Martins Abflug

Text

von  Janna

St. Martin, unser frommer Mann
kommt heut aus Richtung Brotdorf an.
Der Gute möchte auf die Schnelle
zur alten Fellenbergkapelle.


Vor Dienstantritt noch ein Gebet,
ein lautes "Brr", das Pferdchen steht.
Jedoch fühlt sich der Mann schockiert
denn das Gebäude ist lädiert.
Die Stätte ist total vergammelt,
die Fenster sind mit Holz verrammelt.


Die nächste  Betstation liegt nah,
Sekunden später ist er da.
St. Martin spricht ein Bittgebet,
obwohl ihn kühler Wind umweht.
Sein Magen knurrt, denn er ist leer;
jetzt muss ein leck'rer Imbiss her.
Der Martin trabt zum Lieblingsbäcker,
beim Tinnes schmeckt das Backwerk lecker!


Jetzt quält ihn Durst, er reitet weiter
und findet im Barrique Begleiter,
die gern mit ihm ein Fässchen leeren;
der gute Mann kann's nicht verwehren.
Um 17 Uhr ist er besoffen,
sein Mantel und der Latz steh'n offen.


Da hört er Gottes Stimme grollen:
Was fällt dir ein, herumzutrollen?
Hast du dein frommes Amt vergessen
und bist nur auf Pläsier versessen?
Sankt Martin denkt: Ich muss nun eilen,
denn ich will was mit Menschen teilen.


Ronellenfitsch heißt jetzt das Ziel,
dort macht der Martin einen Deal:
Ein Mantel, modisch, elegant!
Er nimmt sein Iphone jetzt zur Hand
und loggt sich flugs bei Facebook ein.
Mit Mantel und mit Heil'genschein
geht er im Internet viral
man liket ihn wohl 10 000mal.


Das weckt des Herrgotts hellen Zorn.
Mit Donner, Blitz und Hagelkorn
fällt nun das Pferd in den Galopp
und macht erst beim Naturbad Stopp.
Es bäumt sich auf und Martin fliegt
bis er im kalten Bachbett liegt.


Und seine Fangemeinde twittert:
St. Martin hat vor Angst gezittert.




Anmerkung von Janna:

Das Gedicht ist auf meine Heimatstadt zugeschnitten. 
Brotdorf = Stadtteil von Merzig
Tinnes = Traditionsbäcker der Stadt
Barrique = beliebtes Lokal
Ronellenfitsch = alteingesessenes Bekleidungsgeschäft
Das Bachbett befindet sich gleich neben dem Naturbad und gehört zum Seffersbach.

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Kommentare zu diesem Text


 niemand (12.11.24, 18:03)
Das ist ja eine moderne Version des St.Martins. Schon der Titel macht mich schmunzelnd. Besonders jedoch die Stelle an welcher er schon um 17 Uhr
besoffen zu sein scheint   :D  Na, ja, der will auch mal Spaß haben, der sei ihm halt gegönnt. Der Herrgott hat aber auch kein Nachsehen mit seinem Vergnügen. Das kommt davon, wenn man die Stimme des Herrn nicht hören will :P  Mit lieben und amüsierten Grüßen, Irene

 plotzn (13.11.24, 09:01)
Witzig, Janna!

So hat man sich den Umzug in Merzig wohl nicht vorgestellt...

Die Kinder stehn staunend herum,
rabimmel, rabmmel, rabumm.

Liebe Grüße
Stefan
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