GoGo kann vorwärts und rückwärts gehen

Short Story zum Thema Illusion

von  Deesi

GoGo lag zur dreifachen Größe ausgestreckt auf den Fliesen und winselte. Andrea oder Christina war ihm auf den Schwanz getreten. Ich winkte ab, bevor sie die Augenbrauen heben konnte. „Mojito?“. Sie sah dankbar zu mir auf und zog ihr Telefon aus der Tasche, um eine Nahaufnahme des Drinks zu machen. Andrea oder Michaela kannte mich schon seit Jahren. Ich war die Hauptperson ihrer Insta-Story, der Grund dafür, dass ihr überhaupt jemand folgte. Trotzdem schrieb sie meinen Namen falsch: Daisy. Wer Denglisch spricht, hört auch Denglisch. Als würde es für ein Narrativ keinen Unterschied machen, ob eine Nutte, Désirée heißt oder Daisy. „Ich bin kein Hund, ich lebe nicht von Brocken“, sagte meine Geschichtslehrerin Frau Grafenfels mit der Polio-Hand, wenn jemand einsilbige Antworten gab. Sie war der Streng-aber-gerecht-Lehrerinnenarchetypus, weil sie selten lächelte. Aber sie täuschte sich. Der Mensch lebt von Brocken allein. Andrea oder Manuela kannte mich allein auf Basis von ein paar Brocken, die ich ihr hingeworfen hatte. Nutte, Drinks, Dési, Bar. Das reichte, um sich daraus ein Abenteuer zusammenzupampen. Hunde wie GoGo andererseits lebten von Codes, die ständig optimiert wurden. Früher war ich gegen Hunde, ich verabscheute ihre Unberechenbarkeit. Heute kläffen sie in ihrer Comfort Zone im Kreis herum. „Letzte Runde“, brüllte Charly. GoGo fing mit dem Gassijaulen an. "Iiiisi, GoGo", sagte ich, um mir noch ein paar Minuten Ruhe zu verschaffen. Charly weiß, dass ich nur eine gewöhnliche Kundenbetreuerin bei Sarenza bin. Er hat meine Stimme gleich erkannt. „Ist ja eh nicht richtig gelogen“, meinte er, „nur eine Metapher“.


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Kommentare zu diesem Text


 Zigeunerjesus (25.10.24, 22:39)
Net schlecht, tolles Sprachgefühl. Nicht ganz mein Thema aber gut!

 Deesi meinte dazu am 28.10.24 um 17:11:
Das gemeinsame Thema ist Anbetung!

 Zigeunerjesus antwortete darauf am 28.10.24 um 21:55:
Ich bete niemanden an.

Ich weiß dass ich wenn ich im Gebet um was bitte mein Unterbewusstsein programmiere.

Mein wissenschaftlicher Gottglaube bringt einfach nur viele interessante Ideen hervor die ich ohne diesen Glauben nicht hätte.

Der Rest ist alles Ursache-Wirkung in einer höherdimensionalen Welt von der ich mehr und mehr verstehe, aber längst nicht alles.

Mein Glaube dass Gott existiert schließt mir diese Geheimnisse nur auf.

Das sage ich auch jetzt nur hier so deutlich, in den meisten Texten benutze ich eine einfachere Sprache weil ich davon ausgehe dass das gar keiner mehr versteht.

Von dir würde ich auf jeden Fall nen Roman lesen, hat mir wirklich gefallen dein Text.

Antwort geändert am 28.10.2024 um 21:56 Uhr

 Isensee (27.10.24, 19:59)
Der Hund, der wie ein frisch überfahrener Keks auf den Fliesen liegt, während die Menschen um ihn herum mit ihren Handys beschäftigt sind – das ist der Stoff, aus dem die besten Komödien gemacht sind! Hier hast du die skurrile Realität unserer modernen Existenz auf den Punkt gebracht.
Diese menschlichen Charaktere, die mehr mit ihren Insta-Stories als mit echten Interaktionen beschäftigt sind, sind einfach köstlich. Das „Mojito?“-Gespräch ist nicht nur schamlos oberflächlich, es ist wie ein Spiegel, der uns ins Gesicht schlägt. Wer braucht schon echte Gespräche, wenn man Drinks fotografieren kann? Du skizzierst hier perfekt, wie wir in unseren eigenen kleinen sozialen Blasen gefangen sind. Wenn die Leute mehr Zeit mit ihren Handys verbringen als mit echten Menschen, ist das doch ein bisschen wie im Zoo – alle sitzen hinter ihren Bildschirmen und kläffen sich gegenseitig an.
Die wiederholte Verwendung von Namen wie „Andrea oder Michaela“ verstärkt das Gefühl, dass die Charaktere austauschbar sind, fast wie bei einer schlechten Reality-Show. Und dann ist da die Geschichtslehrerin mit der „Polio-Hand“ – sie könnte die strenge Matriarchin aus einem alten Horrorfilm sein! Sie bringt die notwendige Ernsthaftigkeit in die Mischung, während die anderen im Chaos der Belanglosigkeiten versinken. Aber mal ehrlich, das ist eine Figur, die mehr Raum verdient! Stell dir vor, sie würde sich auf Instagram anmelden und versuchen, ihren Schülern das Geschichtswissen beizubringen – das wäre ein Hit!
Was ich mir wirklich gewünscht hätte, ist ein bisschen mehr Tiefe. Du kratzt an wichtigen Themen wie der Absurdität des Lebens und der Oberflächlichkeit unserer Beziehungen, aber ich will mehr! Lass die Figuren wirklich in den Wahnsinn eintauchen, anstatt nur mit dem Kopf durch die Wand zu schlüpfen. Der Schluss über die Metaphern könnte klarer sein; ich war mir nicht sicher, ob du uns hier mit einem klugen Gedanken überraschen oder einfach nur ein bisschen im Nebel stochern wolltest.
Insgesamt ist „GoGo kann vorwärts und rückwärts gehen“ eine erfrischende, wenn auch schmerzliche Betrachtung unserer Welt. Mit ein wenig mehr Tiefe und einem tiefergehenden Blick in die Abgründe der menschlichen Psyche könntest du eine richtig knackige Story abliefern. Also, lass uns sehen, was da noch kommt – ich bin gespannt auf die nächste Runde im verrückten Zirkus der menschlichen Absurditäten!

 Deesi schrieb daraufhin am 28.10.24 um 17:10:

 Zigeunerjesus äußerte darauf am 29.10.24 um 00:16:
:silly: :D :silly:

Die Stimme kommt mir auf jeden Fall bekannt vor, aber mein Namen und Gesichter-Gedächtnis ist so schlecht wie eh und je, aber is ja eh nur Schall und Rauch...

Antwort geändert am 29.10.2024 um 00:28 Uhr

Antwort geändert am 29.10.2024 um 20:42 Uhr

 Klemm (31.10.24, 16:31)
Ich gebe Isensee recht, die Idee ist gut, aber nur sehr oberflächlich ausgearbeitet, eher eine Skizze, aber eine, aus der man was machen könnte!
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