BlackHört
Un-Erhörtes aus der Musikwelt
Eine Kolumne von BLACKHEART
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BlackHört feat. ...
... TrekanBelluvitsh mit einer Rezension zum
Album "Unbreakable" (Soundtrack) von JAMES NEWTON HOWARD
Break?
Kann man eine Rezension über einen Soundtrack schreiben, ohne etwas - oder zumindest zu viel - über den Film zu verraten? Ich will es versuchen. Kann man eine Rezension über einen Soundtrack schreiben? Warum nicht. Sollte man auch eine Rezension über einen Soundtrack schreiben? Auf jeden Fall.
In der Filmkunst wird Musik ganz unterschiedlich gebraucht, von gar nicht über wenig bis als tragendes Element. Hier soll es - immerhin handelt es sich um eine Rezension zu der Musik eines Filmes - um letztere Gruppe gehen. (Denn, so viel sei hier bereits verraten, um jene Kategorie handelt es sich.) Manche Filme sind in ihrer Wirkung, oder zumindest unserer Erinnerung, unauflöslich mit ihrer Musik verbunden. Bei den beiden wohl bekanntesten Fällen stammt sie jeweils aus der Hand von ENNIO MORRICONE. Beides sind Western: "Spiel mir das Lied vom Tod" und "The good, the bad and the ugly". Selbst wem das nichts sagt, bei dem kann, wenn die Hauptthemen erklingen, davon ausgegangen werden, dass ein „Aha-Effekt“ eintritt. Eine Filmreihe, in der die Musik eine tragende Eigenschaft für die einzelnen Werke einnimmt, ist die "Star-Wars"-Serie.
"Unbreakable" ist ein einzelner Film von M. NIGHT SHYAMALAN aus dem Jahre 2000, sein Nachfolgeprojekt von "The Sixth Sense". Das jener Film mittlerweile Kultstatus hat, ist nicht zu leugnen. Bei "Unbreakable“ mag das umstritten sein. Doch wer diesen Film mag, für den ist die Musik untrennbar ein Teil des Gesamtwerkes.
Unbreakable
Das JAMES NEWTON HOWARD in "Unbreakable" involviert war, ist heute nicht überraschend. Zu sieben der bisherigen elf Produktionen von M. NIGHT SHYAMALAN fügte er die Musik hinzu. Es ist ein langsamer Film mit nur 322 Einstellungen. Diese Stimmung unterstützt die Musik perfekt. Allein schon darum ist sie herausragend. HOWARD spielt sich und seine Kunst nicht in den Mittelpunkt. Er unterstützt die Bilder, die auf der Leinwand zu sehen sind. Er schafft den Spagat, den gute Filmmusik leisten muss: Sie ist im Hintergrund und doch prägend für die Geschichte.
"Unbreakable" ist ein düsterer Film. Gewinner sehen anders aus. Alle Figuren drehen sich - ob sie es nun wissen oder nicht - um eine zentrale Frage: Wer bin ich? Wie im richtigen Leben sind die Antworten darauf hier eine Reise, die jeder anders angeht. Sie ist schmerzvoll, kein spirituelles Happening, sondern eine quälend langsame Einsicht, auch und gerade weil für deren Beantwortung unsere Mitmenschen eine unverzichtbare Rolle spielen. Sie sind mehr als nur Reisebegleiter. Sie sind ein Teil dessen, was unser Leben ausmacht. Aber das soll so sein. Es soll so sein, weil es nicht anders geht. Versucht jemand eine Abkürzung zu nehmen, endet das unweigerlich in einer Katastrophe. Dabei nimmt diese Suche allein schon sehr schnell bedrohliche Ausmaße an. Denn gleichzeitig erfahren alle Figuren eine unendliche Einsamkeit. Ambivalenz pur.
Der Soundtrack ist düster. Hoffnung oder gar Fröhlichkeit klingt nie heraus. Die Bedrohung ist eher latent, wenig greifbar. Nicht umsonst trägt Track Nummer 1 den Titel "Visions". Eine Offenbarung im Sinne von Erleuchtung sind diese Visionen nicht. Der Nebel, der die Figuren im Film umgibt, wird auch durch die Musik erschaffen. Ständig weist sie auf das Rätsel hin. Gleichzeitig ist sie schonungslos, wie, in letzter Konsequenz, die Ereignisse auf der Leinwand. Hauptsächlich verantwortlich dafür sind die immer wieder einsetzenden langsamen, aber unerbittlich treibenden Drums. Sie fokussieren die Musik und bringen die Handlung auf der Leinwand weiter. Der Nebel der Musik wird durch sie zu einem Wind, der, wenn er auch nicht mit Orkanstärke, die Figuren unaufhörlich vorwärts treibt. Ob es dabei in die Richtung geht, die jene sich erträumen, wird nicht gefragt.
Track Nummer 6 heißt wie der Film: "Unbreakable". Er enthält all das, was diese Musik ausmacht. Er beginnt mit einem langsamen Piano. Kurz einsetzende Streicher verkünden die Bedrohung. Das Piano nimmt das Hauptthema wieder auf. Dann, im letzten Drittel des Tracks, übernehmen die Streicher allein das Kommando, düster und bedrohlich. Sie werden dabei von den Drums angetrieben. Den Schluss bildet wieder eine kleine Pianosequenz, die eine kurze Ruhepause verspricht, jedoch auch totale Erschöpfung widerspiegelt. Von Erlösung keine Spur. Es wartet kein höherer Zweck auf die Zuhörer, wie auf die Zuseher im Film. Die Dinge sind, wie sie sind.
Neben all dem hat der Soundtrack von JAMES NEWTON HOWARD noch einen großen Vorteil: Er funktioniert auch ohne Film. Ob das beabsichtigt ist, mag dahingestellt bleiben. Der Komponist hat die Ideen des Filmemachers aufgenommen, sich zu eigen gemacht und vollkommen in seine Musik umgesetzt. Sie ist nicht nur da, um Spielszenen auf der Leinwand zu unterstützen. Sie trägt die Idee des Films in sich und wird so zu einem eigenen Kunstwerk zum selben Thema ohne dabei ihre eigentliche Aufgabe als Filmmusik zu vernachlässigen. Wer Freude an düsteren Stimmungen hat, kommt an diesem Soundtrack nicht vorbei, so viel ist sicher.
Anspieltipp: "Unbreakable"
P.S.: Wer den Film noch nicht kennt und ihn sich jetzt ansehen möchte, dem gebe ich eine – zugegebenermaßen sehr persönliche – Anregung mit auf den Weg: Sitze nicht da und rate mit, was als nächstes passiert. Lass den Film wirken. Nimm jeden Moment so, wie ihn der Filmemacher haben wollte. In der Rückschau wirst du so sehr viel eher verstehen, was der Film erzählen wollte und bedeutet. Aber das ist, wie gesagt, nur meine Sicht der (Film-)Dinge.
Und, weil die Leser von "BlackHört“ es gewohnt sind:
Die Top 3 (Songs (live), die wie ein Soundtrack klingen und doch keine sind):
Platz 3: "Cry For The Moon" von EPICA
Platz 2: "The Speedway At Nazareth" von MARK KNOPFLER
Platz 1: "Ghost Love Score" von NIGHTWISH
Holy Moly
Trekan
Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag
(05.06.18)
Es gibt tatsächlich auch gute Filmmusik zu schlechten Filmen. Allerdings hat diese dann den Nachteil, dass sie sich nicht derart bleibende Erinnerungen in uns hinterlassen kann, weil die Beziehung zum Film fehlt. Auch die Musik wirkt dann oft wie Stückwerk. Genau betrachtet ist das dann aber nicht die Schuld der Musik bzw. ihres Komponisten. In einem Film bleiben die Bilder entscheidend.
Ja, so mancher Hype und auch "Anti-Hype" in kulturellen Dingen geht mir auch mächtig auf die Nerven. Im musikalischem Bereich werde ich hier - so lange Blacky mich weiter mitmischen lässt - an dieser Stelle mich damit noch am Beispiel BABYMETAL beschäftigen. Doch um ein berühmtes Filmzitat an dieser Stelle zu bringen: "Ich bin zu alt für den Scheiß!"
Umgekehrt halte ich aber nicht alles, was ich in meiner Jugend gesehen und gehört habe für pures Gold und alles, was heute gemacht wird für wertlosen Plunder. Ich habe "Knight Rider" nie regelmäßig gesehen, aber ja, das war auch zu meiner Jugend aktuell, wenig goldverdächtig, höchstens goldig.
Das im Mai erschienen Album von AMORPHIS erschienen Album "Queen Of Time" ist z.B. aktuell und grandios... und eine Rezension wert, wie gesagt, wenn Blacky mich weiter mitspielen lässt.
HAIL TO THE BLACK HEART!
;)