Der Maler und sein Modell

Beschreibung zum Thema Kunst/ Künstler/ Kitsch

von  tulpenrot

Der Maler und sein Modell

Eine Studie über ein Gemälde von Manfred Luz, "Maler und Modell"

Ein ganzes Museum für mich, ohne die anderen. Drei Stunden lang habe ich Zeit. Die Räume sind hell und weit. Ich sitze vor einem überlebensgroßen Gemälde. „Der Maler und sein Modell“ ist sein Titel. Mit grobem Pinsel sind farbige Flächen pastös aufgetragen - rot, grün, blau, gelb und weiß, plakativ und unvermischt.
Mit unterschiedlicher Gewichtung erscheinen beide Titelfiguren auf der Leinwand.

Den Maler entdeckt man erst beim zweiten Hinsehen. Er verbirgt sich im linken oberen Viertel des Bildes, hinter seiner Staffelei stehend, vor dem raschen Blick.
Der Künstler hat sich selber zum Gegenstand seiner Malerei gemacht, stellt sich als Modell zur Verfügung, ist zugleich Schaffender und Objekt. Mit dem linken Auge lugt er hinter der Staffelei hervor wie ein grasgrüner Raubvogel aus dem Versteck. Senkrecht stößt sein Blick hinunter auf die helle Mitte der Gestalt, dorthin, wo sie mit gespreizten Schenkeln ihre Weiblichkeit preisgibt, wo sich zwei eilig hingeworfene schwarze Pinselstriche kreuzen.

Sein weibliches Modell zieht meine Blicke auf sich - überlebensgroß und nackt liegt es im Vordergrund am unteren Bildrand. Es fällt mir nahezu vor die Füße.
Mit üppigen Brüsten, feisten Schultern und mondrundem, teigigem Gesicht breitet sich eine Frau, sein bildnerisches Objekt vor mir aus. Nichts Individuelles ist ihr beigegeben, nichts Anmutiges. Ein Modell eben, eines von vielen, auswechselbar, nur angedeutet.

Ich denke, genauso möchte er sie haben. Verfügbar. Ergeben. Geöffnet.
Ein anderes Mal für ein anderes Bild vielleicht verschlossen, rebellisch, widerspenstig.
Ihr Wille ist nicht entscheidend. Der Künstler entscheidet für sie, über sie. Es ist sein Bild. Das Bild, das er sich schaffen will von ihr. Durch sie. In ihrer Gegenwart. Aber über ihre Anwesenheit hinaus. Sie ist nur der Funken.

Er glüht für seine Idee. Sein Auge erfasst und umfasst diese Frau, aber fühlen wird er sie nicht. Ihr Wille, ihr Protest ist nicht erwünscht. Einzige ihre Hingabe ist bedeutungsvoll. Mit Stift und Pinsel durchschreitet er ihre Leibes-Landschaft, heftet sie auf weiches oder hartes Papier, auf grobe oder feine Leinwand.
Als Konstellation nur für dieses Bild.
Überlegungen aus schief gestelltem Kopf.
Kühle Berechnung aus den Augenwinkeln.

Ich darf für drei Euro hier sitzen. Allein. Die anderen machen eine Stadtbesichtigung. Sie verstehen nichts von Kunst, behaupten sie.

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Kommentare zu diesem Text


 Jorge (29.01.13)
Ein wundervoller Text mit einer Bildbetrachtung und Interpretation - und alles ungestört in einem fremden Museum.

 tulpenrot meinte dazu am 29.01.13:
Es gibt hier am Ort ein Privatmuseum eines einzelnen Künstlers. Ich gehe immer mal hin, um auszuprobieren, ob mir zu den Bildern etwas einfällt. Das hier und "Der Clown" (gestern eingestellt) sind die ersten beiden Studien. Schön, dass du dich dafür begeistern konntest.
LG
Angelika

 ViktorVanHynthersin (29.01.13)
Auch mir gefällt das Thema und der Text. Nur der letzte Satz lässt mich stolpern. Für mich steht er im Widerspruch zur gefühlvollen vorangegangenen Beschreibung, klingt in meinen Ohren iwie hochnäsig.
Herzliche Grüße
Viktor

 tulpenrot antwortete darauf am 29.01.13:
Okay, das sehe ich ein, wenn das andere so lieblich klingt... dann ändere ich es.
Ich danke dir.
LG
Angelika
P.S. Anscheinend kommt das Widerborstige gar sonst nicht zum Ausdruck.

 AZU20 (29.01.13)
Man sieht alles geradezu vor sich. Intensive Schilderung. LG

 tulpenrot schrieb daraufhin am 29.01.13:
So sollte es sein. Danke dir.
LG
Angelika
Dieter Wal (58)
(29.01.13)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Dieter Wal (58) äußerte darauf am 29.01.13:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 tulpenrot ergänzte dazu am 29.01.13:
Danke dir, Dieter. Ich hab auch schon danach gefahndet - den Clown gibt es (siehe voriger Text von mir) als Ausschnitt. Aber dies hier leider nicht.
Die Bilder sind imposant.
Liebe Grüße
Angelika

P.S. Das dazugehörende Restaurant ist auch recht exklusiv ... *wink*
(Antwort korrigiert am 29.01.2013)
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