KLICKS UND CLIQUEN

Die Obstdiebin als Zeitdiebin

850. Kolumne

Handkes „Obstdiebin“ (559 S.) lese ich derzeit mit wohlwollender Anteilnahme und lächle immer mal über diesen Erzähler einer neuen Empfindsamkeit, der die Zeit, in der er lebt, entschleunigt und konsequent das Narrativ (so sagt man heute) einer spannenden Handlung verweigert. Es gibt aber etliche schöne ‚Stellen‘ in seiner Suada, die auch dann sich nicht ändert, wenn er sein ‚Erzählen‘ wie den Stab in einem Staffellauf (hier Staffelspaziergang) gleichsam an die Obstdiebin übergibt, so dass Handke wie aus ihrem Mund weitererzählt. Die Lektoren fast aller großen Verlage würden so eine verspielte Sprache bei allen ihren Autoren einebnen, aber Handke schreibt ungefährdet weiter, wie ihm der Schnabel seiner Tastatur gewachsen ist ... Und für diese Haltung halte ich ihm meine Treue bis Seite 559, denn es gibt immer wieder kleine Plätze in seinem Buch - das er ja nicht Roman nennt -, die mich erheitern.