Film & Fußball
Eine cineastische Mannschafts-Kolumne
Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"
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Ein Leben als Daumenkino II
von Lala
Mit dem Einsetzen der Pubertät, der Entdeckung der Freuden und der Depressionen durch Onanie, der Politik, der Familie, der Gesellschaft sowie der Entdeckung des Zweitausendeins Kataloges und angelsächsisch geprägten Humors wandelte sich mein Comic und Humor Geschmack. Nun standen – was Comics anging - Crumb, Shelton’s Freak Brothers und Seyfried auf der Einkaufsliste. Aber auch Eisner und Spiegelman. Übrigens alle genannten waren s/w - bis auf Seyfried.
Interessanterweise hat Seyfried mit „Kraft durch Freunde“ erst kürzlich einen Comic veröffentlicht, der wieder an seine stärksten – d.h. seine gesellschaftskritischsten und politischsten – Comics erinnert. Besser gesagt: Seyfried hatte endlich mal wieder comicmäßig was auf dem Herzen.
Wenn ich heute die alten Crumb, Eisner und Spiegelman Comics lese, dann lese ich quisi quasi diesen Text in eingefrorenen schwarz/weiß Bildern, versetzt mit Titten, Schwänzen, Bronx und Hakenkroizen, die vom Himmel fallen. Kurzum: ich befinde mich in einer Twilight Zone. Eine Twilight Zone in der ich - Que sera, sera, what ever will be, will be - auf die Katalogwelt und auf Doris Day onaniere aber mich weder die guten Detektive a la Mickey Mouse, Tim und Struppi noch Harry und Platte aufspüren können. Ich bin so unsichtbar wie die Menschen in Will Eisners Universum gemeingefährlicher Absurdi- und Monströsitäten des Alltäglichen.
Crumb hat ein ganzes Panoptikum bigotter Verlogenheit und ein zutreffendes, aber glücklicherweise grotesk-absurd-komisches Universum der eigenen Geilheit entworfen. Knuffige Comic Funny Figuren holen sich pausenlos einen runter, wollen permanent gef t werden und, oder legen obendrein noch Bomben, um den Alltag in die Luft zu jagen. Bzw. flutschen als Kackwanst unter Kackwänsten durch die Kanalisation.
Frosty der Snowman wäre wahrscheinlich heute ein Islamist bzw. ein Bombenterrorist aus dem bitterkomischen Film: The Four Lions. Das aber hat mit dem Medium Comic weniger zu tun, als mit dem Medium Lala.
Als Comics – wenn ich mir das heute nüchtern ansehe - funktionieren die Freak Brothers von Gilbert Shelton am Besten. Wohlgemerkt: als Comic. Spiegelman, Eisner, Crumb benutzen das Medium nicht, um Comic Figuren zu entwerfen, die ein paralelles und gar nicht mal so fremdes Universum durchstreifen, sondern vielmehr, als Refleketionsfläche für ihr eigenes alter ego (und das sehr überzeugend). Art Spiegelman benutzt das Medium kongenial, weil er nicht individualisierbare Stereotype (Katz’ und Maus) benutzt, die aber aufgrund ihrer Geschichte, ihrer Biographie, ihres Individualismus trot aller schwarz-weiß Malerei oder grausamer Vereinfachung (da is tdie Nähe zum Comic) herausragen.
Alle, Spiegelman, Eisner und Crumb, benutzen das Medium Comic für Ver-, Aufarbeitung und Reflektierung, keiner von ihnen ist in der Nähe von Fix und Foxi – selbstverständlich auch nicht Frosty the Snowman oder Mr. Snoid. Wohl aber sind es die Freak Brothers eines Gilbert Shelton. Letzterer kann die Brücke zu den Abrafaxen schlagen. Auch wenn sie stilistisch und inhaltlich weit auseinanderliegen, so kann ich mir sehr leicht eine Abrafax Parodie auf die Freak Brothers vorstellen, aber nicht auf J.J. Jedermann oder auf Eisners Hausmeister im: „Ein Vertrag mit Gott“. Wobei Eisners „A Contract With God“ für mich das Zwischenglied zwischen Comic, Film Noir und Last Exit Brooklyn bildet und sowohl seine Entsprechung im New Hollywood Cinema eines Scorsese, Coppola, de Palma, als auch im immer noch in aktuellen Arbeiten von Lynch und Cronenberg findet – aber eben als Storyboard und nicht als Comic. Aber nicht minder beeindruckend. Eine entsprechende Verfilmung steht m. E. noch aus.
Filme a la „A History Of Violence“ oder „From Hell“ brauchen oder bräuchten daher auch keinen Hinweis auf ihren Ursprung als Graphic Novel, denn sie bedienen sich des Comics nur als Storyboard und vergessen dabei ihren Ursprung.
Dick Tracy, eine alberne Geschichte, aber kein alberner Versuch als Film, versuchte die optischen Mittel, die simplifizierten Figuren eines farbenfrohen und überzeichneten Comics wiederzugeben, bis es der Verfilmung von Frank Millers Sin City endlich gelang, eine Ästhetik zu finden, die dem Comic oder einer in Panels erzählten Geschichte entspricht.
Aber, bevor ich darüber schreibe, muss ich vorher noch was über Richard Corben loswerden.
Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag
"Dick Tracy", dieser alberne, aber nicht lustige, völlige überfrachtete Farbenfilm?
Ha!
Wenn ich dem Spirit unrecht getan habe bzw. durch Unkenntnis vergessen habe, so werde ich das nachholen. Vorher muss ich aber mit Richard Corben fertig werden