Schweizer Käseallerlei
Nicht immer ganz ernstgemeinte Blicke über die Grenze
Eine archivierte Kolumne von Maya_Gähler
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Grenzgänger andersherum
Als ich 1985 von Hessen nach Baden-Württemberg zog, da wusste ich, irgendwann wirst du mal Grenzgängerin. Ich kam zwar damals auch schon ab und zu an meine Grenzen, aber nicht länderübergreifend. Dazu kam es gut ein Jahr später, als ich anfing in der Schweiz zu arbeiten. Ich wohnte weiterhin in Deutschland, es war ja nur ein Katzensprung zum Arbeitsort.
Ich bekam ein weißes Schild mit grüner Schrift ins Auto: >Nichts zu deklarieren< und hatte freie Fahrt, ohne Kontrolle. Zahlte in Deutschland meine Steuern und in der Schweiz eine kleine Quellensteuer. Das war's.
Heute, 22 Jahre später, wohne ich in der Schweiz und arbeite in Deutschland. Nix mit Schild und freie Fahrt. Also das heißt, freie Fahrt schon, aber der Rest ist ein wenig komplizierter.
Wo zahle ich nun welche Steuern? Also in der Schweiz muss ich 80 % meines Bruttolohnes von Deutschland besteuern. Wie hoch sind eigentlich gerade unsere Gemeindesteuern? So um die 112%. Schluck. In Deutschland muss ich 4 % Quellensteuer zahlen. Gnädigerweise werde ich in der Schweiz krankenversichert bleiben dürfen. Sozialabgaben darf ich auch selbst zahlen. Toll, was ich alles darf. Noch toller wie viel mir dann noch übrig bleibt. Und dies alles bei einem 400 Euro Job.
So bekommt man mal wieder eindrücklich die Grenzen aufgewiesen und dies alles trotz oder wegen des Freizügigkeitsabkommens.
Ach ja, ich habe vergessen zu erwähnen, ich habe keine deutsche Staatsangehörigkeit mehr.
Dies scheint es noch komplizierter zu machen.
Es gibt hier eine Grenzgängerberatung, welche heißt:
Grenzgänger andersherum.
Mich amüsiert dies doch ein wenig. Klar, es hier ist schon mehrheitlich so, dass Menschen, die in Deutschland leben, in der Schweiz arbeiten, als eben andersherum. Aber der Name ist trotzdem einfach köstlich.
Seit einiger Zeit gehöre ich auch noch zu einem Autorenteam hier auf kV, welches sich
die Grenzgänger nennt. Schaut doch mal rein.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine Woche voller Grenzerfahrungen, am liebsten andersherum.
Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag
(20.10.08)
Auch die Grenzgängerberatung ist eine interessante Einrichtung.
Die könnte man nachträglich zur historischen Aufarbeitung deutsch-deutscher
Grenzgänger institutionell ins Leben rufen. Dafür könnte man ein paar lebende deutsche Soldaten aus Afghanistan zurückrufen. Damit wäre das auch finanziert. All das meine ich relativ ernst Jorge mit liebem Gruß für Gudrun