Aufgespießt

Unverschämtheiten aus Politik, Promiszene und Alltag


Die Kolumne des Teams " Aufgespießt"

Montag, 24. August 2009, 14:16
(bisher 6.338x aufgerufen)

... und Holz wächst wieder nach

von  AlmaMarieSchneider


Wer kennt nicht das Werbeliedchen vom nachwachsenden Rohstoff Holz. Freundlich und beruhigend wird für den unbedenklichen Verbrauch von Holz geworben. Eine gute Sache, diese nachwachsenden Rohstoffe, denkt der arglose Bürger und vielleicht DIE Lösung aus der sich anbahnenden Energie- und Rohstoffkrise überhaupt. Über verschwenderischen Konsum muss man sich auch keine Gedanken mehr machen. Es wächst doch alles wieder nach. Wirklich?

Wer einmal an der Mittelmeerküste im ehemaligem Jugoslawien unterwegs war, dem springt das Karstland unangenehm ins Auge. Rom benötigte einst viel Holz und über das Mittelmeer ließ es sich leicht verschiffen. Zudem war durch die ausgedehnten Wälder das Klima rund um das Mittelmeer feucht heiß. Durch Abholzung blieb der Monsun nach und nach aus. Die Luftfeuchtigkeit verringerte sich angenehm. So begann Schritt für Schritt die nachhaltige Vernichtung dieses Rohstoffes, der unendlich vorhanden zu sein schien und sie hält bis heute an. Was sich Holzindustrie und private Haushalte nicht holten fällt durch die damalig begonnene Klimaveränderung immer häufiger Dürre und Feuer zum Opfer.

An Wieder -Aufforstung ist nichts verdient und Bäume, die Geld bringen wachsen langsam. Zu langsam für ein Menschenleben. So überließen damals die Römer das gerodete Land der Abschwemmung durch Wasser und dem Wind. Zunehmend verkarsteten so Europas Mittelgebirge und sind nicht mehr aufforstbar.

Auch heute gilt: „Wer gibt schon gern sein Geld für nachfolgende Generationen aus und ein guter Baum wirft nur einmal Geld ab, aber doch bitte auf mein Bankkonto. Zugegeben, in Europa stieg der Baumbestand wieder leicht an, dafür verschwinden Südamerikas, Afrikas und Südostasiens Regenwälder in rasender Geschwindigkeit. Außer Öl produzierende Monokulturen wächst dort nichts mehr nach. Auch so ein „nachwachsender Rohstoff“ der eine jahrtausend alte Lebensgrundlage nachhaltig für Mensch und Tier vernichtet, damit ein paar Menschen ihrer Prunksucht zumindest ein ökologisches Mäntelchen umhängen können. Den Armen nimmt man dafür sogar den Reis vom Teller.
Monokulturen entnehmen dem Boden immer die gleichen Nährstoffe und nach ein paar Jahren werfen die Bäume kaum mehr Früchte ab. Die Pflanzung wird aufgegeben, stirbt ab und das Land versteppt.

Vor einer Woche las ich in der Zeitung die Aufforderung an Winzer, wer die Rodungsprämie für seinen Weinberg noch erhalten möchte, solle sich beeilen, denn die Frist liefe aus.
Aufgewachsen im Weinland Franken dachte ich sogleich an die schwere Arbeit, den durch Wasser abgeschwemmten Humus wieder den steilen Hang nach oben zu tragen. Ein alter Weinberg hält ihn recht gut fest, aber ein gerodeter?
Es ist schon paradox, dass für die Vernichtung wertvollen Anbaulandes Prämien gezahlt werden und man, falls noch möglich, Aufforstung und Erhalt an nachfolgende Generationen weiter schiebt, die ihrerseits ja auch noch nicht in den Genuss des nachgewachsenen Rohstoffes Holz kommen.

Einst fielen die Bäume für den Wein, jetzt der Wein für Karstland, dafür für Politiker das Bundesverdienstkreuz und für die Kinder unserer Kinder die Wüste und den Hunger.
So wie auf Spaniens kahlen Bergen große Metallstiere für Werbung ihren Dienst tun, könnte ich mir auf ehemaligen Weinbergen große grün gestrichene Bäume aus Eisen vorstellen. Auf kahlem Fels ließen sie sich gut verankern und aus ihrem starren Laub leuchten rot wie Früchte die Buchstaben: „…und Holz wächst wieder nach“.

Wirklich?

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag


 AlmaMarieSchneider (25.08.09)
Das Problem ist die unterlassene Wiederaufforstung, weil wertvolles Holz zu langsam wächst. Der Investor hat nichts mehr von seinen Setzlingen. Ist erst einmal der Humus weg, ist es mit dem "Nachwachsen" gänzlich vorbei. Zudem sind Regenwälder geschlossene Systeme. Die Pflanzen leben voneinander und miteinander. Eingriffe werden oft mit schweren Maschinen vorgenommen. Der Schaden ist dadurch sehr groß.
Der Mensch muß einfach begreifen, daß Rohstoffe wie Holz nur nachwachsen können bei entsprechender Sorgfalt und Fürsorge.

Danke für Deinen Kommentar Sternmichel.

 AndreasG (25.08.09)
Das Schwierige bei dem Thema ist, dass es sich dem Menschen entzieht. Es ist nicht durch Schubladendenken zu begreifen, da sich jede Klimazone in viele Landschaften aufteilte, die sich sehr unterschiedlich verhalten. So manche geschützte "Kulturlandschaft" ist aus einem Raubbau entstanden, hat dadurch eigene Qualitäten und muss gehegt werden, um nicht entweder zu veröden oder dem Ursprünglichen zu weichen (etwa die angesprochenen Weinberge oder die Heide). An anderer Stelle ist dem Raubbau die Monokultur gefolgt (z.B.: das Sauerland mit dem großen Fichtenbestand) oder - der Regelfall in Mitteleuropa - die Landwirtschaft.
Es kann also nicht grundsätzlich davon gesprochen werden, dass dem Raubbau die Ödnis folgt, wie es im Mittelmeerraum passiert sein dürfte (obwohl selbst das umstritten ist; immerhin war Nordafrika noch nach der Völkerwanderung extrem fruchtbar und wurde die Jahrhunderte zuvor die "Kornkammer Roms" genannt).
Die Gesamtheit der Faktoren ist selten aufspürbar. Es wird vermutet, dass einige Hochkulturen durch den eigenen Robbau untergegangen sind, sich also selber das Wasser abgegraben haben (manchmal sogar sehr wörtlich zu verstehen). So etwa in Südamerika, auf der arabischen Halbinsel und in Asien, aber halt auch in Europa und Afrika. Aber die Nachweise sind schwer zu erbringen, da es eh natürliche (und neuerdings auch menschengemachte) Klimaveränderungen gibt, die mal Hand in Hand und mal unabhängig wirken dürften. - Beides ist historisch nur punktuell belegt und dann zumeist als kurze Phase. Beides wirkt nämlich über viele Jahrzehnte und fällt dem einzelnen Menschen darum kaum auf. Dagegen ist die Brandrodung in Urwäldern geradezu plakativ in ihrer Wirkung, da sie nur wenige Jahre fruchtbare Felder liefert. Doch selbst ein Bewusstsein dafür hat sich noch immer nicht durchgesetzt ...

Ein wichtiges Thema, ja. Aber die Menschen reagieren nur auf Katastrophen, die schnell über sie hereinbrechen und wo der Unterschied zwischen vorher und nachher noch in Erinnerung ist. Und das bei einem durchschnittlichen Erinnerungsvermögen, für das sich eine Stubenfliege schämen würde.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram