Aus dem Leben von Karl V.

Kritik zum Thema Schaffenskraft

von  S4SCH4

Während ich in der Hauptschule um meinen Abschluss kämpfe, haben sie Großmutter wieder das Gehirn vollgeschissen. Von wegen, „wir sorgen für den Jungen“, von wegen „er wird seine Schwester öfter sehen“ und von wegen „wir nehmen ihm nichts weg“. Sie wollen mich ent-ich-en. Ent-karl-en. Aufteilen wie einen Kuchen am Sonntagmittag in einem pseudofamiliären Kreis und Oma soll behilflich sein. Sie backt doch so gut. Sie ist doch so höflich. Sie ist doch der Halt. Also, ade liebste Oma, der Karl wird dich verlassen.

Das Erbe meiner Eltern ist bereits in dunklen Kanälen einer staatlichen Fürsorge verflossen und ständig spülte es noch neue Begehrensträger an, die nicht fragen, sondern vom Strand noch den Sand abgraben und natürlich immer jenen um - und von just gebauten Burgen und Türmen. Jener Sand ist das Öl für ihr Getriebe. (M)ein Zuhause ist dem Staat Gold wert, denn man kann daraus Diamanten formen, wenn man genug Unsicherheit und Druck aufbaut.

Dass ich mit meiner Qualifizierung in solch einer Baute am Strand wohnen mag, stört nicht wenige und so sorgen sie sich um die Etikette, den Standard und nicht zuletzt: sie wollen mir helfen, helfen, die gleichen Chancen zu erhalten. Doch welche Chancen mögen das sein? Die Chance auf einen gezielten Ellenbogenschlag? Die Chance auf eine gemeinsam errechnete Pi-Zahl? Oder die Chance, der Zukunft genauso chancenlos ausgeliefert zu sein wie die anderer, nur mit dem eingenisteten Vorzug, etwas Besseres geworden zu sein als x. Und zu sagen: „das x markiert die Stelle, mein Schatz. Sieh uns als y- Menschen. Und wir sind keine Zets … noch nicht …“

Früher galt Bildung als Aufklärung, sie galt und verantwortete etwas. Heute ist sie sich selbst Verantwortung schuldig für ihre Untaten und gilt überdies als Eintrittskarte in ´dual-use´ Lehren, die dem Militär direkt eine geistige Vormachtstellung einräumen. Der Krieg ist endlich in den Köpfen angekommen. Kopf ist Krieg und Krieg ist Kopf.

Und das ein selbst erklärter Patenonkel mich aufnähme und dabei nur spitz auf die Lehrer:innen meiner Schule wäre, ist die letzte Bastion eines Kirchengeleites, das mich als eigentlich qualifizierten Sonderschüler bereits mehrmals versagt hat. Doch die Kirche will mich zurück, irgendwie. Neu verpackt. Umetikettiert. Aber vorher hätte ich eine zusammenknüllte Nummer aus dem Müll zu ziehen, mein Angesicht zu vergessen und solle dann wie ein Phönix aus der Grillasche wiederkommen, während es um mich herum brennt, alle ihre winterkalten Knochen wärmten und sagten: an diesem Brandmal möge unsere neue Kirche errichtet werden. Kein Salem. Kein Sodom. Kein Gomorra. Nur ich.


Doch noch mal zurück zur Schule: Die Taktgeber der Bildung scheinen das Recht auf ihrer Seite zu haben, die Gutmütigkeit als moralisches Schwert in den Händen haltend, die Chancengleichheit propagierend in Demut, und doch bettelten sie nur scheinheilig, dass ihre Welt für alle ein zu Hause sei. Das ihr Wohlstand doch gerecht und verdient sei usw. Daran mögen sie glauben oder nicht, sagte man ihnen unmittelbar die Wahrheit, wäre man wahrscheinlich undankbar, und das wäre auch so, also sage ich nichts und bleibe ein Problem.

Warum der Großteil meiner Mitschüler auf die Tour hereinfällt und entweder mitzieht oder abfällt, ist mir nicht klar, … reicht es nicht am Leben zu sein und eine Bildung auch auf volkschulischem Niveau zu erreichen? Lautet die Entscheidung also entweder auf nach weiter oben oder weiter nach unten. Stillstand, obwohl es sich weiterbildet? Wollen wir mit der Welt unbedingt im roten Drehzahlbereich touren? Teil einer Bildungsexplosion sein, die uns in Fetzen reißt? Erfolge sollen sichtbar sein! Nachhaltig. Sie sollen ein Zeichen setzten für mehr Gleichheit und man will etwas zurückgeben und zubekommen? Hah.

Fraglich ist, ob überhaupt mal etwas Gutes wiederkäme oder ankäme, wenn die Dummen sich verstecken müssen und die Dümmeren, auf deren Kosten, etwas auf sich halten dürfen, während sie sich hin zum Verschwinden einer Welt belehrten.



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