KLICKS UND CLIQUEN
Synthesen + Analysen in der Matrix
Eine Kolumne von Bergmann
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Die kahle Sängerin
796. Kolumne
Cher Monsieur,
heute bestellte ich zum Cafè eine Kugel Pistazien-Eis, schlug das Reclamheftchen auf, das ich im Offenen Bücherschrank in der Poppelsdorfer Allee fand – und schon stand Er wieder auf dem Balkon, ich sah’s aus dem Augenwinkel. „Was lesen Sie denn da, Signor Damonte?“ – „Ach, nichts Besonderes“, sagte ich, „Ionesco ... ich blättere nur ... Die kahle Sängerin ...“ – „Von vorne nach hinten oder von hinten nach vorn?“ – „Sowohl als auch“, sagte ich. – „Und wie finden Sie sie?“ – „Wen?“ – „Die kahle Sängerin ...“ – „Ach so“, sagte ich, „sie ist nicht da, sie ist dort.“ – „Wo ist dort?“ – „Ich weiß nicht, danach blättere ich ja. An einer Stelle heißt es, sie kämmt sich jeden Tag die gleiche Frisur.“ – „Parbleu! Aber das bringt uns nicht weiter“, sagte Pirandello. – „Darum geht es nicht“, sagte ich. – „Worum geht es dann?“, fragte er. – „Es geht um die Suche nach dem Autor“, sagte ich. – „Wie soll ich das verstehen?“, fragte Pirandello. – „Das fragen Sie, ausgerechnet Sie?“ – „Wer sonst, wenn nicht ich?“ – „Es geht um uns“, sagte ich, „es geht immer nur um uns ... wir sind die wahren Autoren, Sie und ich.“ – „Damonte“, sagte Pirandello, „langsam verstehen wir uns immer besser.“
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