Film & Fußball
Eine cineastische Mannschafts-Kolumne
Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"
(bisher 4.300x aufgerufen)
"Manifesto", Julian Rosefeldt, Deutschland 2015
von Dieter_Rotmund
Ja, was ist das eigentlich, dieser Film? Ur-eigentlich ist "Manifesto" gar kein Film, sondern eine Videoinstallation, die aber nur in Melbourne, Australien, zu sehen ist. Nun gibt es also quasi diese Filmfassung, in der Cate Blanchett quasi alle Hauptrollen spielt*, wobei "Hauptrolle" bei diesem Film ein Begriff ist, der nicht passt. Besser gesagt: In "Manifesto" deklamiert Cate Blanchett in 13 verschiedenen Rollen und Verkleidungen 13 verschiedene Manifeste in 13 verschiedenen "Settings", wie man das heute nennt. Die Verfasser werden dem Zuschauer im Schnelldurchgang zu Beginn in riesigen Buchstaben, die die ganze Leinwand füllen, an der Kopf geworfen. Während des Films gibt es keine Angabe dazu, welches Manifest von welchen Verfasser gerade "dran ist". Es sind überwiegend Manifeste der Kunstgeschichte, der Sport fehlt, die Religion glücklicherweise auch. Wer sich für den Abspann Zeit läßt, bekommt dann abschließend alle Manifeste genannt.
Normalerweise ist bei solchen Projekten Skepsis angesagt, weil mit einem Superstar als Ausrufer eine Fülle von Vertragsbedingungen einhergeht, die so ein Werk schnell bis zur Unkenntlichkeit und völliger Unbrauchbarkeit verwässern. Das sind einfach so Abläufe, die unweigerlich in Gang kommen, da kann man Frau Blanchett auch gar kein Vorwurf machen. Nun, was zeigt uns das Ergebnis?
Das Ergebnis ist verblüffend: "Manifesto" ist - trotz fehlender Handlung und fehlendem Spannungsbogen - ein erfrischend kurzweiliges und humorvolles Werk. Zudem film-handwerklich auf höchsten Niveau, man muss gar nicht den zuweilen etwas abstrakt formulierten Manifesten verkrampft zuhören, sondern darf sich an vielen tollen Bildern sattsehen. Der Film ist eine gelungene Schnittstelle zwischen Schauspiel, Kunst, Fiktion, Dokumentation und Filmhandwerk.
Kurios: Nicht wenige der Manifeste sind in dieser deutschen Produktion originär in deutscher Sprache verfasst worden, werden von Cate Blanchett aber natürlich in Englisch vorgetragen. Das ist eine Art Originalverdrehung in Originalfassung. Dennoch ein doller Film mit einer dollen Cate Blanchett in den aberwitzigsten Situationen, manifestdeklamierend.
* das hat ja eine gewisse filmhistorische Tradition, man vergleiche zum Beispiel "Kind Hearts and Coronets" von 1949, in dem Alec Guiness acht Rollen spielt
Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag
(30.11.17)
Jaaaa, das ZKM kann zuweilen ganz schön anstrengend sein, ich weiß. Ist mir aber lieber als diese Gebrauchshalbkunst aus dem Manufactum-Katalog.