Die Möchtegern-Gräfinnen (1)

Satire zum Thema Bundesländer

von  tastifix

Gebannt hocken sie vor der Flimmerkiste:

Elfi im oberbayrischen Trauhausen, Sonja in Würzburg und Manuela in München. Vom Bildschirm schaut ihnen werbend ein edles Männerantlitzi Männerantlitze entgegen.

Es fasziniert sie beträchtlich. Was jenes Exemplar Mann denn zusätzlich noch viel begehrenswerter erscheinen läßt,  ist die Tatsache, dass es sich um einen echten Grafen mit einem waschechten Schloss sowie dem dazu passenden, noch waschechteren Vermögen handelt. Aber die wichtigste aller Informationen folgt ja erst noch:

Sein halbes Leben hat dieser Edelmann schon hinter sich und trotz rein blauen Blutes sowie Geld wie Heu keine seiner eigenen Attraktivität würdige Partnerin gefunden. Entweder hat der betreffende Herr einen deutlichen Sprung in der Schüssel oder er stellt total überzogene  Ansprüche.

Wie meint doch da gerade jenes bemitleidenswerte Geschöpf:
„Selbstverständlich soll sie bildhübsch und sehr intelligent sein, repräsentieren können, meine Interessen teilen und vor allem muss sie bereit sein, sich unterzuordnen.“



Elfi, das hübsche, 25-jährige Bauernmadl aus dem tiefen Bayern überlegt:

„Dass mit der Unterordnung würd` ich dem noch abgewöhnen! Aber davon abgesehen ... Intellent bin ich und repentiert habe ich auch scho, nämlich auf dem letzten Maifest an der Seite unseres Bürgermeisters.“

Sie besitzt ein recht ausgeprägtes Selbstbewusstsein.


Sonja, die 22-jährige Studentin aus Würzburg mit dem schönen Gesicht und der tollen Figur grübelt:

„Toll, ein Hochintellektueller! Wir würden wunderbar über Geschichte und die Wissenschaften diskutieren können, gemeinsam Museen und Theater besuchen. Zu unserem Bekanntenkreis würden namhafte Größen aus Kultur und Gesellschaft zählen.“

Gleich Elfi ist sie der Überzeugung, ihm die Unterordnungsmacke recht fix austreiben zu können.


Manuela, die rassige 30-jährige Friseurin aus München, fühlt sich ihm ebenbürtig, denn auch sie ist einer denn mehr als deutlichen Macke erlegen.

Man braucht nur ihren Lupenhund, eine Mischung zwischen Chihuahua und Bohnerbesen, etwas eingehender zu betrachten. Klein-Kleopatra geht niemals ohne ihr mit Glitzersteinen übersätes, pinkfarbenes Halsband und erst recht nicht ohne weiche, gleich farbige Lederschuhe an den Pfoten auf die ach doch so gewöhnliche Straße.

Die Mini-Dame stakst in den Luxustretern zwar dann wie ein Storch im Salat herum, aber sogar darin zeigt sich die Verbundenheit zwischen Frauchen und Kleopatra.

Während des gemeinsamen Flanierens über Münchens Prestige-Einkaufsmeilen kämpft Manuela auf den 10-Zentimeter-Absätzen ihrer ebenfalls grell pink farbigen Stöckelschuhe nämlich ebenfalls verzweifelt mit dem Gleichgewicht.


Manuela mustert eingehend den blaublütigen, aber dafür erstaunlich rotwangigen Grafen:
„Ein toller Typ, eine klasse Figur. Garantiert ´ne Bombe im Bett. Und mit seinem Macho-Gehabe würd` ich schon fertig werden!“

Im Stillen fängt sie bereits an zu planen: Auf jeden Fall würden sämtlich Armaturen in massivem Geldgold angebracht und eine Riesensauna in königsblauem Holz eingerichtet werden.

Überhaupt würde ausschließlich die Farbe ´Blau` dominieren: Blaue Gemälderahmen, blaue Leuchter, blaue Tisch- und Bettwäsche und selbstverständlich blaue Teppiche.“

Sie bremst sich kein bisschen mehr und vergisst völlig, welch einer Utopie sie nachjagt.



Nur selten sind sich Frauen dermaßen einig. Ohne von einander zu wissen, fällen sie einmütig entschlossen den selben Entschluss.
„Nichts wie hin!“



Flugs werden die Koffer gepackt:


Elfi wählt als Festgewand ihr Sonntagsdirndl. Zufällig ist es blau. Sie flicht sich Zöpfe:
„So sehe ich nooch jünger aus!“
Ältere Männer mögen junge Frauen.


Sonja greift sich stattdessen für diesen wichtigen Anlass eine schlichte, anthrazitfarbene Kombination aus aller feinster Seide, dazu selbstverständlich die farblich passende Handtasche und die schlichten Pumps, Ihr blondes Haar lässt sie offen über die Schulter fallen.


In München dreht sich Manuela vor dem Spiegel.
„Der kriegt Stielaugen!“

Auf ihrem Bett türmt sich der halbe Inhalt ihres Kleiderschrankes. Schließlich entscheidet sie sich für ein weißes, tief ausgeschnittenes, extrem kurzes Kleid, dass sowohl den üppigen Busen als auch die wohl geformten Beine bestens zur Geltung bringt.

Klein-Kleopatra trägt einen weißen Jogginganzug mit Kapuze und natürlich weiße Turnschuhe.


So treffen denn die drei Möchtegern-Gräfinnen vor dem Schloss des Grafen ein und denn, dann darob mächtig sauer, unerwartet aufeinander.

Klar, dass sie gute Miene zum peinlichen Spiel machen, sich anstrahlen und zuckersüße Worte murmeln. Währenddessen taxieren sie sich mehr oder weniger auffällig und hegen dabei eher bitter saure Gedanken.

Die Haushälterin führt sie ins Vorzimmer. Die drei Damen nehmen auf einem hoch vornehmen Sofa Platz. Es dauert nicht lange, dann lässt der Graf bitten.


Als Erste folgt Elfi der Aufforderung. Es empfängt sie ein sehr charmantes Lächeln.
´Bloß jetzt keine Unsicherheit zeigen!`
Elfi lächelt charmant zurück.

„Erzählen Sie mal etwas über sich!“
So erfährt der Graf, dass Elfi auf einem Bauernhof groß geworden ist, sich bestens mit Kühen und Schweinen auskennt und sogar reiten kann.
Ihr Gegenüber lächelt höflich und scheint tief beeindruckt zu sein.

„Und“, forscht er. „Haben Sie schon mal in der Öffentlichkeit gestanden?“
„Ja, einmal!“, erwähnt sie es stolz. „Da hab` ich dem Bürgermeister das Mikro gehalten.“

„Donnerwetter!“, ringt der Graf um Disziplin, macht noch ein wenig Small Talk und verabschiedet sich mit einem Wangenkuss.


Als Nächste ist Sonja an der Reihe. Souverän freundlich lächelnd, betritt sie den Salon. Dem Grafen gefällt sie auf Anhieb.
„Hübsch, intelligent. sehr viel Gefühl für Stil!“

Es wird ein ausgesprochen interessantes Gespräch. Thema reiht sich an Thema, beide vergessen die Zeit. Als die Unterredung beendet ist, gibt der Graf Sonja einen Handkuss und denkt:
´Eine attraktive Frau!`

„Ich hoffe, dass dies nicht unser letztes Treffen gewesen sein wird!“
Sonja verlässt strahlend den Raum.


Nun erscheint Manuela auf der Bildfläche. Der Graf ist froh, dass er sitzt. Manuelas Busen hüpft bei jedem Schritt auf und nieder. Sie wiegt sich in den Hüften und lässt keine Gelegenheit aus, seinen Blick auf die schier endlos langen Beine zu lenken.

Klein-Kleopatra dagegen duckt sich in Manuelas Armbeuge und scheint schwer enttäuscht zu sein. Wahrscheinlich hat sie auf einen schicken, adligen Rüden gehofft.

Der Graf ist tatsächlich tief beeindruckt, jedoch etwas anders, als Manuela es erwartet hat.
„Mein Gott. Der reinste Pamela-Anderson-Verschnitt und dann noch dieser Hund ...“

„Sagen Sie mal“, setzt er vorsichtig an. „Ist er/sie immer dabei?“
„Ohne sie gehe ich nirgendwo hin und nachts schläft sie selbstverständlich auf meinem Kopfkissen. Es ist ja so süüß, wissen Sie? So ein winziges, entzückendes Schnäuzchen direkt an meiner Wange!! - Nich, Kleopatrachen, mein Schnuckellein?“
Kleopatra scheint in diesem Moment sogar die Klügere der Beiden zu sein und hält wohlweißlich die Schnute.

„Und, wofür interessieren Sie sich sonst noch?“
Verkrampft bemüht sich ihr Gegenüber um eine weitere Konversation. Schließlich verbleiben noch fünf Minuten festgelegter Redezeit.
„Ooh, ich gehe für mein Leben gerne shoppen. Selbstverständlich nur Dior oder so ... Und elegant essen. Da kenne ich übrigens einige Nobelrestaurants der Extraklasse.“

So, wie sie auftritt, verkehrt sie vielleicht in Künstlerkreisen. Deshalb forscht er nach:
„Kennen Sie Hundertwasser?“

Diesen Namen hat Manuela doch schon mal gehört.
´Das ist auf jeden Fall etwas Modernes!`, überlegt sie und fragt:
„Ist das eine neue Parfümmarke?“

Fassungslos beendet der Graf das Gespräch, diesmal ohne den obligatorischen Handkuss und das übliche, charmante Lächeln.


Einige Tage später erhält Sonja einen Brief. Der Graf lädt sie ein, eine Woche lang auf seinem Schloss zu verweilen, damit sie sich besser kennenlernen können.



Fortsetzung folgt!

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