Der Prinz der Herzen

Märchen zum Thema Menschlichkeit

von  Fuchsiberlin

Es war einmal ein kleiner Prinz....

Dieser lebte mit seinem Vater, der von seinem Volk aufgrund seiner ausbeuterischen und egoistischen Regentschaft über sein Reich gefürchtet wurde, in einem Land weit weg von dem unsrigen.

Dieses Land des kleinen Prinzen war nur über das Erklimmen von neun Bergen, das Durchschreiten von sieben Wäldern, und das Überqueren eines goldigschimmernden Sees zu erreichen.

All das, was sein Volk besaß, dies wollte auch der gierige König besitzen.

Aus diesem Grund sandte er am siebenten Tag jeder Woche, und dies mit dem ersten Sonnenstrahl des Tages, seine Gesandten mit seiner furchteinflößenden Heerschar von Rittern aus, damit sie dafür sorgten, dass seine Gier befriedigt wurde.

Im Lauf der Jahre nahm dieser unbarmerzige Herrscher somit immer mehr seinen Untertanen von ihrem Hab und Gut weg.

Eines Tages jedoch ereignete sich eine Begebenheit,
welche das Leben des kleinen Prinzen fortan verändern sollte.

Wie so oft schon zuvor spielte er am Morgen mit der Tochter der Küchenmagd in der prächtig ausgestatteten Hofküche

Auf einmal klopfte es sehr verhalten an der Tür...

Der kleine Prinz öffnete neugierig den Eingang zum Paradies der hungrigen Mägen.

Vor ihm stand ein total erschöpfter, alter und grauhaariger Mann, dessen Alter kaum zu schätzen war.

Dieser alte Mann mußte einen langen Weg hinter sich haben. Eine traurig anmutende Gestalt erblickte der kleine Prinz.

Die Kleidung des alten Mannes kannte vor langer Zeit wohl auch schon bessere Zeiten, und seine Stiefel wurden nur noch durch ein Provisorium von Lederflicken zusammengehalten.

Der alte Mann fragte ruhig aber mit zittriger und leiser Stimme:

"Lieber kleiner Prinz, ich komme von einem Dorf in deines Vaters Reich. Es liegt drei Wälder und vier Sonnenuntergänge von dem Schloß entfernt.
Dein Vater nahm uns alles , was wir je besessen haben. Wir hungern und können nur noch durch Betteln überleben.
Habt Gnade, kleiner Prinz und schenkt uns etwas zu essen."

Der kleine Prinz schaute erst den alten Mann, dann die Tochter der Magd an, und es herrschte eine stumme Übereinkunft.

Der Sohn des bösen Königs sammelte zusammen mit seiner Spielgefährtin alles ein, was er an Essbarem und Trinkbarem fand, packte es in zwei große Jutesäcke und rief dem Wachtposten zu

"Gebt diesem Mann hier eine Kutsche, ladet all die Säcke auf, und schenkt ihm aus unserem Lager noch
zwei Säcke Saatgut und aus unserem Stall zwei Gänse, zwei Schafe, 4 Hühner und drei Ziegen. Dann fahrt ihn mit all diesen Gaben in sein Dorf.

Der Soldat tat wie ihm befohlen.

Dem alten Mann kullerten ein paar Tränen übers Gesicht, und mit weicher und immer noch zittriger Stimme bedankte er sich beim kleinen Prinzen:

"Habt großen Dank kleiner Prinz, das werden wir euch nie vergessen. Wenn euch die Not einmal heimsuchen sollte, bei uns werdet ihr immer offene Türen vorfinden".

Als die Küchenmagd vom Einkauf auf dem Markt am Schloßvorplatz heimkam und die Bescherung sah, schlug sie die Hände über den Kopf und stammelte nur:

"Wenn das der König erfährt, dann werden wir Buße tun müssen und alles verlieren."

Mittlerweile sprach sich die gute Tat des kleinen Prinzen im Schloß herum.
Diese drang bis an die Ohren des mächtigen Herrschers.

Voller Zorn befahl er seinen Sohn zu sich. Der kleine Prinz tat wie ihm aufgetragen wurde und begab sich in die herrschaftlichen Gemächer seines Vaters.

Als sein Vater ihn sah, brüllte er in seinem Zorn so laut, dass es die alten ehrfürchtigen Schloßmauern erbeben ließ:

"Mein Sohn, ich verbanne dich aus meinem Schloß, du sollst zu denen gehen, denen du meinen Reichtum in den Rachen geworfen hast".

Der kleine Prinz, ganz verstummt, verließ den Königssaal der goldfarben glitzernden Gier, und über sein Gesicht kullerten Tränen.

So grausam sein Vater auch war, aber er liebte ihn doch, es war schliesslich sein Vater.

Hinter dem kleinen Prinzen schlossen sich die schweren Tore des Schlosses. Er wanderte ohne Ziel drauflos.

Im ersten Wald begegnete ihm eine Schar dunkler Gesellen, die wohl nichts Gutes im Schilde führten.
Sie wollten gerade ihre Messer zücken, als der kleine Prinz in ruhigem Ton zu ihnen sprach:

"Ich schenke euch meine kleine Prinzenkrone und mein edles Übergewand, damit ihr es zu Essbarem umwandeln könnt."

Den dunklen Gestalten verschlug es die Sprache, und bei manch einem dieser hartgesottenen Burschen
kullerten gar ein paar Tränen...

Der Prinz traf auf seinem weiteren Weg im zweiten Wald einen kleinen Jungen, der in seiner Körperstatur fast ein Ebenbild des Prinzen darstellte.

Dieser kleine Junge zitterte vor Kälte am ganzen Leib, denn er trug nur ein dünnes Leibchen und eine zerfetzte Hose, welche aus vielen einzelnen Stoffteilen zusammengenäht war. Aus seinen Hosenbeinen lugten keine Stiefel, nein nicht einmal Schuhe bedeckten seine Füße.

Ohne zu zögern kam der folgende Satz über die Lippen des kleinen Prinzen:

"Komm wir tauschen die Kleidung, meine edle Prinzenkleidung benötige ich ja nun nicht mehr und meine Stiefel schenke ich dir auch, damit du nie mehr zu frieren brauchst"

Nun wanderte der kleine Prinz barfuss und bald auch frierend in den letzten Stoffteilen des kleinen Jungen weiter.

Im dritten Wald angekommen, da entdeckte er einen kleinen Fuchs, einen Jungfuchs, der hilflos vor dem Verhungern stand. Es schien nur eine Frage der Zeit zu sein, bis dieser ausgemergelte Körper des Fabeltiers den letzten Atemzug erleben würde.

Der kleine Prinz dachte im Stillen:

"Auch die Tiere dieses Reiches haben ein Recht auf Leben. Ich nehme den kleinen Fuchs mit und verhülle ihn mit meinem Hemd, damit er nicht erfriert, und gebe ihm die Hälfte meines letzten Laibes Brot."

Nach dem mühsamen Durchschreiten von 3 Wäldern und nach 4 Sonnenuntergängen, da entdeckten seine Augen von weitem ein Licht.

Er ging, obwohl total erschöpft und vor Kälte zitternd, schneller, um zu sehen, was es mit dem Licht, welches sich nun immer näherkommend zu einem Lichtermeer vergrößerte, auf sich hatte.

Im strahlenden Glanz dieses hellen Scheins der vielen unzählbaren Lichter angekommen, bemerkte er, dass er in einem Dorf gelandet war.

Er klopfte an die Tür des ersten Hauses.

Ein kleiner Junge öffnete ihm und rief "Großvater, wir haben Besuch.", und bat den kleinen Prinzen in dieses Haus.

Als er eintrat und den alten Mann mit dem grauem Haar erblickte, kullerten dem kleinen Prinzen vor Freude Tränen über das Gesicht.

Es war der alte Mann, der damals hilfesuchend an der Küchentür des Schlosses anklopfte und dem er half, und dafür von seinem Vater in die Verbannung geschickt wurde.

Der alte Mann begrüßte ihn mit ruhiger, sanfter Stimme:

"Mein kleiner Prinz, sei herzlich Willkommen, dank deiner großzügigen Gaben müssen wir nun nicht mehr hungern" .

Dem alten Mann wurde schnell bewußt, warum er den Prinzen in diesem traurig ausschauenden Zustand sah:

"Kleiner Prinz, dein Vater verstieß dich für die Tat eines großen Prinzen, eines Prinzen aller Herzen!
Wenn der Tag kommt, und du auf den Thron dieses Reiches steigst, wird dies das Land der Herzlichkeit werden!
Solange wirst du bei uns leben und aufgenommen werden wie mein eigener Enkel."

Und so verstrichen viele Jahre und der Prinz gewann bei diesem alten Mann, der Herzensgüte ausstrahlte, sein Lächeln wieder.

Eines Tages starb der Vater des kleinen Prinzen, der machthungrige König diesen Landes, in großer Einsamkeit.

Der nun mittlerweile große Prinz bestieg als rechtmäßiger Nachfolger den Thron seines Vaters.

Seitdem der ehemals kleine Prinz das Land regiert, fand die Armut ein Ende, und der Hunger wurde ins Nirvana verbannt.

Kein Untertan, der für ein Laib Brot betteln gehen muß.
Und wenn ein Mensch Hunger verspürt, dann ist er immer in der Küche des Königs der Herzen willkommen.

Und wenn er nicht gestorben ist...

...dann lieben ihn heute noch der alte grauhaarige Mann, den er und dessen Familie vor dem Hungertod rettete,  die dunklen Gestalten des Waldes, die beim König der Herzen  mittlerweile zu ehrbaren Wachleuten wurden, der kleine Junge, der in den Stiefeln des Prinzen wieder nachhause fand, und der Jungfuchs, den er vorm Verhungern rettete und der mittlerweile eine kleine Familie gegründet hatte.

Jörg S.


Anmerkung von Fuchsiberlin:

Dieses Märchen verfasste ich vor vielen Jahren.
Es gehört zu meinen ersten Texten, die ich schrieb.

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Kommentare zu diesem Text

seelenliebe (52)
(23.10.09)
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 Fuchsiberlin meinte dazu am 23.10.09:
Liebe Anne,

ja, die Menschlichkeit, das Für-und Miteinander, es ist so sehr wichtig für eine Gesellschaft - für sehr viele Menschen -.

Menschlichkeit zu leben, es muß kein Geld kosten, denn diese wird von Herz zu Herz (weiter-)gegeben.

Uiii, Du machst mich ein bisschen verlegen, ich danke Dir ganz lieb für Deine sehr lieben Worte und Deine mich berührenden Zeilen.

Ja, so fing ich einst mit dem Schreiben an.

Ich danke Dir ganz lieb, und schicke Dir eine Sonne, die mit einem Lächeln auf dem Regenbogen für Dich tanzt.

Ganz liebe Grüsse
Jörg
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