BlackHört
Un-Erhörtes aus der Musikwelt
Eine Kolumne von BLACKHEART
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Jahresrückblack 2017
Ich werde nie verstehen, wieso manche Jahresrückblicke schon Anfang oder Mitte Dezember gemacht werden. Gerade zum Ende des Jahres kann noch viel passieren. Siehe 2015, als LEMMY am 24.12. seinen 70. Geburtstag feierte, am 26. die Krebsdiagnose bekam und am 28. verstarb.
So etwas ist 2017 glücklicherweise nicht passiert, aber dafür genug andere Dinge.
Januar: Nach massiven Protesten ihrer europäischen Fans sagten die US-Punkrocker IGNITE ihren Auftritt beim "Matapaloz" Festival ab, weil man die eigene Fanbasis nicht spalten wollte. Hintergrund ist, dass sich viele Fans an der politischen Ausrichtung der BÖHSEN ONKELZ, die das Festival veranstalteten, störten.
Eine der beiden Bands, die als Ersatz gebucht wurden, THE EXPLOITED aus England, sagten aus den selben Gründen wieder ab.
Februar: MEGADETH gewannen den Grammy in der Kategorie "Best Metal Performance". Als die Band auf dem Weg zur Bühne war, spielte die Hausband allerdings "Master of Puppets" von METALLICA. MEGADETH-Frontmann DAVE MUSTAINE nahm es mit Humor und twitterte am folgenden Tag: "Ah, you can't blame 'em for not being able to play @Megadeth".
März: Der US-Amerikaner LEE HOWARD KOENIG bestellte bei einem Musikhändler in Wien Schlagzeugzubehör im Wert von über 20000$, wobei er sich als DANIEL ADAIR, seines Zeichens Schlagzeuger der Band NICKELBACK ausgab. Der Betrug flog auf, weil die Ware nach Florida (zu KOENIG), die Rechnung aber nach Kanada (zu ADAIR) gehen sollte. KOENIG wurde wegen Betrugs verhaftet und gegen eine Kaution von 18000$ wieder entlassen.
April: Lizenzstreit, die Erste: METALLICA sollen sich für die Songs "Moth into Flame" und "Spit out the Bone" vom aktuellen Album "Hardwired... to self-destruct" beim Song "Hunger for Power" der Death Metal Band OPPROBRIUM (die den Song noch unter dem Namen INCUBUS aufgenommen haben) bedient haben. Das behauptet zumindest eine Plattenfirma und hat METALLICA verklagt. OPPROBRIUM selbst wussten weder etwas von dieser Plattenfirma, noch von der Klage und stellten in einem längeren Statement klar, dass hinter dieser "Plattenfirma" ein Individuum stecke, das schon länger behauptet, die Rechte am Song "Hunger for Power" zu besitzen, was nicht wahr sei. Alle Rechte an allen Songs würden der Band gehören und es würde ihnen nie einfallen, METALLICA zu verklagen.
Mai: Lizenzstreit, die Zweite: Auch IRON MAIDEN haben eine Klage am Hals. Und zwar von einem gewissen BARRY McKAY im Auftrag von BRIAN QUINN (aka BRIAN INGHAM). Dieser hatte 1969 mit seinem Bandkollegen ROBERT BARTON den Song "Life's Shadow" für ihre Band BECKETT geschrieben und aufgenommen. Aus diesem Song haben IRON MAIDEN einige Textzeilen in dem Song "Hallowed be thy Name" übernommen, sowie einige Teile der Musik für den Song "The Nomad" verwendet.
Bereits einige Jahre zuvor hatten sich IRON MAIDEN und ROBERT BARTON auf eine finanzielle Entschädigung geeinigt und beide Parteien waren froh, die Sache beendet zu haben. Jetzt will aber auch BRIAN QUINN Geld haben. McKAY lässt in dessen Namen z.B. verlauten, dass QUINN den Song "Life's Shadow" komplett allein geschrieben habe und die Einigung mit BARTON somit nichtig sei.
Bis die Sache geklärt ist, haben IRON MAIDEN den Song "Hallowed be thy Name" (immerhin der am dritthäufigsten gespielte Song ihrer Karriere) aus der Setlist gestrichen.
Juni: Das Festival "Rock am Ring" wurde am Freitag, den 2. Juni wegen des Verdachts auf einen Terroranschlag unterbrochen. 3 Aufbauhelfer wurden vorläufig festgenommen, nachdem sie, wegen Schreibfehlern bei ihren Namen in den Personallisten, Zugangsberechtigungspässe mit falschen Namen bekommen hatten. Die Fans verließen friedlich das Gelände und verhielten sich auch während der Nacht ruhig. Ganz anders Veranstalter MAREK LIEBERBERG, der noch am Abend in einer Pressekonferenz die Arbeit der Polizei als "zu langsam" rügte und die Muslime allgemein beschuldigte, sich nicht öffentlich gegen Terror auszusprechen und dagegen zu demonstrieren.
Eine grundsätzlich falsche Behauptung, die er bis heute nicht zurückgenommen hat.
Juli: Der Ort Themar in Thüringen erlangte in diesem Sommer traurige Berühmtheit als Veranstaltungsort mehrerer Rechtsrock-Festivals. Hier eine Galerie mit Fotos vom "Rock gegen Überfremdung", in der auch einige Shirts von verbotenen Bands, z.B. STAHLGEWITTER zu sehen sind. Ebenfalls zu sehen ist auch ein Shirt der Band STEEL PANTHER, die aber ausdrücklich nicht in diese Szene gehört.
August: Am 8. & 9. August nahm PETER MAFFAY sein "MTV unplugged" Album live in Halle an der Saale auf. Als Gastsänger/innen hatte er u.a. KATIE MELUA, JOHANNES OERDING, JENNIFER WEIST und TONY CAREY (ex-RAINBOW) dabei.
September: Am 9. September wurden alle vier Mitglieder der polnischen Death Metal Band DECAPITATED in Santa Ana, Kalifornien verhaftet. Ihnen wird die Entführung ersten Grades, sowie Vergewaltigungen zweiten und dritten Grades einer jungen Frau in Spokane, Washington vorgeworfen. Aktuell dürfen die vier Männer den Staat Washington nicht verlassen und warten auf den Beginn des Prozesses im Januar.
Oktober: 58 Tote und 515 Verletzte. So lautet die Bilanz des Amokschützen, der Anfang Oktober aus einem Zimmer des Mandalay Bay Hotels in Las Vegas auf die Besucher des "Route-91-Harvest-Countrymusikfestivals" geschossen hat. Mehr als zehn Gewehre hatte der Mann bei sich, als die Polizei das Zimmer stürmte. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Schütze sich bereits selbst erschossen.
November: Schlagerproll IKKE HÜFTGOLD hat angekündigt, Mallorca und dem "Ballermann" für immer den Rücken zu kehren und ab der kommenden Saison nur noch am bulgarischen Goldstrand aufzutreten. Seine Labelkollegen LORENZ BÜFFEL und HONK nimmt er gleich mit, außerdem kündigte er an, dass auch weitere "Ballermann"-Stars zum Goldstrand wechseln werden.
Damit zieht HÜFTGOLD Konsequenzen aus seinem Auftrittsverbot im "Bierkönig", das die Disco nach einer Party von HÜFTGOLD, die extrem eskalierte, verhängt hatte. HÜFTGOLD sieht sich als Bauernopfer und das Verhalten des "Bierkönig" als Anbiederung an die Tourismuspolitik Mallorcas, die den Partytourismus gern komplett von der Insel verbannen würde.
Dezember: Das saudi-arabische Königshaus kündigte an, 2018 nach über 30 Jahren wieder Kinos öffnen zu lassen. Im Zuge dieser vorsichtigen Öffnung und Modernisierung, die dort betrieben wird, könnten mittelfristig auch Diskotheken öffnen und/oder Konzerte internationaler Künstler stattfinden.
Das ist doch mal ein schöner Abschluss dieses Jahresrückblacks und gleichzeitig ein Lichtblick in die Zukunft.
In diesem Sinne:
Haltet die Ohren offen.
Zum Beispiel für meine TOP 5 der Dinge, die 2017 in der Musikwelt sonst noch passiert sind.
Platz 5: Dezember: Die Heavy Metal Legenden JUDAS PRIEST schafften es bei ihrer ersten Nominierung nicht in die "Rock and Roll Hall of Fame"aufgenommen zu werden. Die "Class of 2018" besteht aus BON JOVI, DIRE STRAITS, NINA SIMONE, THE CARS und THE MOODY BLUES in der Kategorie "Performer", sowie SISTER ROSETTA THARPE, die den "Award for Early Influence" bekommt.
Platz 4: Oktober: MARILYN MANSON warf seinen langjährigen Bassisten TWIGGY RAMIREZ (mit bürgerlichem Namen JEORDIE WHITE) aus der Band. RAMIREZ war in den 90er Jahren mit MANSONs Exfreundin JESSICKA ADDAMS zusammen und hatte sie in der Zeit sowohl physisch als auch psychisch misshandelt. Erst im Oktober hatte ADDAMS diese Misshandlungen in einem Facebook-Post öffentlich gemacht und auch erklärt, warum sie so lange geschwiegen hatte. MANSON selbst wusste bis dato nichts davon, zog aber sofort seine Konsequenzen und feuerte RAMIREZ.
Platz 3: irgendwann im Laufe des Jahres: Bei der britischen Fima "And Vynily" kann man seine Asche nach dem Tod in eine echte funktionierende Schallplatte pressen lassen. Diese Schallplatte kann Musik oder auch letzte Worte des Verschiedenen enthalten.
Platz 2: November: Mehrere Rundfunkanstalten der ARD (u.a. WDR, NDR, etc.) zogen ihre Unterstützung der Tournee von Ex-PINK FLOYD-Bassist ROGERS WATERS zurück. Grund ist dessen Unterstützung der israelfeindlichen Organisation BDS (Boycott, Divestment and Sanctions), die massive Kampagnen und Boykottaufrufe gegen Bands und Künstler startet, die in Israel auftreten wollen, sowie gegen Festivals, bei denen israelische Künstler aufteten sollen.
Nur wenige Wochen vor der Ankündigung der Rundfunkanstalten hatte sich ROGERS höchstpersönlich eine heftige öffentliche Auseinandersetzung mit Sänger NICK CAVE über die sozialen Medien geliefert, weil CAVE partout nicht von seinen Plänen, ein Konzert in Tel Aviv zu spielen, abweichen wollte.
und
Platz 1: März: Die Teilnehmer einer Anti-PEGIDA-Demo in Dresden dürften nicht schlecht gestaunt haben, als plötzlich ein LKW vorfuhr, auf dessen Ladefläche DIE TOTEN HOSEN spielten. Der Auftritt war geheim gehalten worden, um keine Fanscharen anzulocken und war als Tribut an die wenigen hundert Demonstranten gedacht, die sich dem Großaufmarsch der Rechten entgegenstellten.
Danke fürs Reinhören.
euer BLACKHEART
Song der Woche: "Dream on" von NAZARETH
Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag
Nun, das ist mal eine ausgesprochen gute Nachricht - Nun müssen sie nur noch auch Filme gestatten!
Ich wünsche ein gutes Frontbericht-Jahr!