KLICKS UND CLIQUEN

Synthesen + Analysen in der Matrix


Eine Kolumne von  Bergmann

Montag, 01. Juli 2024, 22:16
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Pirandello in Bonn

848. Kolumne

Heute telefonierte ich mit einem Bonner Geschäftsmann Johannes Vollmar, der mein Alter hat - er war 1955-1962 an meinem St. Michael-Gymnasium und kannte natürlich Guddorf, den damaligen Schulleiter; der Schriftsteller Heinz Küpper war sein Klassenlehrer, und er sagte, die Jahre in Münstereifel als Konviktschüler waren wunderbare Jahre. Er absolvierte nur die Mittlere Reife und stieg dann ins elterliche Geschäft ein, das er jetzt noch führt (mehrere größere Geschäfte, Schmuck und Drogerie). Im 1. Stock über dem Schmuckgeschäft am Kaiserplatz lebte der spätere Nobelpreisträger Luigi Pirandello, als er in Bonn studierte. Vom Balkon seines Studentenzimmers konnte er links zum Münster schauen und rechts auf den Kaiserplatz, auf dem ich in der warmen Jahreszeit oft sitze, beim Bücherkarren, im Außenbereich der Gelateria Da Luigi ...
Die Vorgeschichte: Ich dachte, am Geschäft habe sich ein Täfelchen mit Hinweis auf Pirandello befunden. Rainer Maria erzählte mir davon ... Aber Vollmar sagte mir nun, es habe nie eine Hinweistafel auf Pirandello gegeben. Nun aber sei er, wegen meines Vorstoßes, bereit, ein Täfelchen am Haus anzubringen. Ich hatte ihm vorgeschlagen, das Täfelchen zu stiften, wenn er für die handwerkliched Anbringung sorge. 
Nun wird das vielleicht Realität. - Am Mittwoch treffe ich Vollmar und bespreche mit ihm die Einzelheiten. 
Gestern traf ich mich mit Johannes Vollmar - drei Stunden lang. 
Erst zeigte er mir das Haus und das Zimmer Pirandellos, ich stand auf dem Balkon und sah links zum Münster, rechts zum Kaiserplatz und zur Kreuzkirche. 
Vollmar ist ein rüstiger älterer Herr, ne Bönnsche Jung. Geschäftsmann. Verwandt mit allen Vollmar-Geschäftsleuten in Bonn (sie haben den gleichen Großvater, der den liebevollen Spitznamen 'der christliche Jüd' trug, weil er jeden Menschen beriet wie ein Rabbi). 
Wir tranken in der Gelateria Da Luigi (sic!) einen Capuccino. Ich schenkte Vollmar ein Jahresbuch des Euskirchener Geschichtsvereins, darin mein Aufsatz über Gedichte seines Klassenlehrers Heinz Küpper, Schriftsteller ("Simplicius 45") und Freund Bölls. 
V. erzählte noch einmal ausführlich von seinen 7 Münstereifeler Jahren bis zur Mittleren Reife - einmal blieb er sitzen. Ich sagte, ich auch. Er: Das sind die Besten. Ich widersprach nicht. 
Er sei aus der katholischen Kirche ausgetreten - das Maß ist voll. Kein Verein hätte mit der Verfassung Bestand vor den Gerichten, und dann auch noch das Hitler-Konkordat, und die sexuellen Übergriffe, und das Vertuschen ... Er erzählte von den Altkatholiken, da können die Frauen Priesterinnen werden, es gebe eine Synode, die die Bischöfe wählt, die Gemeinde wählt die Pfarrer - das sei demokratisch. 
Wir gingen in die Sternstraße zum Haus, wo der Großvater, genannt der 'christliche Jüd' mit einer Werkstatt für Kerzenproduktion begann. Dann zur Bischofskirche der Altkatholiken in der Bonngasse, unweit des Beethovenhauses, Namen-Jesu-Kirche. Da will Vollmar beerdigt werden, die Urne wird im Altarbereich, nach Öffnung einer Steinplatte, nach unten versenkt. An den Säulen stehen die Namen der Gestorbenen auf kleinen Täfelchen. Wir trennten uns. „Herr Bergmann, das mit der Pirandello-Tafel, das machen wir.“
Ich ging zum Romanistischen Seminar in der Uni - Vollmar erwähnte ein Buch des Bonner Romanisten Willi Hirdt – „Bonn im Werk von Luigi Pirandello“ -, das er verliehen und also verloren hatte. Ein Student wies mir den Weg zur Signatur, wo ich alle Werke von und über Pirandello finden würde - LI 78 - und ich fand das Buch und bestellte es hernach bei einem Online-Antiquariat.

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