Film & Fußball
Eine cineastische Mannschafts-Kolumne
Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"
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Die Kolumne zum 18. November 2021
von Dieter_Rotmund
Ammonite (UK, AUS, USA 2020). Es gibt Menschen, die sind in sich verschlossen und wirken nach außen mürrisch und abweisend. Deshalb sind sie jedoch nicht uninteressanter als manch dauerplappernder Zeitgenosse. Kate Winslet spielt in Ammonite solch eine mürrisch-verschlossene Figur, und das macht sie großartig. Der dialogarme Film ist ein Werk zum Schauen, zum Erkennen und Deuten von Mimik und Gestik. Kommunikation findet statt, aber oft nicht auf der konventionellen Ebene. Herrlich! Ammonite ist eines der Highlights meines Kinojahres 2021, aber sicherlich nicht nach jedermanns Geschmack. Ich habe diesen sehr britischen Film in OmU gesehen. Deutsche Synchro ist Krampf, aber wer keine andere Möglichkeit hat...
Auf einem internationalen Filmfestival gesehen:
Haruhara-Sans Recorder (Japan 2021). Ich gebe zu, ich musste hernach in den dicken Festivalkatalog schauen, um zu erfahren, was denn da im Vorfeld der Handlung von Haruhara-Sans Recorder geschehen ist. Während des Films bekommt man so eine Ahnung, aber keine Gewissheit. Das Werk ist sehr bedächtig und langsam erzählt. Die Kamera gibt einen Rahmen vor, innerhalb dessen die Schauspieler agieren. Oft spielt sich das Geschehen im Rücken der Kamera ab und man muss in den Gesichtern derer lesen, die es, das Geschehen, gerade sehen. Manche Konventionen aus so einem typisch japanischen Alltag bleiben einem verschlossen. Erklärt wird dankenswerterweise nichts. Es kehrt Ruhe ein und dann ist der Film zu Ende. Draußen dann das triste Äußere eines von Einwanderern früherer Generationen geprägtes Stadtviertel: Kitschige Brautmoden, ein Dönerladen, Schmuckshop21 usw. Die Straßenbahn zuckelt und ruckelt mich zurück zum Hauptbahnhof, von wo ich der Stadt fliehen kann. Naja, mit den üblichen 30 Minuten Verspätung.
Im Programmkino gesehen:
Speer goes to Hollywood, Israel 2020.
Wenn es erfolgreiche Bücher gibt, sind oft Verfilmungen geplant. Diese Filmprojekte werden nicht alle durchgeführt, auch wenn schon Vorarbeiten geleistet wurden. Speer goes to Hollywood erzählt von solch einem Projekt. Es geht um "Erinnerungen" (Ullstein 1969) von Albert Speer. Im Filmflyer, wie sie oft in Programmkinos ausliegen, steht, Speer genieße bis heute den Ruf eines "guten Nazis". Das sehe ich nicht so, dazu haben viele Wissenschaftler und Historiker in den letzten Jahren beigetragen. Den Film habe ich dennoch gerne gesehen und freue mich darüber, dass ein Dokumentarfilm in den Kinos ist, in dem es mal nicht um Hautfarben oder das Weltklima geht.