Epizentrum

Text zum Thema Liebe und Tod

von  Arawn

Illustration zum Text
(von Arawn)
Das Auto kam zum stehen, endlich waren sie da. Er öffnete die Tür und sah sich noch einmal im Auto um. Keiner der vier bewegte sich und es schien, als würden sie in ihrer letzten Bewegung verharren, aber es kümmerte ihn nicht. Er verließ sie, trat mit seinem linken, kranken Fuß auf den harten Steinboden auf und betrachtete das Haus, vor dem sie gehalten hatten. Schon einmal war er hier ausgestiegen und hatte auf diese grauen Mauern geblickt, die nun so Erinnernungsträchtig waren.
Erst den kleinen Vorgarten, mit seiner blütenlosen Wiese passierend, öffnete er die Tür und ein Kribbeln befiel seine Hand. Es sah genau so aus, wie er es in Erinnerung hatte. In der Mitte des Wohnzimmers, welches einem direkt ins Auge fiel, sobald man das Haus betrat, saßen seine vier Mitreisenden an einem Tisch, jeder ein Glas in der Hand, zum Anstoß erhoben. Da saßen sie... Auf der rechten Seite, seine zwei Geliebten, auf der linken Seite, die Eltern einer seiner Geliebten. Wieder bewegten sie sich nicht, die Gläser immer noch erhoben. Er tat einen Schritt zu ihnen und plötzlich schwand das Sonnenlicht aus dem Haus und die Deckenlampen gingen an. Nun saßen die vier auf einer Couch, seine zwei Geliebten eng umschlungen und blickten stumm und regungslos auf den Fernseher, der sich ihnen gegenüber befand, jeder von ihnen, mit einem Ausdruck purer Zufriedenheit auf dem Gesicht.
Eine Träne rann ihm übers Gesicht. Sie erreichte sein Kinn, tropfte hernieder und verharrte, ebenso wie seine Mitreisenden, mitten in der Luft. Er schloss seine Hand um die Träne, die nun von fester Konsistenz war und ging auf seine Geliebten zu, die so glücklich schienen.
Nun stand er vor ihnen, die Gesichter jetzt einander zugewandt und kniete sich hin.
Das Gesicht zum Boden gerichtet, öffnete er seine Hand, in der sich die Träne befand und reichte sie den Geliebten. Die Köpfe der zwei drehten sich im Zeitraffer und ihre Bewegungen verschwammen. Die Glückseligkeit, die bis eben noch ihre Gesichter zierten, verschwand und machte der Trauer platz. Sie sahen ihn an, voller Mitgefühl, bewegten sich aber nun nicht mehr. Tränen flossen aus ihren trauerstarren Augen, wie Wasserfälle und überfluteten das ganze Haus. Er schloss die Augen und Meeresrauschen drang ihm sanft in die Ohren, woraufhin er sie sogleich wieder öffnete. Hier war nichts stumm oder regungslos. Vor ihm erstreckte sich das Meer und brauner Sand und Gischt umspielten seine Füße.
Der Wind blies ihm seine Haare aus dem Gesicht und er blickte zu dem vanillefarbenen Horizont, der ihm, wie das Haus, so vertraut war.
Er spürte, dass er etwas in seinen beiden Händen hielt und öffnete diese. In der Einen befand sich eine Kette, mit einem silbernen Baum daran, in der anderen, ebenfalls eine Kette, mit einem goldenen Dreieck. Plötzlich wusste er, was er zu tun hatte. Er Küsste beide Ketten, und jeder Kuss schien, anstatt Metall, weiche Lippen zu treffen, die ihn sanft verabschiedeten.
Beide warf er ins Meer und nun fühlte er sich, als wäre jedwede Last von ihm genommen.
Er ging weiter ins Wasser... Es war Zeit aufzuwachen, doch er lächelte nur.
„Diesmal werde ich nicht aufwachen... Nie wieder...“


Anmerkung von Arawn:

Dieses Lied habe ich während des Schreibens in einer Dauerschleife laufen lassen:
http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=OmBbGpsUOIU

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