REIMEREIEN ZUR SPRACHE (VI)

Sonett zum Thema Sprache/ Sprachen

von  harzgebirgler



ansprechen(d)


es spricht uns etwas an ohne zu sprechen
ist auch kein mensch und hat auch keinen mund
vermag deshalb auch schweigen nie zu brechen
und scheint doch mit der sprache voll im bund

es spricht uns etwas an wie kann das gehen
ganz ohne worte, schönheit überhaupt
fällt meist und sticht ins aug’ wenn wir sie sehen
ein fall ein stich der ihm das licht kaum raubt

vermutlich sagt dies ansprechen vom wesen
der sprache weitaus mehr, mag sein es birgt
egal was wir so über sprache lesen

den schlüssel zum verstehen wie sie "wirkt" -
der sprachgeist webt und wirkt auf eine weise
die voller anspruch ist und wortlos leise...


*


gesetzt, der mensch ist "hirt des seins"*
und höh’res schicksal gibt es keins
sind wir gar nie bedeutungslos
sei auch das weltall noch so gross
denn nur wir menschen nehmen wahr
was vor uns ohne anspruch war
ohne denken ohne dichten
also ansprechbar mitnichten!...

*Heidegger, Brief über den Humanismus


*


ALS LEBEWESEN DAS DIE SPRACHE HAT

SPRICHT MANCHER MENSCH IN NORDDEUTSCHLAND AUCH PLATT

DOCH HAT MIT PLATITÜDEN NICHTS AM HUT

WAS ALLERDINGS ZUR SACHE WENIG TUT...


*

In lieblicher Bläue blühet mit dem metallenen Dache der Kirchthurm.“ (Hölderlin)


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so schön kann das ja nur ein dichter sagen
der mehr zu sagen hat als unsereins
und dessen worte auch viel weiter tragen
als andere – ich kenn' da bislang keins --

ein kirchturmdach kann ich tagtäglich sehen
so blühend sommers wie einst hölderlin
es lohnt sich durch die feldmark hier zu gehen
mit einem andren wort von ihm im sinn

worin es auch um schatten geht von bäumen
in dem ich hin zum gute gleichfalls geh'
und die den weg mit krausen kronen säumen

wie oft eine gutsherrliche allee -
vom messen spricht des dichters wort insgleichen
zu uns, dem für ihn deutungslosen zeichen:

„Süss ists, dann unter hohen Schatten von Bäumen
Und Hügeln zu wohnen sonnig, wo der Weg ist
Gepflastert zur Kirche. Reisenden aber, wem,
Aus Lebensliebe, messend immerhin,
Die Füsse gehorchen, blühn
Schöner die Wege, wo das Land“

(Hölderlin, Griechenland)


*


"der wald steht schwarz und schweiget" -
sagt ja auch sonst nicht viel
was selbst wenn er's denn könnte
ihm schwerer als uns fiel'

ganz ohne mund und lippen
und zudem stimmbandlos
so kann kein sprechen klappen -
die hürden sind echt groß

es gibt zwar schul'n für bäume
doch sprechen lernt ein baum
samt lesen schreiben rechnen
dort jemals eher kaum...


*


es spricht der mensch und das ist gut
weil’s auch ansonsten kein ding tut
es gäb von tier’n sonst nur den laut
der gott nicht so vom hocker haut

der anfangs sprache selber war
und diese scheint ganz sonderbar
weit mehr zu sein als spruch und wort
es ist wohl sprache wesens hort

wie dem auch sei: mensch spricht mit sich
er labert oftmals fürchterlich
strebt das gespräch mit and’ren an
woraus viel frucht erwachsen kann

der mensch spricht zu der mensch spricht ab
der mensch bespricht oft nicht zu knapp
zwecks heilung beispielsweis’ was krank -
da ist viel seltsames im schwang

er hält ganz selten mal den mund
das wär’ jedoch durchaus gesund
wo EINER sagt in diktatur’n
was sache ist und alle spur’n

[da steckt diktat samt dichtung drin
wer’s sagen hat weist weg und sinn
selbst wenn irr am ende beides
und sehr lang die zeit des leides

wo frau arendt viel von wußte
auch worauf solch herrschaft fußte
mordend kriegsgeil totalitär
oh wie der herr so das gescherr...]

of herrscht recht beredtes schweigen
und mensch will was damit zeigen
gerne lässt mensch blumen sprechen
oder tut (s)ein schweigen brechen

zudem spricht ständig ihn was an
von dem man wirklich sagen kann
es wechselt mit ihm nicht ein wort
und dennoch reisst’s ihn reizend fort

mensch spricht auch gern dem weingeist zu
er bietet ihm dann nicht das du
an - wer dies meint säuft meistens nicht
und damit endet dies gedicht!


*


wenn so münder an so lippen
erst einmal ganz glutheiß nippen
fangen selbst so quasselstrippen
sprachlos an ins bett zu kippen.


*


denken heisst last but not least zu danken
dem was uns einst aus der tierheit schranken
entschränkte und entfesselte zum wort
denn dies ist des menschen quell und hort
als lebewesen das die sprache hat -

daank ihr findet zumal das denken statt...


*

andalusische edeldame mit sauerländischen wurzeln


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sie konnte andalusien
zwar nie so recht verknusien
denn stammte aus dem sauerland
wo man daran viel spanisch fand
vor allem stierkampf aber auch
dass aspirier'n beim sprechen brauch
doch weil ihr mann ein 'conde' war
blieb sie schön bei ihm jahr für jahr
machte zudem total was her,
akzentfrei hauchend längst wie er...


*


ZWEI MAIDEN LIEFEN BURSCHEN NACH
WOBEI DIE ZWEITE WENIG SPRACH
DIE ERSTE SPRACH NEN BURSCHEN AN
DER WURDE DANN AUCH GERN IHR MANN...


*


BAGGERSEE


ach wenn ich uns so baggern seh
im wortwörtlichen baggersee,
wo eindruck seinen ausdruck findet,
der, selbstverliebt oft, worte schindet
aus ihrem schatz, nach dem wir graben
ohne ihn je im griff zu haben,
dann schwant mir längst: nach jahr und stund
erreicht bislang kein "text" den grund,
wo unberührt von all der gülle
das eine wort liegt, dessen fülle
im wust der wörter sich verwahrt
und uns mit seiner einfalt narrt.
denn das "textil", es hat mitnichten
auch nur entfernt zu tun mit dichten
(- mit jener nahung des scheu weiten,
der dichter nur den weg bereiten —)
ist viel zu grob gestrickt, gewoben;
selbst wenn die elemente toben
in so gesagtem, bleibt es eitel
von seiner sohle bis zum scheitel:
der grund ist fern – es lockt die krume
im stillen traum von blauer blume...


Z



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Kommentare zu diesem Text

Agnete (66)
(27.10.23, 22:03)
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 harzgebirgler meinte dazu am 28.10.23 um 08:17:
dass du es liest find' ich echt klasse -
bist eh ja anders als die masse
von echokammerdienern
die bloß ihr ego wienern! :D 

lg mit herzlichem dank vom harzer
Agnete (66) antwortete darauf am 29.10.23 um 10:50:
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 harzgebirgler schrieb daraufhin am 29.10.23 um 11:46:
:) :) :D :D freude! mit <3 lichen dankesgrüßen vom harzer
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