Bahnhofsabschied

Kurzprosa zum Thema Abschied

von  Kopfkaese

Ich hasse Bahnhofsabschiede. Damit werde ich mich wohl kaum von anderen Menschen unterscheiden, zumal wohl jeder Mensch Abschiede verabscheut. Liegt wahrscheinlich an der Sache selbst. Man muss sich trennen. Doch hat man am Bahnhof nicht die Zeit, die man bräuchte, um sich vom anderen, in meinem Falle „ihm“, zu verabschieden. Zwischen uns liegt der rücksichtlos kalte Fahrplan des Zuges, der sich einen Dreck darum schert, ob ich schon bereit bin loszulassen.
Für den einen mag ein Hollywoodesker Abschied am Bahnhof vielleicht das Sahnehäubchen der bitteren Romantiktorte sein. Ich für meinen Teil kann mich in jenem Moment nicht in meine Emotionen fallen lassen, wenn ich doch nicht den Zug verpassen möchte.
Ich steige ein, gebe ihm einen letzten Kuss und betrete das Abteil, um festzustellen, dass dort nur 1.Klasse-Sitze sind. Ich drehe um, schreite weiter durch den Zug, während er parallel draußen neben den Gleisen neben mir hergeht. Da ich es bemerke, muss ich schmunzeln. Er sieht mich an und auch sein Gesicht zeugt von derselben Emotion, die auch meine Mimik zu kontrollieren vermag. Ich setze meine Suche nach einem geeigneten Sitzplatz fort und bin froh, dass mich sein Gesicht, wenn auch unterbrochen durch nicht verglaste Stellen, dabei begleitet.
An der nächsten Einstiegstür wartet er schon auf mich. So langsam müsste der Zug aber mal losfahren. Ich steige eine Stufe hinab, halte mich mit beiden Händen an zwei sich seitlich von mir befindenden Stangen fest, lehne mich dann nach vorne, um nun den wirklichen Abschiedskuss zu empfangen. Anschließend geht er.
Jetzt im Nachhinein wäre es doch viel romantischer gewesen, ihn während der Anfahrt des Zuges durch das Fenster beim immer kleiner werden zu beobachten. Die romantischsten Szenarien treffen natürlich im echten Leben nie ein und man denkt sie sich erst im Nachhinein! Aber wäre ich bei solch einem sogenannten traumhaften Abschied nicht vor innerlichem Schmerz gestorben? Ich vermute ja, denn ich versuche meistens eine schmerzhafte Dehnung des Abschiedsvorgangs zu vermeiden. Immerhin reiß ich mir doch auch nicht im Zeitlupentempo ein Pflaster von der Haut, wenn ich das auch kurz und schmerzlos machen kann. Springender Punkt: über das abgezogene Pflaster werde ich im Nachhinein sicher nicht so viel nachdenken wie über ihn...
Die Zeit, die mir der Fahrplan klaut, erhalte ich im Zug sowieso wieder zurück, wenn ich leicht melancholisiert über so einen Scheiß nachdenken kann, den ich gerade niederschreibe und dabei auf das absolut hässliche Flachland blicke, das mit industriellen Gebäuden beschmutzt an mir vorbeirauscht.
Doch war das jetzt wirklich „schlechter“, als ein „echter“ Abschied?
Ich glaube zum Entschluss zu kommen, dass es hierbei keinen Unterschied gibt. Es ist so oder so schmerzhaft und ich werde morgen schon darüber hinweg sein(?).
Bevorzugt ist in meinem Falle jedoch die „Kurz und schmerzlos“-Variante, da es mir dann wenigstens so vorkommt, als ob der Abschied als keine große Sache in meinem Hirn erst einmal anderen Prioritäten untergeordnet wird.
Aber es kommt mir eben nur so vor. Ich bevorzuge diese Methode wohl nur deshalb, da ich wahrscheinlich Angst vor den Schmerzen eines wirklich langgedehnten Abschieds habe. Doch auf der anderen Seite wünsche ich mir diesen im Nachhinein herbei...!
Ob Trennung, Verlust oder Abschied. Es ist immer schwer. Doch immerhin bringt uns der Zug, der uns so gewaltvoll auseinanderriss, letztendlich wieder zusammen.


Anmerkung von Kopfkaese:

Geschrieben auf der Fahrt in der Alex-Bahn von Regensburg nach Landshut.

Was man nicht alles tut, wenn man keinen MP3-Player im Zug hat oder ein Buch zum lesen.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (23.03.20)
Etwas arg verkopfter Schluss, zudem ist es kein guter Stil, einen Text mit "Ich" zu beginnen.
Ansonsten gerne gelesen.
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