KLICKS UND CLIQUEN

Synthesen + Analysen in der Matrix


Eine Kolumne von  Bergmann

Sonntag, 24. Dezember 2023, 15:42
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24. und 24

842. Kolumne

Das Jahr 2023 war nicht leicht, für viele war es bedrückend. Mir kommt es so vor, als seien die Jahre des Kalten Kriegs zurückgekehrt. Während aber damals noch wirtschaftlicher Aufstieg und soziale Marktwirtschaft und demokratische Erstarkung für Hoffnung, Kontinuität und innere Einheit sorgten, wenn auch nie genügend, so sehe ich heute unser Land politisch zerstritten und in Subjektivismen sich verlierend. Die Weltlage ändert sich passend zum Klimawandel ...

 
Mein persönliches Leben ist von allen diesen Entwicklungen dennoch nur wenig beeinflusst, mal abgesehen von Stimmungen dann und wann. Allerdings, da ich ja nun immer älter werde und mir immer bewusster wird, dass meine Lebenszeit deutlich begrenzt ist, bemerke ich im Unterschied zu früheren Lebensphasen, dass Gefühle wie Sicherheit und Lebensfreude mir nicht mehr so selbstverständlich sind wie damals. Zwar hat sich nichts geändert an meiner Daseinsfreude und Begeisterung für vieles Neue (nicht für alles), besonders in der Literatur, Musik und Kunst, oder Freude am Reisen und Autofahren, an Aufenthalten in Cafés und Restaurants, am Zusammensein mit Freunden und Verwandten, - und doch hat sich lebensphilosophisch einiges sehr geändert. Meine innere Leichtigkeit ist getrübt von der Erkenntnis, dass die Narrative unseres Lebens oft schmerzlich divergieren, dass es sogar im realen Leben immer schwieriger wird, einst feststehende Wahrheiten zu glauben. Damit meine ich nicht Gott, daran konnte ich schon als Jugendlicher nicht mehr glauben. Daran leide ich aber nicht. Jon Fosse schreibt in seinem Roman Ich ist ein anderer (Heptalogie III-V), dass „das Sinnlose an sich einem eine Art Frieden gibt“, bezogen auf unerklärliche Schicksalsschläge. Auch das Feintuning-Problem verstört mich nicht, wie auch der Beweis der Stringtheorie mir keine Erlösung bringen kann.
Mich betrübt, wie so viele heute, der Verlust meines jahrzehntelang sicheren Lebensgefühls. Um es konkret zu sagen: Mir macht der neue Hitler in Moskau Angst. Auch der Führer Chinas, Ungarns, der Türkei ... Und, mit Blick auf Parteienzersplitterung mit egoistischen Ideologieverhaftungen, die langsam wachsende Gefahr einer Wiederkehr Weimarer Verhältnisse in Deutschland. Und den Kapitalismus, der uns heute umgibt, der uns mit einer schrecklichen Unterhaltungsindustrie einlullt und viele sogar süchtig macht, der viele gesundheitsgefährdend stresst und verarmen lässt, kann ich nicht mehr so leicht wegstecken wie früher. Mich hat die Lektüre des Romans INFINITE JEST von David Foster Wallace aufgerüttelt, aber auch das, was ich selbst sehe. 
Ich wünsche eine schöne Weihnachtszeit und ein gutes neues Jahr!

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