Hunger

Text

von  Ricardo

Ich kann nicht gleichzeitig denken und schreiben. Ich kann vor allem nicht alleine schreiben. Keiner hat mehr Arbeit in diesem geheiligten Land. We're god's own country. Wir haben Hunger, Hunger, Hunger. Weißt Du, wie es sich anfühlt auch nur daran zu denken, bald Zigaretten drehen zu müssen? Es ist furchtbar. Das ist die Angst des Kleinbürgers, schätze ich.
Deine Matratze ist genauso durchgelegen, wie meine. Beide habe ich gekauft. Vielleicht verstehe ich mich nicht so gut aufs Matratzenkaufen. Mit Dir auf Matratzen liegen kann ich aber gut. Das ist vielleicht sogar alles.
Manche Leute fangen Sätze erstaunlich oft mit "ich" an. Manche Leute fangen Sätze erstaunlich oft mit "Du" an, was auf das Gleiche hinausläuft.
Ich trinke Bier. Du trinkst Bier. Haben Hunger, Hunger, Hunger, haben Durst.
Manche Leute sind erstaunlich. Gehen in ein Theater und lachen an den falschen Stellen. Lachen über die Frau, die nicht lesen kann, weil sie die Personifikation des Publikums ist, lachen über den Mann, der liebt, weil sie die Personifikation von gar nichts ist.
In der Stadt mit der höchsten Kriminalitätsrate in Deutschland fahren erstaunlich viele Porsche herum. Die Porsche stehen in den Einfahrten der Einfältigen. Zu sagen, die Deutschen seien autofixiert stimmt zwar. Aber nur, wenn es sich nicht auf Autos bezieht. Zumindest nicht im internationalen Vergleich und darum geht es doch letzendlich, oder?
Wenn Du nicht hier bist, dann geht es mir beschissen. Ich möchte nur noch Bier trinken, rauchen, wo bleibt der Käse, Käse, Käse, bleibt der Käse, Käse, Käse, bleibt der Käse, Käse, Käse, bleibt die Wurst? Da Du selten hier bist, geht es mir meistens beschissen. Da Du selten hier bist, trinke ich meistens Bier. Da Du selten hier bist, rauche ich unheimlich viel. Wenn man den Punkt erreicht hat. Wenn man den Punkt erreicht hat, verzweifelt man zwangsläufig, weil man niemandem die Schuld geben kann. Schuld ist ein abstrakter Begriff, genau wie Geld, Glück, Liebe, Genital, Wurst und Bier. Ich habe Hunger.
Ich will nichts mehr. Ich will alles. Das ist eine Tautologie.

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text

neinneigung (33)
(06.11.08)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Ricardo meinte dazu am 07.11.08:
Dabei habe ich noch extra auf sie hingewiesen.
neinneigung (33) antwortete darauf am 07.11.08:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Ricardo schrieb daraufhin am 07.11.08:
Du unterstellst mir, dass Du nichts verstanden hast? Ich glaube, dann trifft eher a) zu.

Du hast aber nicht völlig Unrecht, denn "Ich will nichts mehr und ich will alles.", also in einem Satz, würde durchaus noch mehr (also zu mehr als 99%) einer Tautologie entsprechen, dabei hätte ich allerdings eine durchaus unbefriedigende Satzstellung in Kauf nehmen müssen.
Im Prinzip geht es aber auch eher darum, dass "Ich will nichts mehr." und "Ich will alles." die gleiche Bedeutung hat und darum, dass es eine Tautologie ist, wenn ich es sage.

"Warum hast Du als Schlußsatz dann nicht: "Das hat die gleiche Bedeutung genommen?""
Das wäre ja 1. ganz schön langweilig und 2. finde ich es interessant, mit der Tatsache zu spielen, dass dem Leser, durch den Hinweis auf eine rhetorische Figur (ob sie nun als solche oder als zynischer Verweis auf Was-auch-immer im Text vorhanden ist), die Möglichkeit genommen wird, das Gedicht textimmanent zu lesen und zu interpretieren. Das unterstützt die Kritik an textimmanenten Interpretationen, die ich bereits damit eingeläutet habe, dass ich den Leser explizit auf die Tautologie hinweise, sie ihm sozusagen aufdränge, so wie Dir. Wenn sich einer daran stößt, dann nur, weil er sich die restlichen 1% Tautologie-Eigenschaft (nämlich, dass der ganze Kram in einem Satz steht) nicht hat aufzwingen lassen, was wiederum von seiner Interpretationsfähigkeiten und seiner Leistung zu abstraktem Denken zeugt. Ich gratuliere Dir also herzlich. Herzlichen Glückwunsch.
Schöner wäre jedoch gewesen, wenn Du Dir das alles hier hättest denken können.

"Warum redest Du denn jetzt auf einmal so dumm daher?"
Ich kann nicht anders.
(Antwort korrigiert am 07.11.2008)
neinneigung (33) äußerte darauf am 07.11.08:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
ungesagt (34)
(10.12.08)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram