andi(e)stirnschlag
Kleinlichkeiten
Eine archivierte Kolumne von AndreasG
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sprich Wort
Letztens habe ich eine interessante neue Metapher gehört. Das Hauptaugenmerk liegt hier bei “neu“, denn in der Regel sind die Metaphern und “Bilder“ etwas angestaubt. Wobei ich nichts gegen Angestaubtes habe, solange es noch benutzbar und verständlich ist.
Aber ganz ehrlich: Was verstehen die Leute denn heutzutage unter so sinnigen Sprüchen wie: „der Krug geht so lange zum Brunnen bis er bricht“? Welches Bild baut sich da in den Köpfen auf? – Ist es mehr als ein kleines Kopffilmchen, in dem eine Art Weinkrug zu einem malerischen Ziehbrunnen getragen wird? Fassungsvermögen des Kruges: maximal drei Liter? Und der Ziehbrunnen besteht natürlich aus einem ringförmigen Mäuerchen (möglichst unverputzter Naturstein), besitzt ein kleines (und romantisches) Satteldach und hat eine Kurbel, mit deren Hilfe das Seil aufgewickelt wird (es ist also ein Haspel- und kein Ziehbrunnen!), oder?
Noch interessanter wäre sicherlich die Frage, was denn dieses Sprichwort genau bedeutet ...
Da müssten “neue“ Metaphern leichter zu verstehen sein. So auch der bildliche Vergleich, den ich hörte. Es geht darin um den Menschen und seinen Kontakt zur Seele:
Sehe ich den Arbeitsspeicher jetzt als Kurzzeitgedächtnis (was erklären würde, warum nach einem heftigen Absturz keine Erinnerung mehr da ist), so bleibt doch die Frage, wo die Software herkommt? Wer hat sie geschrieben? Wäre es Microsoft, so hätten wir wenigstens auch den Grund für die vielen Abstürze mancher Menschen. Oder für das Hängenbleiben. Oder für die Virenanfälligkeit. Oder oder oder …
Die unterschiedlichen Fähigkeiten der Menschen ließen sich so auch erklären. Der Eine hat halt einen Pentium-1-Prozessor und der Andere schon einen Pentium 4. Oder eine leistungsfähigere Graphikkarte, eine höhere “Denkfrequenz“ (wie viel Her(t)z haben Sie denn?) oder was auch immer. Die Software könnte mit der (Aus-)Bildung verglichen werden. Mancher hat halt nur eine billige Raubkopie aufgespielt bekommen. Grundsätzlich gilt ja, dass der Seelen-User nur das auf den Bildschirm bekommt, was das Programm auch hergibt. Eine prima Entschuldigung.
Sogar die Zeiten lassen sich jetzt begreifen, in denen das Leben so gar nichts bietet, wo immer nur Einerlei herrscht und Langeweile: da ist der User wohl gerade einen Kaffee trinken gegangen oder einkaufen. Oder eine andere Seele ist zu Besuch gekommen …
Auch die unterschiedlichen Neigungen der Menschen … Surft die Seele manchmal nur bei e-bay oder auf irgendwelchen Sex-Seiten? Oder wurde der Computer nur eingeschaltet, um den Weg nach Artern auszudrucken?
Aber soweit will der Verfasser der Metapher gar nicht gehen. Er ist vielmehr religiös motiviert und versucht seine Sicht der Unverletzlichkeit der Seele zu beschreiben. Dabei spielt die Rolle des “Menschen“ natürlich auch noch mit hinein. Obwohl … was denn für eine Rolle? Er ist doch nur ein Werk- oder Spielzeug!
- eigene Entscheidungen? – Null.
- Selbstverantwortung? – Null.
- Menschenrechte? – Völlig unnötig.
- Kontakte zu anderen Menschen? – Einbild(schirm)ung.
- Leben? – Ein Marionettenspiel.
- Liebe? – Eine Tastenkombination.
Also doch nur ein Krug, der zum Brunnen geht! – Wo ist der Stecker zur Tastatur?
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Liebe Grüße, O.
(23.05.06)