugendlichen Eifer! Mein Vater war Millionär und ich nur Sohn.

"Gott weiß um uns"; dachte ich, er weiß um alle Menschen, doch was war mit Tschechien und das war allein!

Keiner wollte mit diesem Land etwas zu tun haben – nur ich Laslo Kuz der Sohn eines Millionärs und Ungar!

Ich sagte nichts schaute über die Reling und warf Brot auf die Moldau, Vögel kamen herbei geflogen und piekten die Krümmel auf die ich ihnen hingeworfen hatte! Ich, der so viel mehr als ein Vogel war und doch nicht fliegen konnte.

Nur ein Maschine bewegte mich über das Wasser, hin in den unzugänglichen Osten!

Zwei Stunden vergingen und es passierte nichts. Verschollen in Ost – Europa das war ich!

Um mich rum nur Tschechen, Deutsche und Vögel, die sangen als ob sie die Ersten waren, die singen gelernt haben. Vor mir ein Kontinent und etwas was nur ich fühlte und liebte – ein Geheimnis.

Einige Deutsche sagten mir: Dass vor wenigen Jahren ein Dampfer hier in der Nähe von Budweis versunken ist. Hier liegt er und seltsame Dinge passierten dort, sehr seltsame Dinge – ohne Gott!

Wer war da, wer lebte da – Graf Sfarzoni – rief eine Männerstimme, ich zuckte mir den Achseln - ein Teufel!

Ein längst vergessener Adeliger der an etwas arbeitete das keiner verstand und niemand sponsern wollte, jetzt hier bei uns – in Tschechien.

Alle kannten diese Geschichte inzwischen und alle bemitleideten ihn.


Ich stand wie versteinert da, der Himmel wölbte sich zu Ringelwolken und die Sommer Bläse küsste meine Stirn. Ich fühlte mich berauscht von dieser Geschichte. Ein verrückter Adliger, der auf der Moldau lebte. Was hatte er vor?

Ich wollte ihn treffen – ich der Sohn eines reichen Mannes!

Kleine Schritte folgten und ich stand vor meiner Kabine, eine Koje und ein  kleiner Esstisch, ein Abendbrot und ich schlief ein.

Als ich am nächsten Tag aufwachte klopfte Jemand an die Tür! Es war Lisa ein Deutsche. Die mich auf deutsch ansprach. Wollen Sie in den Frühstückssaal folgen um mit uns zu frühstücken.

Ja, sagte ich und machte die Tür wieder zu. Zog mir darauf hin neue Hemden an und ging in das Buffet.

Folgendes erwartete mich: Ein Ess Saal voller Deutschen und Tschechen und ich der Ungar!

Nach einer kurzen Ansprache folgte – Nichts und so ergriff ich das Wort. „ Gott weiß, ich bin ein Freund der Moldau Region und kenne mich hier aus wie kaum ein anderer, doch das Leben ist nun mal verfänglich und manchmal auch lästig! Menschen zehren an dir und wollen dich kontrollieren – hier auf der größten Wasserstraße der Tschechischen Republik fühle ich mich endlich frei und wie ein echter reicher Mann.

Niemand kennt dieses Land – rief mir eine Stimme entgegen und du schon gar nicht – Blut junger Mann!!

Ich schon! Sagte ich – woher ? Ich schwieg und hustete leise, bis mir dann ein Gedicht von einem unbekannten Dichter einfiel.

Der Strom ist tief und weit das Land!
Ich bin hier einsam, unbekannt!
Den Gott einst rief von Wellen her
Der Stimmen höret stumm und leer.

Und ich lass es! Klatschen folgte und ich war berauscht. Zum ersten Mal fühlte ich mich als Mensch wirklich anerkannt und mutig!

Die Moldau leuchtete hell und rein schön wie die Sonne und der Schaufelraddampfer folgte dem wilden Strom, keiner wagte es mehr zu fragen aber alle waren von mir nun überzeugt.



Anmerkung von Hobbes:

Im Osten Europas.

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Kommentare zu diesem Text


 Quoth (02.02.24, 10:17)
Der schönste Prosatext seit langem. Aber ich komme nicht ganz klar mit Moldau und Donau. Sehr gut! Ich gönne Laslo Kuz die Anerkennung!

 Hobbes meinte dazu am 02.02.24 um 12:40:
---

ich dachte sie treffen sich ein mal! Das war der Gedanke.
Danke zurück, den Text zuschreiben hat große Freude bereitet!

Beste Grüße

Peter

 Quoth antwortete darauf am 02.02.24 um 17:58:
Nein, die Moldau fließt nach Norden und in die Elbe, aber ein anderer mit M beginnender Fluss, die March oder Morava fließt nach Süden und in die Donau (Mähren heißt nach ihr). Aber geografische Exaktheit ist hier nicht gefordert, ich würde mich auch kaum wundern, wenn der Schaufelraddampfer plötzlich auf der Wolga unterwegs wäre!

 Hobbes schrieb daraufhin am 02.02.24 um 18:25:
--

auf der Wolga wäre er bei Wolfgang Borchert gelandet! Aber möglich ist, dass vor der Begradigung die sich auch irgendwo geschnitten haben!

Gruß

Peter

 Quoth äußerte darauf am 03.02.24 um 09:18:
Wenn das Kurzprosa bei Dir ist - dann darf ich auf Prosa gespannt sein, oder? Eine Novelle mit dem Titel "Die Irrfahrten des Laslo Kuz"  :)

 Hobbes ergänzte dazu am 03.02.24 um 14:45:
--

muss man! Aber das wird leicht! Das Thema ist irre spannend und frisch!

Aus der Richtung gab es noch nie was!

Immer nur von West nach Ost!

Jetzt mal andersrum!

Danke für die Aufforderung!

Beste Grüße

Peter

 lugarex (02.02.24, 17:38)
und wo ist der Meister Jan Hus geblieben -- in Konstanz, seine Asche nicht im Moldau, gar nicht im Donau, die hat der Rhein weggespült. 

gruss kuga

 BeBa (03.02.24, 00:24)
Ich mag deine Art zu schreiben, und hier wieder ganz besonders. Und dazu das Thema Tschechien. Ich mag dieses Nachbarland, auch wegen diverser familiärer Wurzeln.

Wirklich gern gelesen. Nur, wie Quoth auch schon anmerkte, mit den Flüssen kam ich in deinem Text nicht ganz klar. Aber irgendwo fließt doch alles zusammen, wie wir wissen.  ;)

LG
BeBa
Daniel (50)
(03.02.24, 01:43)
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 Hobbes meinte dazu am 03.02.24 um 07:39:
--

Danke liebe Kollegen. Tschechien ist nun mal eine der größten Kulturen Europas, deshalb musste die Geschichte einfach dort spielen.

Liebste Grüße

Peter

 lugarex meinte dazu am 03.02.24 um 09:45:
du bist aber kein ungar, oder?

 Hobbes meinte dazu am 03.02.24 um 14:47:
--

komm aus der Ecke schon! Ist halt alles multikulturell auch! Das war auch ein Kerngedanke der Kurz - Geschichte!

Beste Grüße

Peter
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