Rolf, ein Litforen-Autor mittleren Alters aus einem Vorort von Hannover

Epos zum Thema Glück

von  toltec-head

Orte, die vielleicht nicht ganz zufällig nach Leere und borstigen Engeln klingen, dichter um die berüchtigten Schnellstraßen dieser autofreundlichsten aller unserer Städte gespickt als Haare um einen Männerarsch. Wie Diamanten glänzende Tankstellen, die des Nachts das fahle Feuer täglich belebter Einkaufszentren in den Schatten stellen. Die Gelehrten sind sich nicht einig, ob er in Empelde oder vielleicht doch nur in Seelze wohnte - für den Fortgang unserer Geschichte ist dies jedoch ohne jede Bedeutung.

Zwei abgebrochene Studien, eines à la fantaisie, das andere Jura. Ein paar Jahre als Angestellter in einer Werbeagentur in Uelzen. Mehrere Umschulungsmaßnahmen. Eine Reihe von Aushilfsjobs. Für kurze Zeit einmal Picker bei Amazon. Karteileiche. Von den Arge-Ladies nur noch gepiesackt, um als schlechtes Beispiel für andere herzuhalten. Mit Anfang 40 hatte Rolf seine berufliche Karriere endgültig beendet. Seine intime ist auch schnell erzählt: zwei Langzeitbeziehungen, wenn 4 und 3 Jahre lang sind. Danach noch ein oder zwei Affären. Fickfreundschaften, keine.  Er hatte es zwar übers Internet ein paar Mal damit versucht, aber schnell feststellen müssen, dass die Damen, die man in den entsprechenden Foren kennen lernte, nicht nach seinem Geschmack waren. Prostituierte hätte er aber auch dann nicht gemocht, wenn er das  Geld dafür gehabt hätte. Im Grunde war er ein Romantiker, dem ein einziger Wunsch in seinem Leben geblieben war, nämlich der, Autor zu werden. Er war schon seit seiner Kindheit da gewesen, als er unter der Bettdecke, einem Schulfreund, der bei ihm übernachten durfte, im Dunklen frei erfundene Geschichten erzählte - absonderlich nur, dass dieser Wunsch, ein Autor zu sein, sich nun rückblickend  als zuletzt hartnäckiger bewahrheitete als seine Erektionen.

Die deutsche Belletristik beginnend mit der Blechtrommel war die große Liebe seines Lebens gewesen. Böll, Lenz, Luise Rinser gar, immer wieder aber Martin Walser (er besaß die 30bändige Suhrkamp-Gesamtausgabe) - früh hatte sich eine entschiedene Neigung für den freundlichen Onkel- und Tantenton der BRD-Literatur bei ihm bemerkbar gemacht, die alles andere an Weltliteratur verdrängt hatte. Im Vergleich zu Erich Fried kamen ihm Homer und Camões einfach nur ungehobelt vor. Die Literatur der kleinen Dinge, so nannte er das für sich selbst: Kleine Männer, kleine Frauen, kleine Gefühle, kleine Details, die genauen kleinen Worte dafür finden, darauf, und nur darauf kam es an. Alles kulminierte in Walser, selbst ein Grass oder ein Lenz kamen ihm da manchmal als zu großsprecherisch vor. Von den noch Lebenden hielt er eigentlich nur Adolf Muschg für groß.

Die frühe BRD-Literatur als Menschheitsgipfel im Kleinen, er hatte sie wie eine perpetuelle Muttermilch so richtig in sich aufgesogen, sie war für ihn das, was für den Hidalgo aus La Mancha seine Ritterromane. Nach 20 Jahren Lenz und Böll lag es ihm aber fern, selbst den Grass oder Walser zu spielen. Er wusste, dafür war er zu klein und unbedeutend. Es begann aber damit, dass er irgendwann anfing, von seinen Erfahrungen mit der Arge auf einem Literaturforum zu bloggen, dem Grau in Grau dort, den menschlichen Schicksalen, den Ängsten und Nöten, dem Elend, das ja doch auch seine Kaffee- und Schokoladenseiten hatte. Er fing Feuer und bald hatte das Bloggen über die Arge die Arge selbst verdrängt. Man konnte sagen, dass eigentlich das Bloggen das einzige war, was von seinem Leben übrig geblieben war. Alsbald konnte er seine Texte kompilieren und auf Bookrix als veritables Buch anbieten. Großer Tag, als die ersten Bestellungen bei ihm eingingen! Von nun an wusste er, was er die nächsten 20 Jahre machen würde.

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Kommentare zu diesem Text

oK0 (37)
(05.12.15)
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Abulie (45) meinte dazu am 05.12.15:
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 toltec-head antwortete darauf am 05.12.15:
Nö.
oK0 (37) schrieb daraufhin am 05.12.15:
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parkfüralteprofs (57)
(05.12.15)
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Graeculus (69) äußerte darauf am 05.12.15:
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 toltec-head ergänzte dazu am 05.12.15:
Gebissene Hunde bellen. Sagt man das wirklich so?
Graeculus (69) meinte dazu am 05.12.15:
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 toltec-head meinte dazu am 05.12.15:
So wie im Text sollte eigentlich auch mit dem Hund nichts festgepinnt sein. Egal was man liest, man liest doch nur, was man erwartet.
oK0 (37) meinte dazu am 05.12.15:
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 toltec-head meinte dazu am 05.12.15:
Wenn wir aber jetzt schon einmal beim Theoretisieren sind: Die Story vom reinen Erzählen ist doch Ideologie pur.

Du kannst den Wert nur erahnen, wenn du dir zuerst klar gemacht hast, was der Text eigentlich zu tun versucht. Du musst dir Klarheit über sein inneres Gesetz- und Harmoniesystem schaffen, du musst dir Klarheit über die Motivation des Schöpfers verschaffen, dann vergleichst du Anspruch und Ergebnis, Ziel und den Punkt, wo das Werk seinen Weg verlässt und Kompromisse mit den Publikumserwartungen eingeht.

Da kommt man bei einem Werk wie dem Wrack ohne Eigenschaften aber nicht sehr weit. Das Was?, das Wie? Nee, alles uninteressant. Allein das Daß entscheidet!

Svevo, verzeih mir Gott, ist zuweilen doch Recht onkelig. Max Bill kannte aber ich aber noch gar nicht. Danke für den Hinweis. Hatte erst Maxim Biller gelesen und dachte, bei dem Schwein kommt Sex aber bestimmt doch vor (schon allein von wegen Publikumserwartungen).

Prof und ich zelebrieren seit Jahren unseren Abschied. Nur so lässt es sich auf Foren gemeinsam aushalten.

 toltec-head meinte dazu am 05.12.15:
Als du schliefest, war ich bereits in dir und habe mir erlaubt, in deinem Ohr abzuspritzen.

 toltec-head meinte dazu am 05.12.15:
Onomatopoetisch für Spermafluß? It´s not about anything, it simply is.
oK0 (37) meinte dazu am 05.12.15:
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Metulskie (32) meinte dazu am 06.12.15:
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Metulskie (32)
(05.12.15)
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oK0 (37) meinte dazu am 05.12.15:
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Metulskie (32) meinte dazu am 06.12.15:
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 toltec-head meinte dazu am 06.12.15:
Ich wünschte, Metulskie würde ein wenig mehr aus sich herausgehen und sich nicht immer hinter seinen Gedichten verstecken. Was ist eigentlich mit Juliet? Hast du sie verschreckt, weil du mit ihr schlafen wolltest? Bleib mal bei der Sache, Mann. Wir sind hier in einem Litforum.
oK0 (37) meinte dazu am 06.12.15:
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Metulskie (32) meinte dazu am 06.12.15:
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oK0 (37) meinte dazu am 06.12.15:
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