Film & Fußball

Eine cineastische Mannschafts-Kolumne


Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"

Donnerstag, 12. August 2021, 08:17
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Atiye: die Gabe

von  Dieter_Rotmund


Gastkolumne von  Pearl

Eigentlich wollte ich heute über die Netflix Serie „Girlboss“ schreiben. Doch bei mir ist es so, ich bin sehr begeistert von einer Musik, einem Film, einer Serie… doch dann flacht diese Begeisterung oft ab und ich erinnere mich nur mehr bruchstückhaft an die Handlung usw.
Zurzeit bin ich süchtig nach einer anderen Netflix Produktion, und zwar nach „Atiye: Die Gabe“. Es ist eine türkische Serie. Als ich das einer Freundin erzählte, nachdem wir uns im Wiener Stadtkino den Dokumentarfilm „Schlingensief - In das Schweigen hineinschreien“ angesehen hatten, fragte sie ob`s eine Soap sei. Und dann erzählte sie von der türkischen Soap, die ihre Oma in Slowenien immer sah.
Aber die Geschichte über Atiye, ist eine Mysterieserie, die in Istanbul und in Göbekli Tepe spielt. Einer These nach ist der Ausgrabungsort Göbekli Tepe eine steinzeitliche Heiligenstätte. Und darauf scheint die Serie (ich bin noch bei der ersten Staffel) zu basieren, denn dort geschehen sonderbare Dinge mit unserer Hauptperson Atiye.
Atiye ist eine Frau, mit der ich mich gleich sehr identifiziert habe. Ich dachte sogar, also die Schauspielerin muss im Zeichen der Fische geboren sein. Und siehe da, Beren Saat ist auch 1984 und nur zwei Tage nach mir geboren. Sodass wir viele Planeten in denselben Zeichen haben. Was wiederum hier niemanden außer mir interessiert.
Doch zurück zu Atiye. Sie ist eine Künstlerin, und das ist schonmal cool. Und wenn die Serie sie beim Malen zeigt, sieht man, dass Kunst auch ein unglaublich sinnlicher Akt sein kann.
Seit ihrer Kindheit malt sie dasselbe Symbol. Und dieses Symbol wird eines Tages in den Ruinen von Göbekli Tepe entdeckt, und zwar vom Archäologen Erhan. Das passiert ungefähr zu jener Zeit, wo Atiye anfängt, eine sonderbare alte Frau zu sehen. Nur sieht sie niemand sonst. Als Atiye weitere Visionen hat, unter anderem von einem Mädchen mit einem Stern auf der Stirn, was glaubt ihr, was da passiert? Sie erhält die Diagnose paranoide Schizophrenie. Das war auch lange meine Diagnose. Ich sagte schon, ich kann mich sehr mit Atiye identifizieren. Und nun sage ich, dass wir in einer Welt leben, die allzu wenig Platz für Mysterien, für das Außerordentliche lässt. Vielleicht lieben Menschen wie ich deshalb Phantasy Geschichten so sehr. Nicht nur weil wir vor der Realität flüchten möchten. Sondern weil die moderne Realität die heiligen Geheimnisse des Lebens in eine dunkle Ecke abschiebt und manche „Sehenden“ gleich hinterher (Stichwort Psychiatrie).
Ich habe gelernt in dieser Realität halbwegs klarzukommen, doch meine Freude an Geschichten wie „Atiye: die Gabe“, „Die Tribute von Panem“ und so weiter lasse ich mir von niemandem nehmen. Denn sie sind mein kleines Stück Verrücktheit in dieser wirren Realität, wo ich funktionieren „sollte“.
Wer dieses Stück „Verrücktheit“ in sich noch nicht abgetötet hat, könnte Atiye auch lieben. Es geht nicht nur um Mysterien, sondern auch um Liebe, Familie, und mutig wird auch etwas so Schreckliches wie sexuelle Gewalt in einer Beziehung gezeigt. Denn nur wer sich wie Atiye seinen Ängsten und seiner Vergangenheit stellt, kann sie auch heilen.

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