Hüsker Dü Heinz Schenk

Märchen zum Thema Bundesländer

von  toltec-head

Heute frage ich mich, warum Diedrich Diederichsen damals statt über Hüsker Dü nicht über Heinz Schenk schrieb. Dass die ganze Indie-Szene geraden Wegs in ein das Land am Laufen haltendes Hipstertum à la Kai Diekmann münden würde, war für jemanden, der ein bisschen Hegel gelesen hatte, doch klar vorhersehbar. Und jeder halbwegs ästhetisch gebildete Mensch musste sehen, dass die scheppen Zähne der Anti-Nachrichtenansagesprecherin Heinz Schenk todgeweiht und in ihrer Todgeweihtheit schön waren. Das sich neu figurierende tonal hatten diese scheppen Zähne in scheppen, beinahe noch kriegsversehrten Gesichtern mit Sicherheit nicht mehr auf ihrer Seite. Wer aber wie Diedrich Diederichsen als Prä-Hipster eben auf der Seite des neu sich figurierenden tonals stand, konnte eben deshalb für die todgeweihte Schönheit des Blauen Bocks auch keinen Blick haben. Wer heute in die Spex schaut, liest die gleichen bemüht-unangepassten Artikel wie vor 25 Jahren, nur dass diese jetzt auch in der BILD zum guten Ton gehören. Wer sich aber alte Sendungen vom Blauen Bock anschaut, gleitet ab in eine Welt des naguals und mag in den scheppen Gesichtern eine Epiphanie erleben.

Auf Goyas Begräbnis der Sardine wird auf einer Fahne eine grinsende Fratze geschwenkt, die so gar nicht nach Marietta Slomka oder Maria Furtwängler ausschaut, und es ist, als habe diese Fahne zuletzt eben noch, unbemerkt von allen, die sich mit Heaven17 und Style Council für den internationalen Einheitsbrei fit liefen, im Blauen Bock geweht. Wahrscheinlich wurden dort zum Äppelwoi auch keine Pansen und Kutteln mehr gereicht, aber immerhin sahen die Gesichter noch nach Pansen und Kutteln aus. Ich liebe die linkische Art und Weise wie Bürgermeister von Schwanzlutscher-Gemeinden wie Gelnhausen oder Bebra Bembel entgegennahmen. Die prominenten Gäste, die nicht singen oder tanzen konnten, aber singen oder tanzen mussten, waren gerade in ihrer Peinlichkeit gut, ein bisschen wie Texte auf kV. Was wie Peter Handke oder das Hippstertum über keinerlei Peinlichkeit mehr verfügt, hat doch eigentlich auch gar keinen Wert, ist einfach nur Teil der aufgehenden Rechnung und hat, wie es in der Bibel heißt, seinen Lohn bereits empfangen.

Man erinnere sich auch, dass der eigentliche Chef der Sendung eine Frau, die Produzentin und Frau von Heinz Schenk, war, die Wirtin. Ein heute natürlich nicht mehr vorzeigbares Stück Fleisch, das Matriarchat der Fräulein hat ihre Mütter längst gegessen. Blendete man ihr Gesicht mit dem von Claus Kleber, käme aus Claus vielleicht noch ein allerletzter Tropfen Goya heraus.

Darf man so etwas heute eigentlich noch sagen, Claus? Nach einem unumstößlichen Gesetz, so scheint es, riechen deutsche Fürze anders als amerikanische oder chinesische. Ich bin deutsch und furze deutsch. Ich kann mir zwar vorstellen, dass auch amerikanische oder chinesische Fürze auf ihre Weise interessant riechen. Aber wie es zuweilen gut tut, aus einem Loch zu scheißen, so tut ein ungemischter, reiner deutscher Furzgeruch Geschmacksrichtung Gelnhausen oder Bebra mir gut.

Und deshalb schaue ich heute den Blauen Bock und lese keine Spex mehr.


Anmerkung von toltec-head:

http://www.ardmediathek.de/tv/Comedy/Kultfigur-der-deutschen-Fernsehunterhalt/hr-fernsehen/Video?documentId=21986056&bcastId=18916210

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Kommentare zu diesem Text

Patroklos (36)
(11.12.14)
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 toltec-head meinte dazu am 12.12.14:
Dicker Hipster ist eigentlich ein prima Kolumnentitel.

 FRP (11.12.14)
ARD 1965-1969: Wollte ich 5-, 6-. 7jähriger Knirps eine
samstagnachmittägliche Chance auf den heiß ersehnten beat
club haben, musste ich gute Mine, nein: Miene zum Blauen Bock
machen, der einige Zeit vorher im Fernsehen lief, und mich
mit den Eltern zu Kinderkaffee und Kuchen an den Tisch setzen,
und den Äppelwoi-Clown und seine Schnulzen-Gaste über mich
ergehen lassen. Davon habe ich mich jetzt immer noch nicht erholt,
darum schreibe ich auch lamentierende Lyrik. Dazwischen gab es manchmal Vidocq, manchmal Rauchende Colts, manchmal die Augsburger Puppenkiste. Letztere gefiel allen. Im Übrigen lobe und preise ich die herbe Schönheit und durchgeistigte Anmut der wunderbaren Maria Furtwängler!
(Kommentar korrigiert am 11.12.2014)

 toltec-head antwortete darauf am 12.12.14:
Vergeistigter Gummi-Look nennt man so etwas.
parkfüralteprofs (57)
(11.12.14)
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 toltec-head schrieb daraufhin am 12.12.14:
Hüsker Dü taucht meiner Erinnerung nach doch auch ständig bei Dennis Cooper auf.
parkfüralteprofs (57) äußerte darauf am 13.12.14:
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 toltec-head ergänzte dazu am 16.12.14:
Muss wohl unser Memory sein, denn Hüsker Dü heißt erinnere dich. Diederichsen schrieb wohl eher nicht über die Band. War ihm zu laut. Als Pseudo-Schwuchtel philosophierte er lieber über Swan´s Way.
parkfüralteprofs (57) meinte dazu am 16.12.14:
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 FrankReich (02.06.19)
Die ganze Macht des Rock,
erkannt als Bauer Block.

Ciao, Ralf
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