attraktief

Gedicht zum Thema Sehnsucht

von  BLACKHEART

Hab mich letztens mal wieder bei ‘nem Flirtportal eingeloggt.
Etliche neue Besucherinnen. Ich war leicht geschockt
von der bloßen Anzahl. Es waren so viele.
Ein einsames Herz hinter jedem der Profile.
Da war alles dabei, von 18 bis Mitte 50.
Auf der Suche nach jemandem. Nicht für eine Nacht. Nein, für zukünftig.
Also fing ich an, mich durch die Profile zu klicken.
Rechnete aber nicht damit, jemandem noch eine Nachricht zu schicken.
Da ploppte plötzlich ein Chatfenster auf
und die Geschichte nahm ihren Lauf.

Verwundert musste ich mir die Augen reiben.
Warum sollte mich diese junge Frau anschreiben?
Haare blond, Augen blau, Ausschnitt tief.
Und gleich direkt die Frage „Findest du mich attraktiv?“
Diese Frage machte mich verlegen.
Und so schrieb ich nach kurzem Überlegen:
„Ob ich dich attraktiv finde, kann ich jetzt noch nicht wissen.
Aber du bist echt hübsch. Fürs Auge ein Leckerbissen.“
Als Antwort kam die Frage, warum ich ihrer Frage ausweiche.
Denn “hübsch“ und “attraktiv“ wären doch das Gleiche.
Das konnte ich so natürlich nicht stehen lassen,
also begann ich folgende Antwort zu verfassen:

„“Hübsch“ und “attraktiv“ sind für mich tatsächlich
nicht das Gleiche. “Hübsch“ ist nur oberflächlich.
Ist nur das was du willst, das andere in dir sehen.
Aber wahre Attraktivität muss tiefer gehen.
Mich interessieren dein Charakter, deine Persönlichkeit,
deine Philosophie, deine Lebenswirklichkeit,
dein Humor, dein Geist, dein Intellekt.
All das ist es, was mein Interesse an dir weckt.
Bei mir ist es nicht so, wie in dem Backstreet Boys Hit.
I DO care who you are, where you’re from, what you did.
Was bist du heut für ein Mensch und welchen Weg bist du gegangen
um dieser Mensch zu werden? Wo hat er angefangen?
Hast du lange gebraucht um ihn zu finden?
Welche Hindernisse musstest du überwinden?
Oder hast du Umwege in Kauf genommen?
Vielleicht gar Knüppel in den Lauf bekommen,
die dich ausgebremst haben und konntest nur hinken?
Kamst du vom rechten Weg ab und nahmst stattdessen den linken?
Hat dein Weg andere gekreuzt, oder sich gar zeitweise vereint?
Als sie sich trennten, hast du gelacht oder geweint?
Und überhaupt: Was bringt dich zum Lachen, was zum Weinen?
Was verdunkelt dein Gemüt, was lässt dich innerlich scheinen?
Zeig mir dein Licht und zeig mir deine Farben.
Willst du das nicht, dann zeig mir deine Narben.
Man sagt, wer Narben hat, hat was erlebt.
Ist gefallen, nicht geschwebt.
Denn wer schwebt, ist abgehoben.
Lässt sich für Äußerlichkeiten loben.
Ist mehr Schein als Sein, dazu noch schnüksch
und verwechselt “attraktiv“ mit “hübsch“.
Solche Leute kenn ich zur Genüge.
Sie passen nicht in mein Gefüge
von Menschen, deren Gegenwart ich schätze.
Was das angeht habe ich gewisse Grundsätze.
Tritt ein neuer Mensch dauerhaft in mein Leben, prüfe ich tut
diese Person mir und meiner Umwelt gut.
In der Vergangenheit zahlte ich für Vertrauen schon teuer.
Gebranntes Kind scheut halt das Feuer.
Aber um das Thema hier zu beenden:
Ich lasse mich nicht von Oberflächlichkeit blenden.
Was nützt ein schöner Körper, sogar ein nackter
wenn er beherbergt einen Scheißcharakter?
Wie gesagt: Beim Wort “attraktiv“ betone ich das “tief“.
Und auch wenn diese Mail jetzt etwas aus dem Ruder lief,
hoffe ich doch, du hast meinen Standpunkt verstanden.
Es wäre schade, würde diese Konversation versanden.
Ich würde mich freuen, dich bald attraktiv zu nennen.
Aber dazu müsste ich dich erst besser kennen.
Also erzähl mir etwas über dich, das dein Bild mir nicht sagt.

LG“

Abschicken. Wie es weiter ging habt ihr gefragt?
Sie hat mir diese Nachricht anscheinend übel genommen.
Ich hab leider nie eine Antwort bekommen.

Aber ganz ehrlich: Ich hab auch nicht mit einer Antwort gerechnet.
Menschen wie ich, sind bei solchen Püppis geächtet.
Wer sich mit sowas abgeben will, ist selber Schuld.
Da bleib ich lieber Single und übe mich in Geduld.
Verbringe meine Zeit mit für mich angenehmen Dingen,
wie auf Bühnen gehen, um mein Liebligslied zu singen:

„Don't know that I will, but until I can find me
a girl who'll stay and won't play games behind me,
I'll be what I am:
A solitary man.“

„Solitary Man“, ein Song der mich sehr gut beschreibt.
Dieser Abend wird vergehen. Die Einsamkeit bleibt.
Aber wer weiß? Vielleicht gibt es da draußen auch jemanden für mich.
Ich weiß nur, dass sie mehr sein wird, als nur ein hübsches Gesicht.
Wenn der Tag dann kommt, werde ich sie hoffentlich auch erkennen.
Aber bis dahin gehört mein Herz ganz dem Poetry slammen.


Anmerkung von BLACKHEART:

Wieder einmal einer meiner Poetry Slam Texte, d,h, ich habe weder auf Versmaß, noch auf Hebungen, etc. Wert gelegt. Es ist freie Lyrik, ohne auf literarische Begrenzungen zu achten. Diese Freiheit nehme ich mir bei lyrischen Poetry Slam Texten.

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