Greta, Obama und die vergessenen Dörfer…

Groteske zum Thema Widerstand

von  Access

JETZT musste endlich etwas passieren. Jetzt waren die gezwungen, zu handeln. Sie hatte das Greta Thunberg-Feeling und auch Obamas  „Yes, we can!“ hallte in ihren Ohren nach, vibrierte in ihrem Kopf. Sie fühlte sich mit den beiden so verbunden, dass es fast wehtat.  Sogar ein paar Traktoren aus den umliegenden Dörfern hatte sie mobilisieren können. Alle zusammen belagerten die einzige Durchfahrtsstraße, standen zusammen, versuchten, den Verkehr zu blockieren. Zwei Drittel der Bewohner der benachbarten Ortschaften liefen mit ihr zusammen auf der Straße herum und skandierten ihre Parolen. Sie schrie in ihre Flüstertüte, die anderen sangen es ihr nach. Die Einwohner, die nicht mehr so gut zu Fuß waren, schüttelten ihre Fäuste aus den weit geöffneten Fenstern, sangen mit. Fast wie damals, als noch die Transporte nach Gorleben rollten.  Ja….nur…ihre Forderungen waren nicht ganz so hehr wie die der Greta Thunberg und es ging auch nicht um Gorleben. Oder die Rettung der Welt.

Die Szenerie war skurril. Die Sonne strahlte vom Himmel, die Vögel sangen und ein paar träge Libellen schwirrten um die erbosten Demonstrantinnen und Demonstranten herum. Mittlerweile kreiste ein Polizeihubschrauber über ihnen, obwohl sich auf diese Dorfstraße mitten in der Pampa ohnehin kaum ein Fahrzeug verirrte. Es gab im Grunde keinen Verkehr, der hätte blockiert werden können. Aber das genau war das Problem. Sie wurden diskriminiert.  Sie waren eine Minderheit. Sie, die Bewohner der kleinen Dörfer. Niemanden kümmerte es, ob sie die Verbindung zur Außenwelt aufrecht erhalten konnten, ob sie alt waren, gebrechlich, sich mit neuen Techniken nicht auskannten. Sie brachten nichts ein, man ließ sie warten und warten und warten. Sie wurden vertröstet. Woche um Woche. Aber jetzt reichte es. Nach der fünften Meldung „Störung behoben“ zogen sie auf die Straße. Alle. Naja, fast alle. Jetzt musste die Telekom doch handeln? Hier waren immerhin vier Dörfer vom Festnetz abgeschnitten und das jetzt die dritte Woche. Erneut schrie sie in ihre Flüstertüte: „Die Telekom lässt uns verrecken, weil wir nicht ihre Kosten decken. Telekom mach‘ deinen Job, sonst nehmen wir euch alle hopp! Macht die Leitung heile, sonst komm‘ ich mit dem Hackebeile. Repariert die Technik hier, ansonsten werde ich zum Tier.“

Dideldideldüüü……Dideldideldüüüü. Ah, jetzt, eine Stimme, nach zehn Minuten in der Warteschleife! Sabine beendete ihre Phantasien über groteske Demonstrationen gegen die Telekom. Erst gegen Ende des Gesprächs stieg erneut Mordlust in ihr auf, nachdem der freundliche Servicemensch erklärte, er würde ihr morgen einen Techniker senden. Das mache keinen Sinn, erwiderte sie, da nicht ihr Anschluss gestört sei, sondern vier Dörfer lahmgelegt seien. Er möge doch bitte den Bautrupp veranlassen, noch mal raus zu fahren, da der die Störung ja ganz offenbar nicht behoben habe, wie ihr per SMS und übers Internet mitgeteilt wurde. Der Bautrupp könne aber nur in ganz großen Ausnahmefällen direkt beauftragt werden, erklärte er ihr geduldig und das sei eben hier nicht der Fall. Also kommt morgen zum zweiten Mal der Techniker. Um ihr mitzuteilen, dass die Leitung vom Haus aus in Ordnung ist. Aber nur der kann dann eben den Bautrupp beauftragen. Ja, so sind sie, die Abläufe bei der Telekom. Eine Libelle glotzt Sabine vom Fensterbrett aus mitleidig an.


Anmerkung von Access:

..ich sage nur...dideldideldüüüüüü...mit Mordlust im Auge...

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Kommentare zu diesem Text


 Annabell (16.10.19)
Hallo Access,
ein schöner Bericht ist Dir gelungen, gern gelesen und dafür ein *chen von
Annabell

 Access meinte dazu am 16.10.19:
...danke vor fast genau einem Jahr durfte ich mich diesem Thema schon mal widmen. Da waren es am Ende 4 Wochen ohne Festnetz. diddeldiddeldüüüüüü!

 princess (16.10.19)
Oh, ich weiß genau,  was du meinst!
:-)

LG Ira

 Access antwortete darauf am 16.10.19:
ja, exakt....
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