BlackHört
Un-Erhörtes aus der Musikwelt
Eine Kolumne von BLACKHEART
(bisher 394x aufgerufen)
Unterm Messer: "Saufen, morgens, mittags, abends" von INGO OHNE FLAMINGO
Während meiner Recherche zur 300. Kolumne fiel mir auf, dass ich seit geraumer Zeit keinen Song mehr "unters Messer" gelegt habe. Zuletzt am 3.11.2015. Wird also mal wieder Zeit. Und die Kolumne der vergangenen Woche hat mich da auf eine Idee gebracht.
Yo, Leute! Hat eure Mutter früher och immer gesagt, ihr sollt viel trinken? Ick hab' mir dit zu Herzen genommen und ick bin jetzt ständig am trinken. Nehmt euch ein Beispiel daran, macht die Gläser nochmal voll und dann will ich, dass ihr alle mitsingt.
Allein dieses Intro weist schon auf die Sinnlosigkeit des nun folgenden Textes hin. Einen gut gemeinten Rat aus der Kindheit, den sicher jede/r von uns bekommen hat, auf Alkoholkonsum umzumünzen, ist schon mal alles andere als unbedenklich. Vor allem, wenn man berücksichtigt, dass die Jugend von heute immer anfälliger für eine solche Indoktrination ist.
Ein weiterer Punkt ist die Aufforderung, mitzusingen. Dadurch wird das Gruppengefühl gestärkt und man fühlt sich weniger angreifbar, wenn man gemeinsam mit anderen Unmengen von Alkohol konsumiert. Das hat im Dritten Reich auch funktioniert. Nur ging es da nicht um Alkohol, sondern um das ideologische Weltbild.
Aber weiter im Text.
Ich gehe an die Bar, ai, was seh' ich da?
Ein frisch gezapftes Pils und zwei Weizen stehen da
Der Kellner spricht mich an und macht ein Angebot
Es kommt schon aus dem Hahn und nennt sich flüssig Brot
Auch hier wieder ein eigentlich "gesunder" Ausdruck ("flüssig Brot"), der ins Gegenteil verkehrt wird.
Außerdem haben wir hier den "Kellner" (gemeint ist wohl der Barkeeper), der ein "Angebot" macht. Oder eher der Pate der Alkohol-Mafia? Das Angebot sieht wie folgt aus: Du gibst mir dein Geld, deine Gesundheit und deine Zukunft und kriegst dafür Bier. Ein Angebot, dass ich nicht ablehnen kann, sieht anders aus. Und ich trinke gern Bier.
Saufen
Morgens, mittags, abends, ich will saufen
Der Hahn muss laufen
Morgens, mittags, abends, er muss laufen
Hauptsache Alkohol
Das ist die Kernaussage des gesamten Liedes. Wobei ich mich schon frage, wohin der Hahn laufen soll. Natürlich ist gemeint, dass es aus dem Hahn laufen soll. Aber non-stop? Wie soll der Barkeeper denn dann das Fass wechseln?
Aber immerhin findet der Sänger nachts noch die Zeit zum schlafen. Hat er aber auch nötig, wenn er morgens, mittags, abends am saufen ist.
Saufen
Morgens, mittags, abends, ich will saufen
Denn ich kann schon wieder laufen
Ich kann schon wieder laufen
Saufen, saufen
Der aufrechte Gang, der den Menschen von vielen Tieren unterscheidet und abhebt, wird hier einfach so als unnötig deklariert. Millionen von Jahren an Evolution werden negiert. Ich würde ja gern sagen, dass jeder, der diese Passage mitsingt, auf das Niveau von Höhlenmenschen zurückfällt, aber das wäre gelogen. Die konnten nämlich aufrecht laufen.
Die beiden Refrains wiederholen sich an dieser Stelle im Song noch einmal, weshalb ich sie überspringe und gleich zur 2. Strophe übergehe.
Ich gehe an die Bar, ai, was seh' ich da?
Der Tresen voller Frau'n und alle im BH
Petra schaut mich an, zieht mich in ihr'n Bann
Und macht ein Angebot, was ich nicht ausschlagen kann
Reim dich, oder ich sauf dich. Anders kann ich mir die ersten beiden Zeilen nicht erklären. Da deser Song offensichtlich auf Mallorca spielt, werden die Damen höchstwahrscheinlich Bikinis anhaben. Aber darf man auf Malle überhaupt nur im Bikini in irgendwelche Clubs? Ich weiß es nicht, ich war noch nie da (und habe es auch nicht vor).
Allerdings scheint es so, dass sich diese Strophe lediglich im berauschten Schädel des Protagonisten abspielt. Wenn diese Szene wirklich real wäre und eine der Frauen sich wirklich so für ihn interessiert, dass sie ihm ein Angebot macht, dann wird es dabei wohl kaum um Gerstensaft gehen. Eher um Körpersäfte. Aber wie wir ja schon festgestellt haben, ist dieser Song inhaltlich sehr realitätsfremd, was sich auch im zweiten Refrain bemerkbar macht. Was wird PETRA wohl wollen?
Sie will saufen
Morgens, mittags, abends, sie will saufen
Der Hahn muss laufen
Morgens, mittags, abends, er muss laufen
Hauptsache Alkohol
Auch hier ist nicht von der Nacht die Rede. Der folgende Part gibt allerdings einen Hinweis darauf, was sie nachts (bewusst, oder eher bewusstlos) macht.
Saufen
Morgens, mittags, abends, sie will saufen
Denn sie kann schon wieder laufen
Sie kann schon wieder laufen
Saufen, saufen
Hier wird durch die Zeile "Sie kann schon wieder laufen" angedeutet, dass sie nachts die Beine nicht zum Laufen benötigt. Naja, wenn man besoffen in irgendeinem Hotelzimmer liegt und die Beine breit macht, muss man ja auch nicht laufen. Ob unser Protagonist wohl doch zum Stich kommt? Das lässt der Text offen, suggeriert somit aber, dass man(n) mit Alkohol leichter an Frauen herankommt und öffnet so Tür und Tor für sexuelle Eskapaden. Und Straftaten. Sofern man(n) noch in der Lage ist, einen hoch zu kriegen. Das wird nämlich mit dem hier angepriesenen Alkoholkonsum eher schwierig.
Mehr Inhalt hat dieser Songtext nicht. Der Refrain wird noch einige Male wiederholt, aber das war es dann auch schon.
Und zu solchen Songs feiert die heutige Jugend. Es ist ein Trauerspiel. Ich habe mir einige Jahre lang mit angesehen, wie sich junge Menschen aufgrund solcher Lieder die Gesundheit zerstören. Aber mein Rufen verhallte ungehört. Vielleicht ändert ja diese Kolumne etwas. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Vorher ist die Leber dran.
In diesem Sinne:
Haltet die Ohren offen.
Zum Beispiel für meine TOP 5 der felsigen und metallischen Biersongs.
Platz 5: "When the Beer goes marching in" von ONKEL TOM
Platz 4: "Beer Drinkers and Hellraisers" von ZZ TOP
Platz 3: "We want Metal (we want Beer)" von STEELPREACHER
Platz 2: "Beer Beer" von KORPIKLAANI
und
Platz 1: "Freibier für alle" von TANKARD
Danke fürs Reinhören.
euer BLACK LABEL
Song der Woche: "Fighting the World" von MANOWAR
Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag
(29.05.18)
Der Nazi-Vergleich ("Das hat im Dritten Reich auch funktioniert.") ist allerdings übers Ziel hinausgeschossen, bzw. Nazi-Vergleiche sind einfach kein guter Kolumnenstil, finde ich.