Abgefuckte Welt

Text zum Thema Abgrund

von  Muuuzi

Es war kein Geheimnis, dass der Mann schon seit Jahren allein mit den Vögeln lebte. Das große Haus hatte er von seiner Mutter geerbt. Er hatte eine ganze Sammlung von den seltenen Wellensittichen, die er ganz besonders mochte. Sie waren für ihn wie Kinder.
Er hatte keine Arbeit. Er lebte heruntergekommen und zurückgezogen. Er brauchte nicht viel. Er hatte genug geerbt, um über die Runden zu kommen.
Er war sehr mager, dieser Mann. Sein langer Bart war ungepflegt und seine Haut fettig. Er war nicht schön. Doch er musste auch nicht schön sein. Die Vögel liebten ihn, denn sie sangen aufgeregt bunte Lieder, wenn er ihnen Futter brachte oder mit ihnen spielte.
Doch eines Tages kamen Männer in sein Haus und brachten die Vögel um. Der Mann war sehr traurig und nahm sich daraufhin das Leben. Weshalb die unbekannten Männer diese Tat verübten, war unklar.
Bevor er sich selbst richtete, hinterließ er einen Brief in dem diese Worte standen: Wenigstens habe ich meine Katze in Sicherheit gebracht!
Eine junge Frau, die in dem Dort lebte, kannte ihn gut und hatte Mitleid. Er war immer sehr nett gewesen. Er hat liebevoll von seinen Vögeln gesprochen.
Sie nahm die Katze zu sich. Sie fand sie vor ihrer Haustür.
Niemand im Dorf konnte diese Tat der Vogelhasser verstehen. Jeder hatte Mitleid mit dem schwachen Mann, der ohne seine Vögel nicht leben konnte. Doch auch sein Selbstmord war für die Meisten ein Rätsel.
Ein fremder Mann kam eines Tages auf die junge Frau zu. Er war dick. Sein Haar schon grau und spärlich.
Er sprach mit einem besonderen Dialekt. Doch die junge Frau konnte ihn nicht zuordnen.
„In diesem Dorf gibt es keinen Platz für Wälder und Wiesen.“, sagte er nur.
„Was meinen Sie?“, antwortete die junge Frau vverwirrt.
„Ich meine, das was ich sagte. Ich suche nun seit Monaten nach einem unberührten Fleckchen in diesem Ort. Einen Platz, der nicht von Zigarettenstummeln und Bierflaschen bedeckt ist. Oder kennst du etwa so einen Ort?“
„Natürlich.“, erwiderte sie mutig. Sie wollte nicht, dass man so von ihrer Heimat sprach. Sie war schon lange nicht mehr in den Wäldern gewesen. Auch kannte sie keine Wiese, die unberührt wuchs und gedieh.
Doch sie wollte nicht aufgeben.
„Wenn sie wollen, zeige ich Ihnen diesen Ort!“
Sie gingen lange. Über die große Stadtbrücke, durch die Fußgängerzone, durch Gassen und Straßen. Sie wusste nur einen Wald, der früher wunderschön war. Was aus ihm geworden ist, wusste sie leider nicht.
Und schon bald kamen sie an.
Der einst so wunderschöne  Eingang bestand aus einem Betonklotz. Darin saß eine Frau, die sich mit einem Zahnstocher die Essensreste entfernte. Sie sah sehr ungepflegt aus. Ihre Haare waren rötlich. Sie waren zu einem  Zopf zusammen gebunden. Sie hatte eine dürre Figur und einen fast zu großen Kopf.
„Kann ich Ihnen helfen?“, sie wirkte desinteressiert und bohrte weiter in ihren Zähnen. Bald blutete ihr Zahnfleisch. Doch das machte ihr nichts aus. Sie spuckte es einfach aus.
„Ähm… wir würden gerne in den Wald gehen. Ist das möglich?“
„Natürlich. Das kostet bitte 40 Euro.“
„Was? Warum das?“
„Da der Wald unberührt ist, muss man eben Geld verlangen. Sonst würden doch noch mehr Menschen kommen!“, sie putzte sich den Dreck aus ihren Fingernägeln.
„Hmm… wenn das so ist, ich zahle gerne.“, mischte sich der alte Mann plötzlich freudig ein.
Die junge Frau musterte ihn irritiert.
Der Wald war in Räume eingeteilt. Der erste Raum beinhaltete ein Biotop in dem ein alter Stiefel schwamm. Ein Schild wies darauf hin, dass auf ihm seltene Pilze wachsen würden, da sich Leder und ein spezielles Gift, das im Wasser war, vorzüglich eignen würden, um diese unglaublich seltene Pilzart züchten zu können.
Das Becken war aus Beton. Rote, gelbe und weiße Frösche mit Riesenaugen quakten auf Blättern, die aus Amerika importiert wurden. Schließlich würden die bestens in dieses Becken passen.
Die junge Frau sah den Mann an. Er schien fröhlich zu sein. Munter betrachtete er die Frösche, die komischerweise zwei Zungen hatten. Welch Phänomen.
Sie gingen in den zweiten Raum. Hier bildeten sich Hasenfamilien in einem alten Couchsessel. Ihr Fell war bunt gefleckt. Sie aßen die Mäuse, die an Tierversuche starben. Schließlich mussten die Kadaver irgendwie entsorgt werden. Fleischfressende Häschen. Süß, oder?
Der jungen Frau wurde schlecht. Der Mann sah ihre Reaktion und sprach sie an: „Alles okay bei dir?“
„Nein. Ich habe versagt. Vollkommen versagt! Es gibt keinen unberührten Platz mehr auf unserer Welt! Selbst unser Dorf ist schon seit Ewigkeiten zu einer Großstadt geworden!“
„Ja ich weiß. Ich wusste es schon, bevor ich dich ansprach! Denn ich wohne hier in diesem Wald. Es ist das Zimmer nebenan. Aber ich glaube, ich zeige es dir nicht.“
Die junge Frau sah ihn überrascht an.
„ Es macht nichts. Im Gegenteil. Ich will nun wieder hoffen. Denn du hast mir den Beweis geliefert, dass es immer noch Menschen gibt, die trotz dieser Zerstörung noch hoffen können. Ich danke dir.
Doch nun muss ich meine tote Frau begraben. Sie vertrug den Alkohol nicht."


Anmerkung von Muuuzi:

eigentlich wars ein Traum vom 25. Juli 2012.

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Kommentare zu diesem Text

KoKa (44)
(26.07.12)
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 Muuuzi meinte dazu am 26.07.12:
also weg mit "Lebe wohl Jeanny"
Danke!

 MrDurden (29.07.12)
Manche Formulierungen wirken ein bisschen unglücklich, z.B. die Hasen, die "Familien bilden". Das sind aber Kleinigkeiten und durch die nachdenkliche Stimmung des Textes nicht weiter auffällig. Dass es ein Traum war, macht auch meinen Vorschlag bedeutungslos, den Mann mit den Vögeln gegen Ende noch einmal einzubauen Der Titel ist treffend und ein Blickfang. Mir gefällt dein Text! Grüße, David.

 Muuuzi antwortete darauf am 29.07.12:
danke :)
das hab ich mir auch schon gedacht, dass ich den Mann nochmal erwähne. Schließlich finde ich, dass es ganz interessant sein könnte. Ich probiers einfach und sehe meinen Traum als Gerüst. Nicht als Ganzes. :)

 MrDurden schrieb daraufhin am 29.07.12:
Wenn der Traum so war, würde ich ihn nicht verändern. Ist ein wirklich interessanter Traum und Träume haben noch nie Schema oder Struktur gebraucht
grenzakt (55)
(01.08.12)
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 Muuuzi äußerte darauf am 01.08.12:
Ja deshalb musste ich ihn unbedingt aufschreiben. Wann haben Träume schon ein fertiges Ende? Das irgendwie einen Sinn ergibt?
Nur das mit dem Vogelmann ergibt noch keinen Sinn.
Danke! :)
lg
grenzakt (55) ergänzte dazu am 01.08.12:
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 Muuuzi meinte dazu am 01.08.12:
wow. Traumdeuter! :)
Du hast ihn richtig verstanden. :)

 Martina (14.03.13)
Boar- was für ein Alptraum! In so einer Welt wäre ich auch an Alkohol -nein- an der Welt-mit Alkohol zugrunde gegangen...

Liebe Grüße zu dir,
Tina.

 Muuuzi meinte dazu am 14.03.13:
Zum Glück wars nur ein Traum! So schlimm ist unsere Welt NOCH nicht!

Danke! :)

 Martina meinte dazu am 15.03.13:
Ja, noch nicht...aber ganz weit davon entfernt sind wir auch nicht mehr......seufz....
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