Bildbeschreibung: "Göttliches Handeln", ein Triptychon

Beschreibung zum Thema Schöpfung

von  tulpenrot

Wiederum stehe ich vor dieser etwa 4m mal 2,70m großen dreigeteilten Bilder-Wand.
"Triptychon „Göttliches Wirken“ Öl lasierend 1966" steht als Vermerk auf dem seitlichen Schildchen.

Ich „lese“ die drei überlebensgroßen unterschiedlich breiten Tafeln von rechts nach links.  Selbstverständlich liegt die Botschaft dieser Tafeln nicht im geschriebenen Wort, sondern in Farbe und Fläche. Von rechts nach links zu lesen, ist unüblich in unserer Kultur, lehnt sich aber an das Hebräische an. Und da das Werk auf den ersten Blick an die Schöpfung erinnert, an das „Es werde Licht!“, finde ich diese Lesart durchaus angemessen. Also beginne ich bei der schmalen, schwarz-blauen Tafel, wandere mit meinem Blick über die große grünblaue mit roten und orangefarbenen rechteckigen Flächen versehene Mitteltafel und betrachte zuletzt die linke schmale Seitentafel, die einen Widerschein der orangeroten Flächen am unteren Bilddrittel wiedergibt.

Hellblaue bis dunkelblaue Farben beherrschen die Atmosphäre auf allein drei Tafeln, besonders aber auf der rechten Bildtafel. Die Finsternis scheint groß und übermächtig zu sein. Erst bei längerem Hinsehen erkennt der Betrachter drei waagerechte schwarzblaue Streifen, einen davon nahezu in der Mitte, zwei davon in der unteren Bildhälfte. Als müsse man das Dunkel unterstreichen oder als gäbe es gefährliche Untiefen, heben sie sich fast unmerklich von der sonst einheitlichen Farbgebung ab. Wie eine nächtliche Meeresoberfläche, die durch einen kaum wahrnehmbaren Wellengang unterbrochen ist, lagert die Farbe undurchdringlich auf der Leinwand.

Auf dem oberen Streifen, man könnte ihn dem Horizont einer Meeresfläche zuordnen, lässt sich schwach eine hellviolette wolkige Lasur erkennen, als ob sich die Morgenröte ankündigte. „Und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser“ fällt mir dazu ein.  Sehr feine, nur schwer wahrnehmbare hellgraue Schatten fallen aus den Morgenrötewolken herab und verlieren sich im dunklen Blau, dem Meer. Sie wirken so kraftlos, können so wenig gegen das Nachtblau ausrichten, und dennoch wagt man als Betrachter zu hoffen, dass die Finsternis über der Erde nicht die letzte Beurteilung, die letzte Botschaft ist, die der Künstler der Öffentlichkeit mitteilen will.

Unweigerlich wird man fortgerissen, der mittlere Bildteil des Triptychons ruft geradezu nach Aufmerksamkeit. Im ersten rechten Drittel erstreckt sich ein breiter noch dunkelschwarzblauer Farbstreifen senkrecht von oben nach unten wie ein Vorhangschal. Daraus hervor wagt sich ein mamorfarbener Arm und dessen Hand. Er durchbricht waagerecht die Mitte der Tafel. Seltsam steinern wirken beide; die Hand, auch der Arm sind durchbrochen, als ob jemand sie als Relikt einer vergangenen Epoche gefunden und ungenau zusammengesetzt hätte. Es ist der einzige gegenständliche Teil des Triptychons. Die übrigen Teile sind ungegenständliche, geometrische Flächen. Als Betrachter könnte man meinen, göttliches Handeln erweise sich als gegenständlich werdend, sein Ursprung jedoch, Gott selber bleibt hinter dem Vorhang verborgen und seine Vorgehensweise entzieht sich der begrenzten Auffassungsgabe und Beobachtungsmöglichkeit eines Menschen.

Das Ergebnis des Handelns verallgemeinert der Künstler durch sich überlappende Rechtecke, die sich über dem ausgestreckten Arm in Orange- und Rottönen auffächern. Und auch hier entdeckt man erst bei längerem Hinschauen, dass die immer röter werdenden Rechtecke zugleich eine zum Bildrand nach links aufsteigende Treppe bilden, die sich nach etwa fünf Stufen nach rechts zum oberen Bildrand wendet. „Und Gott sprach: Es werde Licht!“ Ohne Licht gibt es kein Leben, keine Entwicklung, kein Fortkommen. Gott handelt im Licht, schenkt Licht, schenkt damit Leben, Wärme und Geborgenheit mitten im Dunkel, trotz des Dunkels.

Man könnte jedoch in den rot-orangefarbenen Rechtecken nicht nur Flächen, sondern eine räumliche Anordnung von hintereinander aufgehängten Kulissen für eine Bühne sehen, durch die man schreiten kann. Sozusagen einen Lebensweg beschreiten kann, der sich im Licht und in der Liebe Gottes befindet. Der übrige linke Teil der mittleren Tafel bleibt ansonsten einem lichten Grünblau vorbehalten.

Die prismenartig aufgefächerten Rechtecke spiegeln sich in abgewandelter, verkleinerter Form im linken unteren Teil des Triptychons wider, als ob sie in allen roten, gelben und violetten Farbtönen bis in alle Unendlichkeit weiter schimmern wollten. Zwei Drittel der Tafel verfallen wieder einem düsteren Schwarz-Blau, ja sogar einem Violettblau.

Gottes Handeln scheint nur ein quantitativ kleiner Lichtblick zu sein und ist doch der eindrucksvolle, alle Blicke auf sich ziehende Gegensatz zur restlichen Finsternis.


Anmerkung von tulpenrot:

Eine genauere Berschreibung desselben Werkes wie unter dem Titel "Es werde Licht"

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