BlackHört

Un-Erhörtes aus der Musikwelt


Eine Kolumne von  BLACKHEART

Dienstag, 20. September 2016, 08:46
(bisher 812x aufgerufen)

Frontbericht: "am schwarzen Teppich"

Am vergangenen Freitag wurden zum inzwischen 8. Mal die Metal Hammer Awards vergeben. Traditionell fand die Zeremonie in Berlin statt, genauer gesagt im Kesselhaus der Kulturbrauerei. Neben etlicher Prominenz der harten Stromgitarrenmusik war auch ich live vor Ort.

Wie bei jeder Preisverleihung mussten auch hier die Stargäste über einen Teppich schreiten und sich dort Fotografen und teilweise auch Interviewern stellen. Wie die Überschrift es bereits erahnen lässt, war der Teppich bei den Metal Hammer Awards nicht rot, sondern schwarz.
Ich hatte das Glück, nicht nur einen Platz an der Absperrung zu ergattern, sondern sogar direkt neben den akkreditierten Journalisten stehen zu können. Direkt vor mir standen außerdem die offizielle Interviewerin (ihren Namen weiß ich leider nicht, aber wie ich mitbekommen habe, arbeitet sie wohl als Moderatorin bei einem auf diese Musik spezialisierten Radiosender) und ihr Kameramann, der die Interviews für die Internet- und Facebook-Präsenzen des "Metal Hammer" Magazins filmen sollte. Später mehr dazu.

Nach einer kurzen Zeit des Wartens trudelte auch die erste schwermetallische Prominenz in Form von VICTOR SMOLSKI (ex-RAGE, ALMANAC) ein. Gleich zu Beginn des Weges auf dem schwarzen Teppich wurden die Musiker von "Metal Hammer"-Online-Redakteur EIKE KRAMER abgefangen, der Selfies mit ihnen machte und diese direkt auf Twitter postete. Danach mussten sich die Künstler vor einer eigens für diese Awards angefertigten Wand positionieren, wo sie erst für den offiziellen "Metal Hammer"-Fotografen, anschließend für die restlichen anwesenden Fotografen posieren sollten. Schließlich gab es noch das finale kurze Interview vor der Kamera.
Aber nicht für jeden. So nutzte z.B. ENTOMBED A.D.-Sänger LG PETROV die Gunst der Stunde und schlüpfte an der Kamera vorbei, vor der gerade TOM GABRIEL "WARRIOR" FISCHER (ex-HELLHAMMER, ex-CELTIC FROST, TRIPKYKON) Rede und Antwort stand.

Nach einiger Zeit fiel die Kamera aus, aber Redaktionsleiter SEBASTIAN KESSLER, der die Aufsicht über den schwarzen Teppich hatte, reagierte schnell und filmte die folgenden Interviews mit seinem Smartphone und sendete sie per Livestream direkt auf Facebook. Näher dran kann man als Fan, der nicht selbst vor Ort ist, nicht sein. Den Hinweis des "CHECKER" ALEX WESSELSKY (ex-MEGAHERZ, EISBRECHER), der als Moderator durch den Abend führen sollte, mit dem Smartphone nicht vertikal zu filmen, kam KESSLER allerdings nicht immer nach. Trotzdem konnte er noch einige Bands live einfangen.
So z.B. Sänger MICHAEL STARR und Bassist LEXXI FOXX von der Glam Metal Band STEEL PANTHER, die die Interviewerin auch am längsten in Beschlag nahmen.
Natürlich dürfen bei einer solchen Veranstaltung auch einige der ganz Großen der Szene nicht fehlen. So kamen nacheinander "THE GERMAN TANK" UDO DIRKSCHNEIDER (ex-ACCEPT, U.D.O.), ex-MOTÖRHEAD-Gitarrist PHIL CAMPBELL mit seinen Söhnen, das Schwarzheimer Urgestein ABBATH (ex-IMMORTAL), MILLE PETROZZA und SAMI YLI-SIRNIÖ von den Ruhrpott-Thrashern KREATOR und schließlich Stimmungskanone TOBIAS SAMMETT (EDGUY, AVANTASIA) am schwarzen Teppich an.
Letztgenannter musste kurz warten, weil die KREATOR-Mitglieder noch interviewt wurden und wandte sich kurzerhand dem Publikum an der Absperrung zu, um mit denen in der Zwischenzeit etwas zu plaudern. Dabei erkannte er mich wieder und ich erinnerte ihn an unsern gemeinsamen  Flug nach Göteborg im vergangenen Jahr. Die Welt ist ein Dorf. Nachdem ich ihm viel Erfolg für den Abend gewünscht hatte, begab ich mich ebenfalls in das ausverkaufte Kesselhaus.

Während ich am Eingang noch einen "Hammer"-Schnaps verköstigte, legten drinnen bereits BURDEN OF LIFE als erste von vier Live-Bands des Abends los. Diesen Opener-Slot hatte die Band durch eine Fan-Abstimmung auf der "Metal Hammer"-Homepage bekommen. Mir persönlich wären BURDEN OF GRIEF lieber gewesen.

Danach ging es auch endlich mit der Preisverleihung los. An der, vom Eingang her gesehen, rechten Seite der Halle war eine weitere Bühne aufgebaut worden, die durch eine Treppe mit dem VIP-Balkon verbunden war. Von hier kamen die Preisträger in Begleitung einer hübschen jungen Dame herunter um ihre Preise abzuholen.
Ich werde an dieser Stelle nicht auf alle Nominierten in jeder Kategorie eingehen. Sämtliche Nominierten findet man aber noch auf  metal-hammer.de. Die Gewinner in den einzelnen Kategorien (außer "Legende") werden von einer Jury, bestehend aus szenerelevanten Musikern, sowie der Metal Hammer-Redaktion und auch den Fans per Online-Abstimmung getroffen. Somit war sichergestellt, dass auch wirklich alle Meinungen und Interessen berücksichtigt werden. Im Gegenatz zu manch anderem deutschen Musikpreis, dessen "Echo" hier noch vereinzelt durch Kolumnen hallt.

Wie bereits oben erwähnt führte ALEX WESSELSKY, einigen vielleicht auch als "DER CHECKER" bekannt, mit seiner lockeren, sympathischen Art durch den Abend. Die erste Kategorie war "Up and Coming", also eine Kategorie für neue(re) Bands, von denen man in Zukunft noch einiges erwarten kann. Die Sieger AVATARIUM bekamen neben dem Preis auch noch eine Gitarre von Sponsor "Epiphone" geschenkt, damit sie auch in Zukunft weiter ihren Doom Metal einzimmern können.

Dass gerade ABBATH, der seit 1990 im Metalgeschäft mitmischt (IMMORTAL, I), im Jahre 2016 einen Award für sein selbstbetiteltes erstes Soloalbum als das "Beste Debut" bekam, war schon irgendwie ironisch. Wie es sich für einen waschechten norwegischen Black Metaler gehört, bestand seine "Dankesrede" aus unverständlichem Krächzen und der mehrmaligen Wiederholung seines Namens in norwegischer Aussprache. Merke: Als Black Metaler darf man äußerlich keine Freude zeigen.

Für die Laudatio zum Award für das "Beste Album" kam EMIL BULLS-Sänger CHRISTOPH VON FREYDORF auf die Bühne um nach einer kurzen Ansprache "Ghostlights" von AVANTASIA als Sieger zu verkünden. Ich persönlich freute mich für TOBIAS SAMMETT, ein Großteil des Publikums sah das aber anders und buhte mehr oder weniger lautstark. Da der überwiegende Teil des Publikums wegen den Headlinern HEAVEN SHALL BURN anwesend waren, hätten sich diese Menschen lieber die Alben von PARKWAY DRIVE oder zumindest IRON MAIDEN als Sieger gewünscht. Auch wenn Geschmäcker verschieden sind, hätte ich mir an dieser Stelle mehr Respekt des anwesenden Publikums gewünscht. Nun ja.

Weiter ging es mit Live-Musik von den schwedischen Heavy Rockern BOMBUS, deren abwechselnd von beiden Gitarristen gesungene Songs ein paar Kopfnicker bei mir verursachen konnten, mehr aber auch nicht. Alles in allem eine unaufdringliche Hintergrundmusik für das Pausenbier.
Richtig genießen konnte ich dieses allerdings nicht, da es so voll in dem Laden war, dass ich beim Trinken sogar einen Ellenbogen vor die Flasche bekam. Zum Glück nur leicht. Ein heftiger Einschlag hätte zu einem verfrühten Ende des Abends und einem Besuch im Krankenhaus inklusiver dem Verlust einiger Zähne führen können.
Insgesamt war es einfach zu voll in der Halle. Hätte man im Vorfeld 100 Karten weniger verkauft, wäre der Abend für die Fans um einiges angenehmer verlaufen. Apropos laufen: Wäre ein Feuer ausgebrochen, hätten sich etliche Leute totgetrampelt. Das ist meine feste Überzeugung. Aber zum Glück ging ja alles gut.

Was bei den nächsten beiden Kategorien in den Köpfen mancher Abstimmungsberechtigter vorging, erschließt sich mir allerdings nicht. Dass die schwedischen Schwarzmetaller DARK FUNERAL den Award für "Metal Anthem" mit ihrem Song "As one we shall conquer" gewinnen war angesichts der Konkurenz (gerade aus dem eigenen Land) höchst unerwartet. Dass aber die italienische Band LACUNA COIL den Award für die "Best international Band" (überreicht von EPICA-Sängerin SIMONE SIMONS) gewinnt, entzieht sich den Gesetzen meiner Logik. Naja, immerhin wurden es nicht MASTODON, eine weitere Band, die vom "Metal Hammer" immer besonders gebauchpinselt wird.
Nicht gerade eine legendäre Vorstellung.

Apropos: Als nächstes steht der "Legend"-Award auf dem Programm. Schon bei der Vorstellung der Kandidaten wird von den Fans lautstark ein Name skandiert: LEMMY! Und es wäre auch eine riesige Überraschung gewesen, wenn er diesen Preis nicht posthum auch gewonnen hätte. Entgegengenommen wurde der Preis von LEMMYs langjährigem Mitstreiter und Gitarristen PHIL CAMPBELL, der auch die emotionalste Rede des Abends hielt.

Weniger Emotionen, dafür voll auf die Fresse gab es anschließend von SODOM. Die Ruhrpott-Thrash-Institution servierte ein ausgewogenes Set aus Klassikern ("The Saw is the Law", "Outbreak of Evil", "Agent Orange") und Stücken aus dem brandneuen Album "Decision Day" ("Sacred Warpath", "Caligula", "Remember the Fallen"), die sich nahtlos in die Setlist einreihen konnten. Berlin wollte "Ausgebombt" werden und wurd es mit dem gleichnamigen letzten Stück auch.
Leider herrschte auf dem VIP-Balkon stoische Bewegungslosigkeit. Bei einer solchen Legende auf der Bühne, die viele der anwesenden Bands beeinflusst hat, ein echtes Armutszeugnis.
Für mich auf jeden Fall die beste der vier Live-Bands.

"Best Live" war auch die nächste Kategorie, für die Sängerin JI-IN CHO (ex-KRYPTERIA, AND THEN SHE CAME) als Gastlaudatorin fungierte. Den Preis holten die Glam Metaler STEEL PANTHER, was nach dem, was ich bislang von deren Shows gelesen hatte (habe noch keine gesehen und habe es auch nicht vor) wohl durchaus gerechtfertigt ist.

Absolut gerechtfertigt ist auch der Sieg von KREATOR in der Kategorie "Best German". An diesem Abend der Ruhrpott-Thrash-Legenden nahm MILLE den Preis aus den Händen seines langjährigen Freundes TOM GABRIEL FISCHER entgegen.

Als Legende kann man auch den Mann bezeichnen, der den Award als "God of Riffs" von dem mir unbekannten PHILIPP ESCHENBACH übereicht bekam: PHIL CAMPBELL, der bereits LEMMYs Award entgegen nahm, durfte ein weiteres Mal die Bühne betreten und sich nun auch seinen Preis abholen. Verdient. Schließlich wurde er vom Meister höchstselbst als einer der unterbewertetsten Gitarristen der Welt bezeichet. LEMMY wäre stolz, wenn er das sehen könnte.

Damit stand nur noch ein Preis aus, der "Maximum Metal" Award, der ausschließlich von der Redaktion des "Metal Hammer" bestimmt wird und an einen Menschen oder eine Band geht, der/die Herausragendes für den Metal und die Szene geleistet hat. Zu diesem Zweck ließ es sich Chefredakteur THORSTEN "ZACKE" ZAHN nicht nehmen selbst auf die Bühne zu kommen, um gemeinsam mit Laudator MIKAEL STANNE (DARK TRANQUILLITY) den Award an UDO DIRKSCHNEIDER zu überreichen. Der aber seinerseits so Maximum Metal ist, dass er die Preisverleihung bereits verlassen hatte.

ZAHN blieb auch gleich auf der Bühne, um sich zu bedanken. Zuerst bei den Sponsoren, dann den Bands, Redakteur GERNOT KREBS, der die Verantwortung für den Abend hatte, Moderator ALEX WESSELSKY und schließlich den Fans, denen er zugleich auch den Headliner des Abends, HEAVEN SHALL BURN, ankündigte.
Ich nutzte den Auftritt dieser Band, um an den im Keller liegenden Toiletten vorbei mehrfach über die beiden Treppen zwischen der Theke und dem Außenbereich zu pendeln, ohne mich durch Menschenmassen wühlen zu müssen. Baulich eine äußerst praktische Lösung.

Im Außenbereich konnte ich noch ein kurzes Gespräch mit "Metal Hammer" Mitarbeiter VINCENT GRUNDKE und ONKEL TOM-Schlagzeuger CORNY RAMBADT führen, der auch das aktuelle Album von SODOM produziert hatte. Innerhalb dieses Gesprächs machte ich RAMBADT den Vorschlag, ONKEL TOM könnte doch aus dem Sprichwort "Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sichs gänzlich ungeniert." einen Song zu machen. Er fand den Vorschlag klasse und meinte, er würde ihn weitergeben. Wenn er sich am nächsten Tag noch daran erinnern könnte. Ich bin gespannt.

Das war also mein Ausflug zu einer musikalischen Preisverleihung. Alles in allem ein interessanter Abend, der mit der morgendlichen Erkenntnis endete, dass die Sitze in der 2. Klasse der Deutschen Bahn sich besser zum Schlafen eignen, als die in der 1. Klasse.
Trotzalledem ein erstklassiger Abend.

In diesem Sinne:

Haltet die Ohren offen!

Zum Beispiel für meine TOP 5 der nominierten Bands/Künstler, denen ich ebenfalls einen Award gegönnt hätte.

Platz 5: IRON MAIDEN in der Kategorie "Best Live Band"
Platz 4: SEPULTURA in der Kategorie "Best international Band"
Platz 3: SABATON - "The Last Stand" in der Kategorie "Best Album"
Platz 2: IN EXTREMO in der Kategorie "Best German"

und

Platz 1: OZZY OSBOURNE in der Kategorie "Legend"

Danke fürs Reinhören.


euer BLACKHEART


Song der Woche: "The Poet and the Pendulum" von NIGHTWISH

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Dieter_Rotmund (20.09.16)
Gerne gelesen, auch wenn mir 99% der Namen unbekannt sind.
Graeculus (69)
(20.09.16)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram