Ich war knapp fünf und fuhr den Bollerwagen
von meinem Elternhaus zu Omas Garten.
Die weiß geschrubbten Wäschestücke lagen
sortiert. Ich lief, ich wusste, dass sie warten.
Bald sah ich Großpapa am Törchen stehen,
nach der geliebten Enkeltochter sehen.
Am Sprossenfenster wehte die Gardine;
im Hof roch man schon Zwetschgenkuchenduft
und unterm Kirschbaum – mit verschmitzter Miene -
saß Großmama in frischer Sommerluft.
Bald hing die Wäsche flatternd an der Leine
und Oma sprach: Setz dich zu mir, du Kleine.
Es gab ein großes Glas mit Limonade,
vom Kuchen, was das Kinderherz begehrte.
Und manchmal auch den Riegel Schokolade,
den ich genüsslich, ohne Hast, verzehrte.
Von Weitem hörte man es rhythmisch stampfen,
sah bald den Schornstein eines Zuges dampfen.
An einem starken Ast hing zwischen Tauen
ein schmales Brett, auf dem ich gerne saß.
Von oben konnte ich die Welt beschauen,
es war ein unvergesslich schöner Spaß.
Wir fädelten auf Schnüre Apfelkerne
und Omas Augen schweiften in die Ferne.
Es war, als ob sie irgendwas vermisste,
doch niemals drang aus ihrem Mund ein Wort.
Der Opa griff in die Zigarrenkiste
und mit dem Rauch zog Omas Trauer fort.
Das glaubte ich und mochte die Zigarren.
Ich ließ mich gern von diesem Glauben narren.
Als Opa starb, hielt ich mit ihr die Wacht;
er lag sehr still, ganz ohne Gegenwehr
und ging am dritten Tag nach Mitternacht.
Dies war mein erster Abschied. Er fiel schwer.
Ihr blieb noch eine ganze Menge Zeit.
Doch nie verriet sie mir ihr Herzeleid.