BlackHört
Un-Erhörtes aus der Musikwelt
Eine Kolumne von BLACKHEART
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AXL/DC
Es ist DAS Thema der vergangenen Wochen: AXL ROSE ersetzt BRIAN JOHNSON auf den verbleibenden Terminen der aktuell laufenden AC/DC-Welt-Tournee.
Dass sich die Rockgemeinde dadurch in zwei Lager spaltet, und die Sache rauf und runter diskutiert, konnte ein Blinder mit Krückstock voraus sehen.
Hier nun ein versuchter Überblick über den vermutlich letzten Abschnitt der Karriere einer Band mit einer bewegten Geschichte, die es verstand, die Menschen zu bewegen.
"You shook me all night long", anybody?
AC/DC haben in ihrer Karriere schon so einige Tiefschläge wegstecken müssen. Die Drogen- und Mordauftrageskapaden ihres Schlagzeugers PHIL RUDD etwa, die Demenzerkrankung von Bandchef MALCOLM YOUNG und natürlich der Tod von Kultsänger BON SCOTT.
Dessen Nachfolger war, wie ja alle wissen, BRIAN JOHNSON und das für sage und schreibe 36 Jahre. Ein Zeitraum, in dem andere Bands vier oder fünf Sänger verschleissen. Wenn es sie es überhaupt so lange gibt.
Aber auch in dieser ganzen Zeit war JOHNSON stets "der Neue" in einer Band, in der das Wort der YOUNG-Brüder Gesetz war. Nach dem Tod von BON SCOTT war die Band nie mehr eine richtige Einheit. Es war eine Rockmaschine, die funktionieren musste. Fehlerhafte Teile wurden ausgetauscht.
Ein Schicksal, das nun auch BRIAN JOHNSON ereilt hat.
Doch wie kam es dazu?
Die große Leidenschaft von JOHNSON sind Autorennen, vornehmlich Oldtimer. Nicht nur als Zuschauer war JOHNSON bei solchen Veranstaltungen anwesend, oftmals saß er sogar selbst am Steuer. Bei einem solchen Rennen vergaß er einmal, sich mit Ohrenschutz auszustatten. Die Folge ist nun, dass ihm ein permanenter Hörverlust droht. Keine idealen Vorraussetzungen, um eine Welttournee mit der größten Rock-Band der Welt in ausverkauften Stadien zu spielen.
Da die Tour nun einmal "Rock or Bust World Tour" heisst, stellte sich für ANGUS YOUNG, nunmehr alleiniger Herrscher im Gleichstrom/Wechselstrom-Kosmos, die Frage "Rock or bust?" gar nicht erst. Ganz klar: "Rock!"
Und dafür musste natürlich ein neuer Sänger her. Viele Namen (siehe TOP 5) geisterten durch den Raum, aber dass es nun gerade AXL ROSE, der in allen Belangen das genaue Gegenteil von BRIAN JOHNSON ist, werden würde, hatte doch viele überrascht. Zumal dieser eigentlich alle Hände mit der (Beinahe)-Reunion der Originalbesetzung von GUNS ’N’ ROSES zu tun haben müsste.
Sollte.
Whatever.
Natürlich ist die Fangemeinde gespalten, wie selten zuvor. Ich fasse an dieser Stelle mal die Argumente pro und contra AXL/DC zusammen.
Pro:
- AXLs Stimme passt zu AC/DC, besonders zu Songs aus der BON SCOTT-Zeit
- mehr Songs aus dieser Zeit kommen auf die (angestaubte) Playlist bei den Konzerten (z.B. "Touch to much", das zuletzt 1979 live gespielt wurde)
- AXL erfüllt sich einen Kindheitstraum und wird nicht den Fehler machen, sich das durch irgendwelche Eskapaden zu versauen
- er wird für die anstehende GUNS ’N’ ROSES-Tour stimmlich fit sein
Contra:
- AC/DC gingen respektlos mit BRIAN JOHNSON um
- es hätte bessere Alternativen gegeben
- sie hätten aufhören sollen
- AXL passt menschlich nicht in diese Band, aufgrund seiner Eskapaden aus alten GUNS-Zeiten
- AXLs Stimme ist "unwürdig" für AC/DC
Und so weiter, und so fort.
Gerade das Thema "Stimme" wird in beiden Lagern immer wieder genannt. Wer sich selber einen Eindruck verschaffen will, kann das hier tun: das oben erwähnte "Touch to much" live in Prag.
Und was ist mit BRIAN JOHNSON? Um den war es längere Zeit nach seinem Rauswurf/Ende bei AC/DC ruhig. Vor Kurzem hat er sich dann aber doch in einem Radio-Interview an die Öffentlichkeit gewandt und seine Sicht der Situation dargestellt.
Auch aus der Musikwelt gab es natürlich Reaktionen.
Für ALICE COOPER ist AXL/DC "eine einzigartige Kombination". Er findet, dass "AXLs Stimme absolut perfekt für diese Band" ist und meint: "Das wird wohl funktionieren."
Ähnlich äußert sich ex-MÖTLEY CRÜE-Bassist NIKKI SIXX, der sagt: "Ich bin der Meinung, dass AXL die passende Stimme hat."
IRON MAIDEN-Sänger BRUCE DICKINSON hofft "einfach, dass es für alle Beteiligten funktioniert." Er äußert allerdings auch die (in Anbetracht der Vergangenheit) nicht unangebrachte Furcht davor, "dass gewisse Leute nicht oder erst viel zu spät auf der Bühne erscheinen." Auf wen diese Aussage gemünzt ist, dürfte wohl klar sein.
Auch SCORPIONS-Gitarrist RUDOLF SCHENKER ist skeptisch. "Ob AXL das schafft... weiß ich nicht." Die Situation erinnert ihn "an die Nummer, als IAN GILLAN von DEEP PURPLE der neue Sänger von BLACK SABBATH wurde."
Für BRIAN JOHNSON hat er, in Erinnerung an gemeinsam durchgemachte (und durchgelachte) Nächte, folgenden Vorschlag: "Vielleicht sollte er im Comedy-Bereich neu anfangen."
COREY TAYLOR, seines Zeichens Sänger von SLIPKNOT und STONE SOUR stellt abschließend die Frage: "Wer sind wir darüber zu entscheiden, ob AC/DC aufhören sollten, oder nicht?"
Gute Frage, nächste Frage.
Mein persönliches Fazit?
AC/DC sind schon lange nicht mehr die bodenständige Bar-Band, als die sie sich immer darzustellen pflegen. Sie sind eine Maschine, der "Rock’n’Roll Train" höchstselbst, der auch ohne Heizer (BON SCOTT, BRIAN JOHNSON) und Maschinist (MALCOLM YOUNG) von einem besessenen Lokführer (ANGUS YOUNG) ohne Rücksicht auf die Insassen weiter nach vorne getrieben wird, bis der Kessel platzt oder er aus den Gleisen springt.
So oder so wird das Ergebnis elektrisierend, wenn nicht gar schockierend sein. AC/DC halt.
In diesem Sinne:
Haltet die Ohren offen!
Zum Beispiel für meine TOP 5 der Kandidaten, die ebenfalls als Tour-Ersatz für BRIAN JOHNSON im Gespräch waren.
Platz 5: JOEL O’KEEFE (Sänger von AIRBOURNE)
Platz 4: ANGRY ANDERSON (Sänger von ROSE TATTOO)
Platz 3: LZZY HALE (Sängerin von HALESTORM) (Aprilscherz)
Platz 2: DAVE EVANS (Ur-Sänger von AC/DC)
und
Platz 1: MARC STORACE (Sänger von KROKUS)
Danke fürs Reinhören.
euer BACK IN BLACKHEART
Song der Woche: "Not in Love" von ENRIQUE IGLESIAS feat. KELIS
Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag
Tja, die Machtkämpfe in den Bands - erinnern wir uns an das Drama der 3 Deep-Purple-Sänger und Ritchie Blackmore’s Terrorherrschaft. Da können alle noch so sehr auf Rebellen machen, im Grunde geht es immer um knallharte, kapitalistische Machtkämpfe (nur wer sich in der Nennung als Songschreiber durchsetzt, verdient richtig Kohle). Meistens hat dann einer das Recht am Bandnamen, ist quasi kapitalistischer Konzernboss, und die anderen sind bezahlte Angestellte mit Arbeitsvertrag, also kündbar.
Gretchenfrage, lieber Blackheart: Würdest Du die branchenüblichen 50 Euro Eintritt zahlen, um Herrn ROSE mit ACDC auftreten zu sehen?
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Für AXL ROSE würde ich tatsächlich die gleiche Summe hinblättern. Aber nur, um ihn mit SLASH, DUFF McCAGAN, DIZZY REED (und hoffentlich noch IZZY STRADLIN, wer dann am Schlagzeug sitzt ist für mich nebensächlich) als GUNS ’N’ ROSES zu erleben. Eine der wenigen großen Rockbands, die ich noch nicht live erleben durfte.
"45.000 Fans fiebern dem großen Moment entgegen: AC/DC mit Axl Rose als Sänger lassen es am Mittwoch in der Red Bull Arena krachen. Doch wegen des neuen Sängers gaben im Vorfeld 8000 Besucher ihre Tickets zurück."