Freie Bahn, ich bin dran

Szene

von  Citronella

 

Als ich mich vom Supermarktparkplatz kommend in den Kreisverkehr einordne, bewegt sich rechts ein Fahrradfahrer an mir vorbei und ordnet sich fast gleichzeitig in den Verkehr ein. Überholen kann ich ihn nicht, da ich schon an der nächsten Abzweigung aus dem Kreisverkehr heraus muss. Auch der Fahrradfahrer möchte in diese Straße und verlässt vor mir, ohne die Richtung anzuzeigen, den Kreisel.

Während er nun in der 30er-Zone zügig vor mir herfährt, habe ich Gelegenheit, ihn mir genauer anzuschauen, allerdings nur von hinten: Alles deutet auf einen älteren Herrn in kerzengrader Sitzhaltung hin: die blassen dünnen Wadln, die die sehr kurze Hose freigibt, die beige-braunen Socken in braunen Sandalen und der übergroße plüschige Bezug auf dem Sattel. Sein Fahrradhelm besticht durch eine quittegelbe Farbe. Man kann ihn nicht übersehen.

An der nächsten Querstraße hält er dann vorschriftsmäßig den Arm heraus und biegt zackig ohne einen Blick nach hinten ab. Freie Fahrt für freie Bürger!



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Kommentare zu diesem Text


 niemand (01.08.24, 09:46)
@ Citronella
Der Typ ist ja noch sympathisch, auch wenn er sich nicht 100 pro verhält.
Da kenne ich viel, viel Schlimmere und ich spreche als nur Radlerin.
Das sind diese saturierten Pedelec-Flitzer, die aus ihrem Auto steigen um ein paar rasante Runden zu drehen, drehen ohne Rücksicht auf Verluste. Die weder die Vorfahrt zu kennen scheinen, noch die Rücksicht auf andere Mitmenschen. Allesamt wohlgenährt und übervesorgt, womit auch immer, allerdings weniger mit Verstand. Das sind die Rennfahrer, denen eh alles egal zu sein scheint, außer ihrer sportlichen Geschwindigkeit, auch allesamt Autofahrer im richigen Leben. Da sind die neuerdings so angesagten Grevel-Biker, die auf ihrem Grevel-Bike [zu deutsch: Schotter-Rad] nichts mehr wahrnehmen als sich selber und ihre Selbstzufriedenheit. Allerdings auch allesamt Autofahrer im richtigen Leben. Aber was solls, sobald man die Blechkarre verlassen hat, wacht der innere Vogel auf= man ist vogelfrei, sprich an nichts mehr gebunden, außer an seinen Geschwindigkeitsmesser.
Was alle gemeinsam haben ist, sie sind Freizeitradler/Gelegenheitsfahrer, im Kern also Autofahrer, welche die Geschwindigkeit gewohnt sind und nicht mehr unterscheiden können auf welchem Fahrzeug sie sich grade befinden.
Richtige Radfahrer findet man inzwischen sehr selten und die verhalten sich meiner Meinung nach noch am solzialsten. LG niemand

 Citronella meinte dazu am 01.08.24 um 09:52:
Oh ja, niemand, da kann man täglich Beobachtungen machen, damit könnte man Bände füllen. 
Dieser alte Herr hat sich allerdings selbst stark gefährdet. Denn nicht jede/r Autofahrer/in ist so rücksichtsvoll wie ich …  
LG, Citronella
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