Gegenschlag

Kreuzweg der Ignoranz

Manchmal entdeckt man im Internet unverhofft wertvolle Kleinode, die man so schnell nicht mehr vergisst. Wenn man überhaupt nicht damit rechnet oder eigentlich etwas ganz anderes sucht. Das kann ein bewegendes Bild sein, ein erheiterndes Video oder ein wundervoll geschriebener Text sein. Ich liebe solche Momente.
Und dann gibt es ähnliche Augenblicke, in denen man sich wiederum fragen muss, was verdammt noch mal alles unbestraft in die Welt geworfen werden darf. Das Prinzip der Demokratie erlaubt es zwar jedem seine Meinung kund tun zu dürfen, aber dass dürfen nicht gleich müssen heißt, sollte eventuell noch mal erklärt werden.

Da streife ich letztens also wieder mit Ziel vor Augen durch das Netz und erblicke am oberen rechten Bildschirmrand eine Werbung, mit den großen Buchstaben DVCK und darunter „Kinder in Gefahr“. Das machte mich Neugierig. Sekunden später war ich mir nicht sicher, ob ich es bereuen sollte, oder vor Freude frohlocken.
Hinter der Abkürzung DVCK steht der Verein „Deutsche Vereinigung Christlicher Kultur“, den es zu meinem Erstaunen bereits seit 1983 gibt. Das Ziel der Werten Damen und Herren ist es, die Moral in unserer kranken Gesellschaft wieder her zu stellen und ihre „christlichen Wurzeln zu wahren“. Die Aktion „Kinder in Gefahr“ ist nur eines von vielen Projekten dieser Sorte.

Die DVCK möchte darauf hinweisen, wie sie es nennt, eine „Welle des Protestes erzeugen“, dass die Idee geäußert wurde Grundschülern im Sexualkundeunterricht auch bei zu bringen, dass es nicht nur heterosexuelle Menschen gibt. Nun sehen sie die Kinder selbstverständlich in Gefahr, da die „moralische Gesundheit“ in Gefahr sei und diese Art von liberalem Unterricht nur dazu benutzt würde, um die „christliche Sicht auszulöschen“. Nicht meine Wortwahl.
Nun verstehe ich nicht, was das Problem daran sein soll. Es gibt nun mal unterschiedliche sexuelle Ausrichtungen und daran wird sich nichts ändern, noch werden die Kinder nicht damit in Kontakt kommen. Früher oder später passiert es und warum soll es schaden zu wissen, dass es so was gibt? Wenn die Kleinen dann zum ersten Mal zwei Männer auslachen, die Händchen halten, würde ich gern die Reaktion der Eltern sehen.

Aber der Verein ist ja auch für ein Verbot der Zeitschrift „BRAVO!“ ist, welche, wie es im Appell heißt, durch ihre Nacktfotos, Sexberichte und Reporte über Perversionen wie Fesseln (schon knallharte Schweine, die von der BRAVO!) „eine Welt der Unmoral“ propagiere. Somit wird sie sogar zum „Feind Nr.1“ erklärt! Schließlich müsse doch jemand diesem „Massaker an der Kindheit“ Einhalt gebieten! Selbstredend!

Das alles reicht natürlich noch nicht. Die DVCK beschwert sich ebenfalls über die fortwährenden Anfeindungen von Christen durch die Medien und dass es gottesfürchtigen Vereinigungen nur noch unter Polizeischutz möglich ist gegen Abtreibung und Verhütung zu demonstrieren. Wie kommt man eigentlich auf so eine Idee? Ich meine gläubig sein ist eine Sache, aber etwas mehr Realitätsnähe und Rationalität sollte man vielleicht doch an den Tag legen. Also wie kommt man darauf? Ich tippe ja auch eine Mischung aus Langeweile, geistige Kurzsicht, dezenter Geisteskrankheit und verleugneter Homosexualität. Schaut euch einfach mal den Leiter des Vereins Namens Mathias von Gersdorff an. Dann wisst ihr was ich meine.

Wo wir gerade bei Medien sind. Das heutige Fernsehprogramm wird ebenfalls angekreidet. Und das ist auch der einzige Punkt, mit dem ich übereinstimme. Es ist zu einer „Mülldeponie“ verkommen. Allerdings habe ich nicht den Eindruck, dass fortwährend „skurrile Sexpraktiken als was ganz tolles“ dargestellt werden. Selbstverständlich wird auch das Internet nicht verschont bzw. den entsprechenden Stellen vorgeworfen, zu wenig gegen die Internetpornographie zu unternehmen. Auch hier fehlt ihnen die Weitsicht. Erstens, wenn sie es verabscheuen, brauchen sie sich so was nicht anzuschauen. Zweitens ist es nicht so, dass die Damen dazu genötigt werden würden. Drittens ist diese Industrie gigantisch und wird sich nicht einfach so wegen ein paar durchgeknallter Radikaler auflösen. Warum hat sich damals z.B. die VHS-Kassette statt Betamax durchgesetzt? Wegen der auf VHS vertriebenen Pornos. Das nur so am Rande.

Natürlich verteufelt die DVCK auch bestimmte Musikrichtungen und Filme, darunter selbstverständlich der Satanismus im Metalbereich. Nun bin ich ein großer Anhänger dieser Stilrichtung, aber ich habe selten den Eindruck, dass mich der Beelzebub verfolgt. Eher das Gegenteil scheint der Fall zu sein: Fast alle Menschen die ich in diesem Milieu kenne, getroffen oder gesprochen habe gehören zu den nettesten, ausgeglichensten und umgänglichsten Personen überhaupt.
Auch die „Harry Potter“ Bücher und Umsetzungen und ähnliches sind der Inbegriff des Bösen, da darin ketzerische Rituale beschrieben bzw. gezeigt werden. Bei der „Twilight“-Reihe bin ich geneigt zuzustimmen, aber eher was den Bereich der Filmkunst betrifft. Ich bin absolut kein „Potter“ Fan! Aber mein Kopf kann dieser zusammen geklauten Fantasiewelt durchaus etwas abgewinnen und versteht auch, weshalb Kinder und Junggebliebene diese mögen. Ist ja nicht so, als würden jetzt alle sofort einen Hexenkult eröffnen oder versuchen auf einem Besen zu reiten!

Hier noch eine kleine Liste anderer unterhaltsamer Themen:
Als um Weihnachten herum im Bibertal mehrere Krippen zerstört wurden, ertönte prompt der Aufschrei von Christenhass und -verfolgung. Hmm… demnach gibt es auf manchen Demonstrationen viele Autohasser! Könnte ja auch einfach nur Vandalismus sein. Nur so ein Gedanke.

Der Verein hat auch ein eigenes Grundgesetz: Die Meinung des Papstes ist unantastbar. Egal welche Meinung der alte Mann vertritt, es wird hinterher gekrochen und seine Thesen gar noch erweitert. Übrigens distanziert sich die Kirche von der DVCK. Hin und wieder müssen die ja auch mal was richtig machen.

Dann haben sie noch die interessante Ansicht, dass je eher man sexuelle Beziehungen beginnt, desto wahrscheinlicher ist es wieder geschieden zu werden. Und uneheliche Kinder… also darüber brauchen wir erst gar nicht reden!

Selbst der Europarat wird angefeindet, da dieser beschlossen hat, dass „die Religion des Einzelnen oder die Wahl, keine Religion zu haben, eine absolute Privatangelegenheit ist. Die religiöse Freiheit ist durch die europäische Konvention der Menschenrechte geschützt. Religiöse Grundsätze, die in der Praxis eine Verletzung der Menschenrechte implizieren, sind inakzeptabel.“
Was heißt das nun in den Augen der DVCK? Es bedeutet, dass die Gesellschaft wohl niemals neutral beim Thema Religion sein kann, da man entweder Gott respektiert oder man einen Ersatz an seinen Platz stellt, in diesem Fall den Menschen. Einfach unverfroren!

Wenn ihr euch selbst ein Bild von der lustigen Truppe machen möchtet, empfehle ich euch sie mal auf Youtube zu bestaunen (http://www.youtube.com/watch?v=Qi7XNcrFdhk&list=UUhwI4OOodC8NLA7jGjKut_w&index=9&feature=plcp). Da sieht man den bereits erwähnten Herrn Mathias von Gersdorff stets in einem Raum sitzen, der optisch sehr an ein Wohnzimmer von alten Damen mit einer Kitscheinrichtung aus den 50ern erinnert. Der neue Kreuzritter des christlichen Glaubens ist geschniegelt und gestriegelt, trägt auf dem Zinken eine große Brille und liest mit Grundschülerstimme seine Kommentare zu diversen Themen vor, meist jedoch hat man den Eindruck es geht gegen Homosexuelle.
Da wächst in mir schon der Wunsch ihm meine Meinung um die Ohren zu schmeißen. Leider ist das nicht ganz so einfach, da ihr Konto bereits mehrfach „Angriffen von asozialen, radikalen und antidemokratischen Linksradikalen und Homo-Aktivisten" ausgesetzt war. Deshalb wird zukünftig jeder Kommentar zunächst kontrolliert und dann entschieden, ob er veröffentlicht werden darf. Was wären radikale Christen nur ohne die Zensur!

Mein Rat an euch, mein geliebtes asoziales Leserpack: Unterhaltung ist alles! Macht also einfach mit!