Film & Fußball

Eine cineastische Mannschafts-Kolumne


Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"

Donnerstag, 05. Juli 2018, 13:38
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Fanmeilen

von  Dieter_Rotmund


Kürzlich las ich meiner Lieblingszeitung eine kurze Meldung: Man habe sich in Berlin entschlossen, die Fanmeile (hier und da auch "Fan-Meile" geschrieben) nach dem Ausscheiden der deutschen Fußball-Nationalmannschaft (Männer) nicht zu schließen, sondern sie bis zum Finalspiel in Betrieb zu halten.
Hallo? Fanmeile vorzeitig schließen? Ich war doch recht verwundert. Ist Berlin eine provizielle Kleinstadt mit geringsten Ausländeranteil (vielleicht auch noch in Ost-Westfalen gelegen, wo die Menschen zum Lachen in den Keller gehen)? Nein, Berlin geriert sich bekanntermaßen als weltoffene Metropole von internationalem Format. Dennoch hat man darüber nachgedacht, die Fanmeile dicht zu machen, obwohl vor dem Beginn der Achtelfinalspielen noch 16 Mannschaften mitmischten, davon nicht wenige aus dem umgebenden Europa.
Das hat mich auf einen Umstand gebracht, den ich persönlich nicht ganz nachvollziehen kann, man aber respektieren muss: Ein Großteil der bundesdeutschen Bevölkerung ist dahingehend oft von Kindesbeinen an darauf konditioniert, Fußballspiele nur mit einer eindeutigen Parteinnahme zu besuchen und/oder zu betrachten. Oder wie es ein Freund von mir einfacher ausdrückte: "Wenn ich nicht mit einer der Mannschaften mitfiebern kann, interessiert mich das Spiel nicht".
Das ist einerseits nachvollziehbar: Eine emotionale Teilhabe birgt die Möglichkeit eines Gemeinschaftserlebnisses (aktueller Begriff dazu: Lagerfeuer), das in beiden Fällen funktioniert: Gewinnt die favorisierte Mannschaft, so kann man mit den anwesenden anderen Anhängern, seien sie auch noch so unbekannt, feiern und fröhlich sein. Mit Sprechchören, Gesang und Schwenken von Symbolen der siegreichen Mannschaft auf Flaggen und Schals. Verliert die favorisierte Mannschaft, kann man gemeinsam tiefbetrübt sein, wahlweise auch gemeinsam schimpfen (z.B. "So grottenschlecht haben die noch nie gespielt!"). EIne Win-Win-Situation also.
Andererseits bringt die einseitige Teamfavorisierung den Zuschauer auch um fabelhafte Spiele, die tor- und actionreich sind (aber eben ohne eine favorisierte Mannschaft). Wobei ja die TV-Quoten bei WM-Spielen ohne deutsche Beteiligung in den letzten Jahren besser geworden sein sollen.
Dabei ist es ja gar nicht so schwer, sich für eine Mannschaft zu entscheiden, wenn man das denn möchte, auch kurzfristig: Man schaut in die Tabelle (Underdogs den Daumen zu drücken macht meist mehr Spaß) oder man verteilt seine Zuneigung anhand eher fußballfremder Argumente: Mir persönlich z.B. würde es sehr schwerfallen, für die iranische Fußball-Nationalmannschaft zu sein, weil diese und deren Verband den Frauenfußball (gehe ich gerne hin, Stimmung immer friedlich, dennoch wird mit Heissblut gespielt) im eigenen Land massiv behindert. Oder ich bin z.B. lieber für Kräuter Fürth. Einfach nur deswegen, weil die so einen lustigen Namen haben. Ist doch auch okay, oder?

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Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag

Stelzie (55)
(05.07.18)
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 Dieter_Rotmund meinte dazu am 05.07.18:
Ja, es muss "Underdogs" heissen, vielen Dank, hab's korrigiert!
Graeculus (69)
(05.07.18)
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 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 05.07.18:
Danke, hab's korrigiert!
RedBalloon (58)
(05.07.18)
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