Erz und Engel
Sestine zum Thema Arbeit und Beruf
von Macbeth
Anmerkung von Macbeth:
Die Mutter meiner Mutter fand das Erz
am Wegesrand, den Ausbiss einer Ader.
Sie lernte es zu schmelzen und zu scheiden
in Hüttensand, Metall und tauben Stein
dem Silberglanz im matten, heißen Feuer
das Silber auszutreiben, auf dem Berg.
Wir drangen immer tiefer in den Berg
zu meiner Mutter Zeit, gewannen Erz.
Wir trieben Schacht und Stollen durch die Ader.
Die ew'gen Nächte unter Tage scheiden
das Leben kaum vom Ruß und nassen Stein,
ab heute ist's mein Platz am kargen Feuer.
Erstickend frisst die letzte Luft das Feuer,
auch Kochstelle und Abort sind im Berg.
Wir teufen tiefe Schächte nach dem Erz,
wir fließen wie das Blut durch diese Ader,
um von der Gangart Wertvolles zu scheiden,
dem Engel zu begegnen tief im Stein.
Den Tag sah lange keiner mehr, nur Stein.
Im schwachen Licht der Glut am Lagerfeuer,
umarmt der Engel mich dort tief im Berg.
Verzehr mich nach dem Engel und dem Erz.
Nur altes morsches Holz stützt noch die Ader,
die Bergfrau und der Engel sollten scheiden.
Bin Bergfrau, tief im Schacht, ich will nicht scheiden,
will weiter tiefer in den dunklen Stein,
will deiner Engelsaugen Glanz im Feuer.
Kommst du nicht raus bleib ich mit dir im Berg.
Bin Bergfrau, kann nicht bleiben ohne Herz,
solang noch warmes Blut fließt durch die Adern.
Und dann verbrechen Schächte, stürzt die Ader
in sich zusammen, will im Zorne scheiden,
will uns vom Leben scheiden, Grab aus Stein,
und reißt uns tief hinab mitsamt dem Feuer
in ewig‘ finst're Nächte dort im Berg,
wo die Mutter meiner Mutter fand das Erz.
Sie fand das Erz, im Ausbiss einer Ader.
Vom Leben scheiden wir, ein Grab aus Stein.
Am Feuer sitzt mein Engel dort im Berg.