BlackHört

Un-Erhörtes aus der Musikwelt


Eine Kolumne von  BLACKHEART

Dienstag, 14. Februar 2012, 00:56
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Crossing all over

Auszug aus dem Duden:

Cross-over, Cross­over, das

Bedeutungen:

1. Vermischung unterschiedlicher [Musik]stile (z. B. Klassik und Pop)

2. (Biologie) Erbfaktorenaustausch zwischen homologen Chromosomen


Da ich mich mit Biologie ungefähr so gut auskenne, wie Freddie Mercury mit dem weiblichen Orgasmus, bleibe ich bei Ersterem.

Was bringt Musiker dazu, mehrere Musikstile zu mischen?
Das Bedürfnis, seiner Kreativität freien Lauf zu lassen?
Das Bestreben, der Erfinder einer neuen Musikrichtung zu sein?
Pure Langeweile?
Oder doch übermäßiger Alkohol- und/oder Drogenkonsum?

Im Falle von AEROSMITH war es ein ganz anderer Grund. Ihre großen Tage in den 70ern waren vorbei und junge, hungrige Bands standen in den Startlöchern. Da man merkte, dass man mit denen nicht mithalten konnte, wagte man sich auf neues Terrain. Der Hip Hop war zu der Zeit gerade groß im Kommen und RUN DMC gehörten zur Speerspitze dieser Musikbewegung. Also tat man sich zusammen und nahm gemeinsam den AEROSMITH-Klassiker "Walk this way" noch einmal neu auf.
Das Ergebnis dürfte bekannt sein. Das Teil wurde ein Riesenhit, die Karriere von AEROSMITH konnte weitergehen und so ganz nebenbei hatte man den ersten Crossover-Song geschrieben. Ein Song, der später ein ganzes Genre mitbegründen sollte.

Aber zunächst einmal, musste das ganze noch härter werden. War "Walk this way" noch eher ein partytauglicher Track, so zielte "Bring the noise" von ANTHRAX und PUBLIC ENEMY genau dahin, wo er hin sollte: Voll auf die Fresse! Diese Verbindung passte aber auch, wie die Faust in selbige. ANTHRAX gehörten auch damals schon zu den wichtigsten Bands in der Thrash Metal-Szene, während PUBLIC ENEMY für schonungslose sozialkritische Texte bekannt waren.
Auf diesem Fundament aus Sozialkritik und hartem Gitarrensound sollten RAGE AGAINST THE MACHINE in den 90ern dann ihren Erfolg begründen.

Und nicht nur sie. Die gesamte Crossover-Szene erlebte hier ihre Blütezeit.
Die bereits in den 80ern gegründeten RED HOT CHILI PEPPERS veröffentlichen 1991 mit "Blood Sugar Sex Magik" einen Meilenstein des Genres, auf dem sie Rock, Funk, Soul und Hip Hop zu einem einzigartigen Gebräu vermischten, dass bis heute nichts von seiner Wirkung verloren hat.

Aber auch in Europa war der Crossover-Boom ungebrochen. Hier waren es Bands wie CLAWFINGER (Schweden) oder die H-BLOCKX (Deutschland), die den Fans gaben, wonach sie sich sehnten.
SUCH A SURGE hatten als Band mit deutschen Texten ebenfalls viele Anhänger im In- und Ausland.

Mit dem Jahrtausendwechsel änderte sich das Gesicht der Musikszene abermals. Crossover war auf einmal out. Stattdessen startete eine neue Generation ihre ganz eigene Version der Vermischung von Hip Hop und Metal. Das Ergebnis nannte sich Nu Metal (von den Old Schoolern verächtlich als No Metal abgetan) und Bands wie KORN, LINKIN PARK oder LIMP BIZKIT schafften es, die Jugend für sich und ihren Stil einzunehmen. Auch mich, wie ich zugeben muss.

Allerdings sollte sich das Phänomen Nu Metal nur einige Jahre halten. Die meisten Bands dieses Genres gingen entweder in der Bedeutungslosigkeit unter, aus der sie kamen (z.B. ALIEN ANT FARM oder P.O.D.), oder sie änderten ihren Stil, um zu überleben (z.B. KORN oder LINKIN PARK).

Ein ähliches Schicksal, war der Metalcore-Szene beschieden, die sich kurz darauf entwickelte. Wie der Name schon andeutet, handelt es sich bei Metalcore um eine Vermischung von Metal (hauptsächlich Death und Thrash) und Hardcore (Punk, nicht Techno). Diese Szene diente nicht nur als Auffangbecken, für die Nu Metal-Anhänger, die das Ende ihrer Szene nicht wahrhaben wollten, sondern verabreichte dem klassischen Hardcore auch eine Frischzellenkur. Sowohl was Fans, als auch was neue Bands angeht.
Als Begründer des Metalcore werden immer wieder KILLSWITCH ENGAGE genannt, auch wenn man sich da innerhalb der Szene und der Fachpresse nicht immer so wirklich einig ist.

Wenn ich eingangs des vorigen Absatzes erwähnte, dass dem Metalcore ein ähnliches Schicksal wie dem Nu Metal blühte, so stimmt das nur bedingt. Während viele der "alten" Bands das "Core" inzwischen gestrichen haben und (mehr oder weniger) richtigen Metal machen, kommen doch immer wieder neue Core-Knaben auf, die das Ganze wieder durcheinander mischen.
Doch egal ob Metal-, Death-, Electro- oder Sonstwas-Core, 2 Dinge sind sicher:

1.: Es kommen immer wieder neue Variationen von Cross-Overn auf und

2.: Egal was es ist, ich finde es in der Regel zum Kotzen.

Genau so wie das, was DAVID GUETTA da veran- oder eher verunstaltet. Gestandene Rapper wie LUDACRIS oder SNOOP DOGG auf Techno-Beats rappen zu lassen, war vor 15 Jahren noch ein absolutes Tabu. Oder wie SAMY DELUXE es in seinem Song "Hab gehört" ausdrückt:
"Hab gehört ich sei nicht hip hoppig, ich scheiß auf Rapmusik,
schmeiß mir Extacy und schreibe Styles auf Technobeats"


Nichts gegen das Beschreiten neuer Wege, aber es gibt doch Grenzen, die man nicht überschreiten sollte.

In diesem Sinne:

Haltet die Ohren offen!

Zum Beispiel in meine Top 5 der besten Songs von Künstlern aus verschiedenen Musikrichtungen:

Platz 5: "Be angeled" von JAM & SPOON feat. REA GARVEY
Platz 4: "Chaos" von SUCH A SURGE, FERRIS MC, SPEZIALIZTZ und DJ STYLEWARZ
Platz 3: "Ein Bett im Kornfeld" von STEFAN RAAB, BÜRGER LARS DIETRICH und JÜRGEN DREWS
Platz 2: "Walk this way" von AEROSMITH und RUN DMC

und

Platz 1: "Nothing else matters" vom METALLICA und MICHAEL KAMEN conducting THE SAN FRANCISCO SYMPHONY ORCHESTRA (Und zwar das Original, vom schwarzen Album, das auch schon mit dem Orchester aufgenommen wurde.)

Danke fürs Reinhören.


Euer BLACKHEART

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