KLICKS UND CLIQUEN

Synthesen + Analysen in der Matrix


Eine Kolumne von  Bergmann

Dienstag, 25. März 2025, 19:53
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Identität und Tod

869. Kolumne


 
Wenn ich weit zurückblicke, erkenne ich mehrere Verluste: die seit meiner Kindheit, und später die durch den Beitritt zur BRD bedingten. Das geht mir jetzt in Bonn ähnlich, nur dass ich hier wohne und die allmählichen Veränderungen miterlebe, mitvollziehe, und so geht mir die Identität nicht verloren. Die sanfte Melancholie, die entsteht, wenn man sich erinnert, ist keine wirkliche Trauer, die sich auf den Ort und die damit verbundene Identität bezieht, sondern auf die verlorene Zeit des eigenen Lebens, verloren bedeutet hier allerdings in der Dialektik des Prozesshaften weniger Verlust, denn es gibt ja einen Ausgleich durch Entwicklungs- und Änderungsgewinn. Die allerletzte Änderung, den Tod, kriegen wir zum Glück nur als Ahnung mit, nicht aber als Vollzug, und da wir ja selbst dann nicht mehr da sind, haben wir auch keinen Ort verloren, wir haben uns auch nicht selbst verloren, da wir ja tot sind. Der Tote kann keinen Verlust beklagen. Die Weiterlebenden erleiden einen Verlust, doch sie verlieren dadurch nicht ihre Identität, jedenfalls nicht, wenn sie ein eigenes Leben haben. Es ist auch nicht sinnvoll zu sagen: Ich habe meine Kindheit verloren, denn die Übergänge der Reifung waren viel zu allmählich. Wir werden wahrscheinlich gegen Ende unseres Lebens nicht gern (noch) älter, weil nun Änderungen uns stören. Wenn wir dann sagen, wir haben unsere (frühere) Gesundheit verloren, dann allerdings, das muss ich leider akzeptieren, kann Trauer entstehen, die bei sehr starker Beeinträchtigung auch unsere Identität berührt und verändert. Auch Diktaturen, die uns die Freiheit zur eigenen Entfaltung einschränken, wegnehmen oder uns zwingen und bestrafen, können zu Verlust und Trauer führen. 

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