Das wichtigste Körperteil der Geschichte

Gedicht zum Thema Historisches

von  BLACKHEART

Das Jahr 0, ein Mann geht auf die Knie.
Nicht zum ersten Mal, aber noch nie
war er sich des Todes so gewiss wie heute.
Schon drei mal begnadigten ihn die Leute.
21 Gladiatorenkämpfe konnte er gewinnen.
Nur selten sah er dabei sein Blut rinnen.
9 mal endete der Kampf unentschieden,
beide Kämpfer waren Helden, sie hatten ihren Frieden.
Er denkt zurück an seine Karriere.
Wie er als Sklave kam auf die Galeere,
wo man erkannte, er ist eine Kämpfernatur
noch dazu von ausgezeichneter Statur.
Also wurde er gekauft von Gladiatorenausbildern.
Lernte den Umgang mit Netzen, Schwertern und Schildern.
Sein erster Kampf, es war ein klarer Sieg.
Nur Tod bleibt für den, der unterliegt.
Diesen erwartend kniet er nun im Sand,
sein Kurzschwert entgleitet seiner Hand
als er die Stimme von Kaiser Augustus vernimmt:
„Nun denn, das Volk hat abgestimmt.
Die Daumen, sie zeigen alle nach oben.
Erhebe dich. Deinen Ruhm soll man loben.“
Er verlässt die Arena mit erhobenem Haupt.
War selbst der Letzte, der daran noch geglaubt.

1794, ein Mann geht auf die Knie.
An der selben Stelle, an der er die Monarchie
nur ein Jahr vorher beenden sollte,
als auf seinen Rat hin der Kopf von Ludwig, dem 16. rollte.
Er selbst, ein Führer der Revolution,
Verfasser so mancher Resolution,
und Anhänger von Rousseaus Lehren
kam als “Unbestechlicher“ zu zweifelhaften Ehren.
Maximilien de Robespierre.
Er glaubte nicht daran, dass es fair
zuginge bei Frankreichs Ständen,
wollte das Schicksal des 3. Standes wenden.
Die “heilige Gleichheit“ war sein Ziel,
doch nicht jeder Mensch für ihn darunter fiel.
Für die Frauen seine Forderungen nicht galten.
Auch die Reichen sollten ihren Reichtum behalten.
Den “Feinden der Revolution“ seine Aufmerksamkeit galt.
Als “Blutrichter“ kannte man ihn alsbald.
„Ohne Tugend ist Terror verhängnisvoll, ohne Terror die Tugend machtlos.“
So sprach er, übersah dabei aber achtlos,
dass jede Revolution eine Kannibalin ist,
die letztendlich ihre eigenen Kinder frisst.
So kam es, dass er mit starrer Miene
das letzte Opfer ward der Guillotine.

1970, ein Mann geht auf die Knie.
So etwas sah die Welt noch nie.
Die Aktion, spontan und ungeplant.
Der Name des Mannes: Willy Brandt.
25 Jahre nach dem Krieg
als Teil seiner Ostpolitik
besuchte Brandt als Kanzler Polen
um saumseliges nachzuholen.
Einen Vertrag galt es zu unterschreiben,
dass Polens Grenzen unverletzlich bleiben.
Am Ehrenmal der Helden des Warschauer Ghetto,
wo einst starben 56000 Juden netto
beim größten Aufstand der Unterdrückten
gegen die Nationalsozialverrückten,
bat Brandt mit dieser kleinen Bewegung
für sein ganzes Land nun um Vergebung.
Die Bilder gingen um die Welt.
Gar mancher, der nichts von ihm hält,
ist nun gezwungen zuzugeben,
diese Geste wird die Welt bewegen.
“einzigartig“, “beeindruckend“ Solche Attribute
kamen Brandt dafür zugute.
Den Friedensnobelpreis bekam er verliehen.
Vor diesem Mann, kann man wahrlich den Hut ziehen.

1995, eine Frau geht auf die Knie.
Ihr Name: Monica Lewinsky.
Für ein Praktikum war sie angestellt,
doch wie sich schon bald herausstellt,
hat sie noch andere Qualitäten.
Sie kniete vor dem Herrn, aber nicht um zu beten
und tat etwas, das seine Frau nie würde machen.
Ihr Mund konnte mehr als nur sprechen und lachen.
Einer Kollegin erzählte sie, was im Oral Office geschah.
Die nahm alles auf und ehe sie sich versah
war sie Auslöser des größten Skandals seit Watergate.
Billy Boy dachte schon, es wäre too late
als das Impeachmentverfahren gegen ihn begann.
Fragen kamen auf. Was? Wie? Wo? Wann?
Sie wollten alles wissen und zwar ganz genau.
„Ich hatte kein sexuelles Verhältnis mit dieser Frau.“
sagte Bill Clinton unter Eid.
Doch dank Ejakulat auf einem Kleid
konnte man ihm das Gegenteil beweisen.
Politisch war er kurz davor zu entgleisen.
Beide waren damals Ziel vieler Kabarettisten.
Sie ist heut Psychologin und Anti-Mobbing-Aktivstin.
Gerade der Demütigung in sozialen Netzen
will sie mit ihrem Engagement ein Ende setzen.

2016, ein Mann geht auf das Knie.
Er ist Quarterback und es ist ein Pre-
Season-Game. Jetzt erst wird es gerafft.
Er tut es zum ersten Mal im Trikot seiner Mannschaft,
hat aber auch vorher schon bei der Hymne gesessen.
Die Journallie hat den Brocken sofort gefressen.
Was soll das Verhalten? Das ist ja grotesk.
Er sagt, er tut es aus Protest,
gegen die Ungleichbehandlung der Minderheitenrassen,
gegen White Power-Faschisten, die Schwarze hassen,
gegen die Polizei, die seine Brüder zusammenschlägt,
gegen die Politik, die den Mantel des Schweigens darüber legt.
Die Geste richtet sich nicht gegen Hymne und Flagge.
Auch nicht gegen Trump, der hat eh 'ne Macke.
Der will tatsächlich all jene feuern lassen,
die sich nicht von Rassismus steuern lassen,
die aufs Knie gehen, oder die Faust hoch strecken.
Ich sag, die Welt braucht mehr von diesen Recken.
Gegen all jene, die nichts können außer hetzen
müssen viel mehr Menschen Zeichen setzen.
Macht auch ihr mit, es ist ganz leicht.
Colin Kaepernick fing an, ich tu es ihm gleich:
Solange wir Nazis im Bundestag sehen,
werde ich bei unserer Hymne nicht stehen.


Anmerkung von BLACKHEART:

Einer der Texte, die ich derzeit auf Poetry Slams vortrage.

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Kommentare zu diesem Text


 juttavon (26.12.17)
Deinen Blick auf die Geschichte mag ich;
poetry lams sind nicht so meins, doch der Text macht Sinn.
Feiner Standpunkt - oder: Kniepunkt

HG Jutta
Graeculus (69)
(26.12.17)
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 Dieter_Rotmund meinte dazu am 27.12.17:
Hier und da fehlt ein Reim, da könntest Du Dich noch verbessern. Möllerkies und Didi Costaire sind die großen kV-Meister in dieser Kunst, ich kann so was ja gar nicht.
Im ersten Absatz wird kein Name genannt, aber es ist ja auch so klar, dass es Ben Hur war ...
Dennoch gerne gelesen!

Antwort geändert am 27.12.2017 um 10:55 Uhr
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