Film & Fußball
Eine cineastische Mannschafts-Kolumne
Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"
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Über Love&Friendship von Jane Austen
von Dieter_Rotmund
Die Romane und Erzählungen der englischen Schriftstellerin Jane Austen (1775-1817) sind ungebrochen beliebt und werden weiterhin gerne gelesen. Sie sind allerdings nicht jedermanns Sache: Oberflächlich betrachtet kann man leicht der Eindruck bekommen, es handele sich um seichte Milieu-Melodramen. Wer ein Blick für die Meta-Ebene, das zwischen den Zeilen geschriebene Wort hat, erkennt jedoch bald, dass Austens Romane weit mehr sind als Zeugnisse ihrer Epoche. Sie „funktionieren“ auch noch im 21. Jahrhundert gut, will sagen, dass sie eine gewisse Zeitlosigkeit haben. Austen war – ganz offensichtlich - eine präzise Beobachterin, die es zudem verstanden hat, ihre Texte handwerklich extrem gekonnt zu erstellen.
Nun sind fast alle Stoffe schon allein wegen ihrer belletristischen Popularität viel verfilmt worden. Die Datenbank imdB.com weist die lange vor der Geburt des Kinos verstorbene Austen als „writer“ von 72 Werken aus (bei nur 7 Romanen und rund zwei Dutzend kürzere Erzählungen), darunter allerdings auch solche, die man als „inspired“ bezeichnen muss wie den albernen Bollywood-Streifen Bride and Prejudice (2004) und den kürzlich völlig gefloppten Pride and Prejudice and Zombies (2016).
In Deutschland wurde die Austen vor allem durch Ang Lees Verfilmung von Sense and Sensibility (deutsch: „Verstand und Gefühl“) von 1995 populär. Hierzulande bekam er den reichlich dämlichen und unpassenden Titel Sinn und Sinnlichkeit und machte Emma Thompson und Hugh Grant einem größeren Publikum bekannt. Die Messlatte am höchsten legte jedoch zweifelsohne Joe Wrights Verfilmung von Pride and Prejudice aus dem Jahre 2005 (mit Matthew Macfadyen und Keira Knightley in den Hauptrollen), den jüngsten Tiefpunkt erreichte man 2007 im allgemeinen Austen-Reigen mit dem Biopic Becoming Jane, einen weiteren Werk, das unter der massiven Talentlosigkeit von Darstellerin Anne Hathaway litt. Das ist jedoch nur der vom Verfasser dieser Zeilen mutmaßlich zu nennende Tiefpunkt, den mit wirklich allen Austen-Verfilmungen Schritt zu halten, ist schier unmöglich, es sind einfach zu viele.
Love&Friendship zu sehen – auch im Original – war (und ist noch) jedoch hierzulande kein Problem, der Film fand eine weite Verbreitung in den hiesigen Kinos.
Love&Friendship ist eine Verfilmung des Austenschens Romans Lady Susan, der bisher (so imdb.com) noch nie den Weg vom Papier auf die Leinwand fand. Das mag daran liegen, dass Lady Susan ein Briefroman ist und deren damit einhergehende Sperrigkeit den Weg sehr steinig machte.
Nach einer äußerst lieblosen Einführung der Hauptcharaktere – wobei manche Sprechrollen überhaupt nicht, manche stumme Mimen dagegen genannt wurden – mittels Untertitel (sic!) hat auch der geneigte Zuschauer dann naturgemäß Schwierigkeiten, mit den Figuren warm zu werden. Im Zentrum des Geschehens steht die intrigante Manipulatorin Lady Susan Vernon (Kate Beckinsale), die alles daran setzt, sich und ihre Tochter „gut versorgt“ zu wissen, d.h. in Verheiratung mit Männern, die mindestens finanziell, am besten aber auch gesellschaftlich bessergestellt sind.
Leider gelingt es – so muss man feststellen – Kate Beckinsale nicht, der Figur der Lady Susan Vernon die nötige Doppelbödig- und herzliche Verschlagenheit zu geben, obwohl die Britin durchaus Erfahrung mit solchen Stoffen hat - Man denke an ihre Mitwirkung an das Shakespearsche Much Ado About Nothing (1993) und Austens Emma (1996). Doch das ist lange her, inzwischen ist Beckinsale das Gesicht einer Haudrauf-Vampir-Reihe (Underworld) und man rechnet nolens volens ständig damit, dass sie in Love&Friendship plötzlich ein großes Schießgewehr unter ihrem weiten Rock hervorholt und ein paar der umstehenden Zombies den Kopf vom Halse schießt.
Aber vielleicht ist diesen Missverhalten auch das Misslingen des Love&Friendship-Regisseurs Whit Stillman, der nicht nur wenig Regieerfahrung hat, sondern auch überhaupt keine mit historischen Drama-Stoffen. (Es sein denn, man will Stillmans The Last Days of Disco von 1998 unbedingt als historisches Drama bezeichnen).
Als Resümee lässt sich festhalten, dass Love&Friendship dennoch als ordentliche Arbeit zu bezeichnen ist, die einen unterhaltsamen Kinoabend bietet – eine vorbehaltlos als gelungen zu bezeichnende Austenstoff-Verfilmung ist das Werk jedoch nicht.
Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag
(19.01.17)
(20.01.17)
Um den Jahreswechsel herum habe ich wieder einmal haarklein nachgewiesen, dass Sylvester keine korrekte Schreibweise für den letzten Tag des Jahres ist - aber man druckst nur rum und erfindet die hanebüchesten Ausreden, als einfach zu sagen: "Ja, Danke, hab’s korrigiert".