Im Kühlschrank demonstrieren sie gegen die Kälte

Text

von  klaatu

I.

In meinem Haus
führen die Zimmer
gegeneinander Krieg

und vor jedem Fenster
sitzt ein ungeduldiges Publikum,
das gelangweilt darauf wartet,
von mir unterhalten zu werden.

Im Kühlschrank
demonstrieren sie
gegen die Kälte.


II.

Wolken bilden
obszöne Gesten am Himmel
und die Vögel zwitschern
Beschimpfungen von den Bäumen.

Das Rauschen der Blätter,
verrät mir flüsternd,
dass es sich

meinen Tod wünscht.

Sonnenstrahlen
berühren meine Haut

unsittlich.


III.

Ich starre
auf den eingeschalteten Flachbildschirm
und plötzlich durch ihn hindurch.

Ich starre durch die Wand dahinter,
durch Häuser, Mauern, Menschen, Wälder,
durch Wolken und die Atmosphäre
bis ins All.

Mein Blick durchdringt
Planeten, Sonnen, Nebel, Galaxien,
Zeit und Raum und Dimensionen,

bis er
an meinem eigenen
Hinterkopf hängenbleibt

und ich kopfschüttelnd
den Monitor ausschalte.


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Kommentare zu diesem Text


 Saira (16.07.23, 18:29)
Hallo klaatu,

fantastische Gedankenbilder :)

LG
Sigrun

 klaatu meinte dazu am 16.07.23 um 19:21:
Hallo Sigrun!

Schön, wenn es dir gefallen hat!

LG
k

 Rosalinde antwortete darauf am 17.07.23 um 05:54:
Hallo Klaatu,

ich kenne deine Gedichte schon lange und weiß der Teufel, warum, sie gefallen mir, bis zum Heulen, so gut sind sie.
So auch dieses Gedicht. Ein schönes Gedicht ist es nicht, eher das Gegenteil eines "schönen Gedichtes". 

Wenn man so will, gehöre ich leider auch zu dem Publikum, das unterhalten werden will. Pardon.

"Im Kühlschrank protestieren sie gegen die Kälte":
Aber ich fühle mich nicht unterhalten, im Gegenteil, die Aussichtslosigkeit der Proteste gegen die Gegenwärtigen beweist doch nur, dass sie nichts begriffen haben. Sie haben nichts gegen die Verhältnisse an sich, sie haben nur etwas gegen die Hässlichkeit ihrer Fratzen. So ist jeder Protest folgenlos. Meine Interpretation, vielleicht liege ich damit daneben und überinterpretiere hier was.

Teil II nimmt meiner Ansicht nach Bezug auf die Pläne der Gegenwärtigen im Hintergrund, zu töten, sogar das Rauschen der Blätter lässt das Ich jene nicht vergessen, die uns sogar die Sonne verbieten wollen, was angeblich gegen die erlaubten Sitten verstößt.

Hoffnungslos bleibt in Teil III das Ich zurück, die Gegenwart ist durchsichtig, das Ich sieht durch Wände hindurch, ahnend das unglaubliche kommende Unheil.

Klaatu, so lese ich das Gedicht. Möglich, dass ich das Gedicht auch aus meinem eigenen, vielleicht sogar eingeschränkten Blick lese. Für mich ist das Gedicht eine Klage gegen das Unverständnis der Proteste, dass sie an die Wurzel gehen müssten, aber sie protestieren nur gegen Symptome. So verändert sich Welt nicht. Und das Unheil wird über uns kommen können, ungebremst.

Ein Gedicht, das keinen Trost verspricht. Kein Hoffnungsschimmer. Aber das ist die Situation. Und wir begreifen es immer noch nicht.

Rosalinde

 klaatu schrieb daraufhin am 22.07.23 um 12:22:
Hallo Rosalinde!

Grundsätzlich versuche ich die meisten meiner Texte so zu schreiben, dass unterschiedliche Interpretationen möglich sind. Ich mag es sehr, wenn Leser etwas zu entdecken glauben, an das ich nicht mal gedacht habe. 

Im Grunde hat dieser ganze Text hier genau das zum Thema: Die Welt ist wie sie ist, weil ich sie so interpretiere. Fast alles entsteht nur in meinem Kopf. 

LG
k

 DanceWith1Life (16.07.23, 22:42)
in deinem Haus, Du Glückspilz, bei mir finden die Kriege in meinem Kopf statt( eigentlich stünde hier ein "lach" das gespielt humorvoll auf gleich mehrere Aspekte( unter anderem dass die Aussage des Textes, die meines Kommentars bei weitem geschickter formuliert) hinweisen wollen würde, aber irgendwie klappt das nicht, kopfschüttelnd das Kommentieren beende.

 klaatu äußerte darauf am 22.07.23 um 12:23:
Kriege im Kopf hat, denke ich, jeder. Da hilft leider auch kein kopfschütteln... :D
Daniel (50)
(17.07.23, 09:23)
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 klaatu ergänzte dazu am 22.07.23 um 12:24:
Schön, dass es dir gefällt. Die Gefahr des Größenwahns besteht bei mir aber nicht - das echte Leben bringt mich immer wieder zuverlässig auf den Boden der Tatsachen zurück.

LG
k
Daniel (50) meinte dazu am 22.07.23 um 12:54:
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Dieter Wal (58)
(17.07.23, 09:34)
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 klaatu meinte dazu am 22.07.23 um 12:27:
Für einen Zehner schicke ich dir, wenn du magst, eine handgeschriebene Version des Textes und ich benutze zum Schreiben sogar mein eigenes Blut!

LG
k

 Redux (17.07.23, 16:13)
Ein richtig lesenswertes Gedicht mit einer Idee, die man fast neidvoll betrachtet, weil es nicht die eigene ist.

 klaatu meinte dazu am 22.07.23 um 12:27:
Magst du sie haben? Ich schenke sie dir.

 Moja (17.07.23, 16:14)
Großartig geschrieben! 

Umhimmelswillen, was wird dann erst in unseren Waschmaschinen getrommelt? So ganz ohne Schonprogramm, meine ich...

 klaatu meinte dazu am 22.07.23 um 12:28:
Meine Waschmaschine weigert sich mittlerweile, meine Wäsche zu säubern und hat sich stattdessen dem erträglicheren Geschäft der Geldwäsche zugewandt.

LG
k
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