Wehemir und Zerfahrenheit Teil 5
Text zum Thema Zuversicht
von franky
Keiner wußte vom andern, wie lange sie im Rinnsal gelegen hatten. Wehemir war so weh und ach zu mute. Er zählte mit der einen Hand die Rippen, auf der einen Seite sieben, auf der anderen sieben; nein, die Ruhe nahm ein rasches Ende.
Ein gellender Glockenton schlug ihm eine fertige Stunde um die Ohren, er schickte sich an die nächste Hälfte auf der anderen Seite liegend zu ertragen. Das Rinnsal wollte ihm Trost spenden, er ließ es aber ungehört an seinem rechten Ohr vorüber ziehen. Sein ungebrochenes Auge fiel nun auf den nahe vorbeiführenden Fluß. Es war keine Täuschung, da schwamm Zerfahrenheit auf seinen samtroten Butterkegeln, seine mageren Beinen darüber verschränkt, er löffelte mit einem grünen Blatt Flüssigkeit in seinen Mund.
Der Fluß war anscheinend bereit beide aufzunehmen und ans Ziel zu tragen. Wehemir setzte sich auf den Stiel seiner Axt; so schwammen sie gemeinsam. Wehemir hatte noch keinen Hunger. Er sann auf Rache und Vergeltung. Er wollte ein vermeintliches Unrecht heimzahlen. Er betrachtete sich teilnahmslos im Spiegel des freundlichen Flusses.
Übrigens waren sie nicht allein, hier schwammen noch Alltag und Feiertag friedlich neben einander, die konnten sich sonst nicht ausstehn. Unten am Flußbett hatte sich breites Wissen angesetzt. Moosig, glitschig, unhandlich. Zerfahrenheit summte sogar schon ein längst nicht mehr aktuelles Lied, aber es war ein Lied, das so richtig seiner Brust die Sehnsucht entlockte.
Wehemir hob für einen Augenblick sein verhärmtes Auge. Da sah er in unberechenbarer Ferne das Pferd mit der entflohenen Frau. Wild hob er seine Axt und schwang sie über seinem Kopf, fast hätte er nicht bemerkt, dass er langsam im Fluß versank. Er vergass auch ein grollendes Herz braucht ein Schiff.
Zerfahrenheit konnte ihn aber bald wieder ins rechte Lot bringen. So beruhigt zogen sie weiter ohne von Lunte oder Besenbein gefordert zu werden. Sie hatten beide keine Angst, sie hatten sie überwunden. Es war ein Berg mit Steigung und Gefälle, beides erreichbar und vergänglich. Es ging so ein und dem selben Tag auf und nieder, die Sonne ging im Westen auf, im Osten unter, dann wieder umgekehrt. Es schien der Jüngste Tag und die älteste Nacht zu sein.
Da kniff der Himmel sein Auge zusammen und ließ die Sonne untergehn. Eine Totenstille hing zittrig in der Luft. Der Wind frass die Gärten leer, Die Steine wuschen sich ihr hundertjäriges Gesicht.
Wehemir band sich mit der Haarstaude an Stiel seines Beiles fest. Zerfahrenheit schlotterte im Wind, er konnte sich mit nichts befestigen, ausser mit den Händen an seinem samtrotem Butterkegel. Es fiel Regen auf Dach und Wiesen.
Die Bosheit am Ufer lachte sich ein paar Fäustchen aus dem Gesicht und machte sich bereit, einem der beiden an den Kragen zu springen, die Entfernung war aber anscheinend noch zu groß. Der rote Prinz stand traurig unter einer Birke. Er weinte, weil der Sturm ihn daran hinderte, das Abendrot am Himmel zu verstreuen.
Der greise Zaunkönig packte seine Noten ein, es hatte keinen Sinn, bei dieser Witterung konnte ja doch niemand sein Lied erhören. Wehemir und Zerfahrenheit trieb es im wildesten Tempo an allem vorbei. Sie fragten den Fluß, ob er vielleicht böse sei. Der konnte sich zu keiner Antwort entschließen, der Wind hatte seinen buschigen Bart straff an den Boden gepresst.
Bei diesem Anblick könnte einem noch ängstlicher zumute werden. Aber die beiden am Fluß hatten keine Angst. Oder doch? Langsam begann die Angst am großen Zehen des Wehemir zu nagen. Er wollte sie abschütteln. Aber wen die Angst einmal mit ihren Krallen erfasst hat, der muß sie austrinken bis zur Neige. Im halsbrecherischsten Tempo ging es unter einer Brücke durch, Zerfahrenheit riß es den Hut vom Kopf. Wehemir stieß mit seiner Axt an einen Pfeiler, der schrie auf und taumelte vorbei. Der Fluß streckte Zerfahrenheit einen Ast vom Ufer vor die Nase, er ergriff ihn und schwang sich ans Ufer. Lange nachher hatte er noch das Gefühl, vom Wogen und Schweben. Wehemir schrie ihm noch etwas zu, aber sein Rufen ging unter im Getöse des Flusses. Noch keuchend setzte er sich auf einen ausgedorrten Wurzelstock, den Butterkegel neben sich.
Ein gellender Glockenton schlug ihm eine fertige Stunde um die Ohren, er schickte sich an die nächste Hälfte auf der anderen Seite liegend zu ertragen. Das Rinnsal wollte ihm Trost spenden, er ließ es aber ungehört an seinem rechten Ohr vorüber ziehen. Sein ungebrochenes Auge fiel nun auf den nahe vorbeiführenden Fluß. Es war keine Täuschung, da schwamm Zerfahrenheit auf seinen samtroten Butterkegeln, seine mageren Beinen darüber verschränkt, er löffelte mit einem grünen Blatt Flüssigkeit in seinen Mund.
Der Fluß war anscheinend bereit beide aufzunehmen und ans Ziel zu tragen. Wehemir setzte sich auf den Stiel seiner Axt; so schwammen sie gemeinsam. Wehemir hatte noch keinen Hunger. Er sann auf Rache und Vergeltung. Er wollte ein vermeintliches Unrecht heimzahlen. Er betrachtete sich teilnahmslos im Spiegel des freundlichen Flusses.
Übrigens waren sie nicht allein, hier schwammen noch Alltag und Feiertag friedlich neben einander, die konnten sich sonst nicht ausstehn. Unten am Flußbett hatte sich breites Wissen angesetzt. Moosig, glitschig, unhandlich. Zerfahrenheit summte sogar schon ein längst nicht mehr aktuelles Lied, aber es war ein Lied, das so richtig seiner Brust die Sehnsucht entlockte.
Wehemir hob für einen Augenblick sein verhärmtes Auge. Da sah er in unberechenbarer Ferne das Pferd mit der entflohenen Frau. Wild hob er seine Axt und schwang sie über seinem Kopf, fast hätte er nicht bemerkt, dass er langsam im Fluß versank. Er vergass auch ein grollendes Herz braucht ein Schiff.
Zerfahrenheit konnte ihn aber bald wieder ins rechte Lot bringen. So beruhigt zogen sie weiter ohne von Lunte oder Besenbein gefordert zu werden. Sie hatten beide keine Angst, sie hatten sie überwunden. Es war ein Berg mit Steigung und Gefälle, beides erreichbar und vergänglich. Es ging so ein und dem selben Tag auf und nieder, die Sonne ging im Westen auf, im Osten unter, dann wieder umgekehrt. Es schien der Jüngste Tag und die älteste Nacht zu sein.
Da kniff der Himmel sein Auge zusammen und ließ die Sonne untergehn. Eine Totenstille hing zittrig in der Luft. Der Wind frass die Gärten leer, Die Steine wuschen sich ihr hundertjäriges Gesicht.
Wehemir band sich mit der Haarstaude an Stiel seines Beiles fest. Zerfahrenheit schlotterte im Wind, er konnte sich mit nichts befestigen, ausser mit den Händen an seinem samtrotem Butterkegel. Es fiel Regen auf Dach und Wiesen.
Die Bosheit am Ufer lachte sich ein paar Fäustchen aus dem Gesicht und machte sich bereit, einem der beiden an den Kragen zu springen, die Entfernung war aber anscheinend noch zu groß. Der rote Prinz stand traurig unter einer Birke. Er weinte, weil der Sturm ihn daran hinderte, das Abendrot am Himmel zu verstreuen.
Der greise Zaunkönig packte seine Noten ein, es hatte keinen Sinn, bei dieser Witterung konnte ja doch niemand sein Lied erhören. Wehemir und Zerfahrenheit trieb es im wildesten Tempo an allem vorbei. Sie fragten den Fluß, ob er vielleicht böse sei. Der konnte sich zu keiner Antwort entschließen, der Wind hatte seinen buschigen Bart straff an den Boden gepresst.
Bei diesem Anblick könnte einem noch ängstlicher zumute werden. Aber die beiden am Fluß hatten keine Angst. Oder doch? Langsam begann die Angst am großen Zehen des Wehemir zu nagen. Er wollte sie abschütteln. Aber wen die Angst einmal mit ihren Krallen erfasst hat, der muß sie austrinken bis zur Neige. Im halsbrecherischsten Tempo ging es unter einer Brücke durch, Zerfahrenheit riß es den Hut vom Kopf. Wehemir stieß mit seiner Axt an einen Pfeiler, der schrie auf und taumelte vorbei. Der Fluß streckte Zerfahrenheit einen Ast vom Ufer vor die Nase, er ergriff ihn und schwang sich ans Ufer. Lange nachher hatte er noch das Gefühl, vom Wogen und Schweben. Wehemir schrie ihm noch etwas zu, aber sein Rufen ging unter im Getöse des Flusses. Noch keuchend setzte er sich auf einen ausgedorrten Wurzelstock, den Butterkegel neben sich.